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Landkreis Augsburg: Ferber fordert: „Wir müssen aufhören, das Billigste zu kaufen“

Landkreis Augsburg

Ferber fordert: „Wir müssen aufhören, das Billigste zu kaufen“

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    Markus Ferber sitzt seit 1994 für die CSU im Europäischen Parlament. Er sieht mit Blick auf die Agrarpolitik in der EU auch die Verbraucher in der Pflicht.
    Markus Ferber sitzt seit 1994 für die CSU im Europäischen Parlament. Er sieht mit Blick auf die Agrarpolitik in der EU auch die Verbraucher in der Pflicht. Foto: Verena Rotter

    Herr Ferber, viele Bauern und Verbraucher sind unzufrieden und stehen dazu noch oft in der Kritik. Was läuft aus Ihrer Sicht schief in der Landwirtschaft?

    Ferber: Wir müssen Landwirtschaft und Klimaschutz in Einklang bringen. Schon jetzt leisten Landwirte einen wichtigen Beitrag zur Bindung von CO2. Bei Pflanzenbau und tierischer Erzeugung müssen wir Klimaneutralität berücksichtigen.

    Wir müssen auch eine stärkere Flächenbindung schaffen. Zudem fehlt es an regionalen Absatzmöglichkeiten für Landwirte.

    Markus Ferber will Subventionen für Großbetriebe kappen

    Subventionen sind für viele Landwirte ein Großteil ihres Einkommens. Könnte man nicht einige dieser Ziele mit anderen Anreizen voranbringen?

    Ferber: Im Moment werden die Subventionen hauptsächlich nach der Fläche verteilt. Natürlich müssen Landwirte schon eine Menge Bedingungen erfüllen, und freuen sich nicht unbedingt über zusätzliche. Aber so, wie die Subventionen im Moment funktionieren, fördern sie größere Betriebe und eine intensivere Nutzung. Das müssen wir sicherlich neu austarieren.

    Das erschwert das Wirtschaften für kleinere Betriebe und führt zu keiner Extensivierung der Bewirtschaftung. Ich wäre zum Beispiel dafür, kleinere Betriebe zu stärken und die Subventionen ab einem bestimmten Level zu kappen.

    Was sollten Subventionen verstärkt fördern?

    Ferber: Ich denke da zum Beispiel an eine Koppelung an Umweltauflagen. Etwa zur Stärkung des Erosionsschutzes und der Biodiversität. Wo es Fehlanreize gibt, sollte man diese neu verhandeln.

    Seit einiger Zeit macht die EU ja Schulden. Die müssen auch wieder zurückgezahlt werden, und Agrarsubventionen sind der größte Topf im Haushalt. Ist mit Kürzungen zu rechnen?

    Ferber: Nein. Die EU ist alleine zuständig für den Agrarhaushalt und übt diese Aufgabe alleine aus. Und sie macht da nicht alles schlecht, wie der Erhalt der europäischen Kulturlandschaft und die Sicherung der unabhängigen Lebensmittelproduktion.

    Viele Bauern beziehen einen Großteil ihres Einkommens aus Subventionen. Passt das in eine marktwirtschaftliche Gesellschaft?

    Ferber: Die Frage ist nun mal, ob man als Gesellschaft bereit ist, einen adäquaten Preis für Lebensmittel zu zahlen. Bis die Leute bereit sind, mehr zu zahlen, braucht es europäische Unterstützung.

    Bewusster einkaufen, gesünder ernähren

    Da sprechen Sie einen interessanten Punkt an: In Umfragen sagen viele, dass sie ökologisch erzeugte Lebensmittel wollen. Die Kaufentscheidungen der Menschen scheinen das nicht zu bestätigen. Woran liegt’s?

    Ferber: Jeder hat seine Kaufentscheidungen selbst in der Hand. Wir müssen einfach damit aufhören, das billigste Salatöl und das teuerste Motoröl zu kaufen. Die Aufgabe der Politik ist es aber nicht, die Menschen zu erziehen, sondern dauerhaft eine preisgünstige Lebensmittelversorgung zu garantieren. Wer wirklich will, dass sich auf diesem Gebiet etwas verändert, muss bewusster einkaufen, sich für regionale Produkte entscheiden und sich gesünder ernähren. Das bietet auch heimischen Landwirten eine bessere Perspektive.

    Viele Bauern fühlen sich nicht respektiert. Warum sind Landwirte so oft der Buhmann?

    Ferber: Das verstehe ich auch nicht. Viele Bauern achten sehr stark auf Nachhaltigkeit und Biodiversität und versuchen, die Biodiversität zu beschützen. Daher ergibt eine Verurteilung der Landwirte keinen Sinn. Auch im globalisierten 21. Jahrhundert ist eine heimische Lebensmittelproduktion unheimlich wichtig.

    Im Frühjahr kursierten vielerorts Meldungen über die Ausbeutung von Saisonarbeitern aus Osteuropa auf den Spargelfeldern und in Schlachthöfen. Ist das eine negative Folge der EU-Freizügigkeit?

    Ferber: Durch die Freizügigkeit haben sich die Löhne und Arbeitsbedingungen in Mittelosteuropa deutlich verbessert. Früher war die vorherrschende Meinung, dass Arbeitsschutz die Wirtschaft behindert. Heute sieht man das anders und versucht, den Schutz zu erhöhen. Mittlerweile gelten die Standards am Ort der Wertschöpfung. Im Fall der Spargelstecher also deutsche Standards. Aus meiner Sicht liegt das Problem eher in der Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse. Da wird Subunternehmer auf Subunternehmer gestapelt. Das ist intransparent. Und ein Essen, das unter diesen Bedingungen erzeugt wurde, will eigentlich auch keiner essen.

    Kann man denn EU-Standards auch auf andere Länder ausweiten? Beim Datenschutz hat das mit der DSGVO ja geklappt.

    Ferber: Da wäre ich skeptisch. Der Großteil der weltweiten Lebensmittelproduktion wird im Produktionsland verkauft, und nur ein kleiner Teil wird aus dem EU-Ausland importiert, auch weil wir so hohe Standards haben. Der europäische Binnenmarkt ist für andere Länder aufgrund der hohen Standards schwer erschließbar.

    Lesen Sie weitere Teile unserer Serie "Landwirtschaft im Wandel":

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