Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg Land
Icon Pfeil nach unten

Meitingen: Ex-Manager von Lechstahl angeklagt: Bestechung in Millionenhöhe?

Meitingen

Ex-Manager von Lechstahl angeklagt: Bestechung in Millionenhöhe?

    • |
    Die Lech-Stahlwerke in Herbertshofen bei Meitingen sollen mit überzogenen Rechnungen geschädigt worden sein.
    Die Lech-Stahlwerke in Herbertshofen bei Meitingen sollen mit überzogenen Rechnungen geschädigt worden sein. Foto: Marcus Merk (Archiv)

    Es geht um viel Geld und es geht um mutmaßliche Korruption im geschäftlichen Verkehr im Umfeld eines der größten Arbeitgeber im Norden von Augsburg. Nach monatelangen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft in Augsburg jetzt erste Anklagen erhoben. Insgesamt fünf Männer sollen sich vor Gericht verantworten. Unter ihnen ist ein früherer Manager der Lech-Stahlwerke in Herbertshofen bei Meitingen.

    Sie und ein weiteres Tochterunternehmen sind nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft die hauptsächlich Geschädigten. Die Ankläger sprechen von einem bisher angeklagten Mindestschaden zum Nachteil der Lech-Stahlwerke in Höhe von rund 850.000 Euro sowie Bestechungszuwendungen von annähernd 2,4 Millionen Euro.

    Bestechungsverdacht: 55-jähriger Augsburger angeklagt

    Zentrale Figuren sollen dabei der ehemalige Lechstahl-Manager (55) und ein zwischenzeitlich gestorbener Geschäftsführer des Tochterunternehmens gewesen sein. Der 55-jährige Manager aus Augsburg soll sich gemeinsam mit einem 45-Jährigen aus dem Kreis Eichstätt und einem 58-Jährigen aus Ingolstadt vor dem Landgericht verantworten. Die Vorwürfe: Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr, Beihilfe dazu und Untreue. In einem weiteren Verfahren werden dem 45- und dem 58-Jährigen Steuerhinterziehung vorgeworfen.

    Zwei weitere Beschuldigte wurden laut Staatsanwaltschaft vor dem Schöffengericht angeklagt und erwarten dort ein gesondertes Verfahren. Der Unterschied zwischen den beiden Gerichten: Am Amtsgericht können Haftstrafen von höchstens vier Jahren verhängt werden, am Landgericht dagegen kann es durchaus mehr werden.

    Überhöhte Preise und fingierte Rechnungen

    Vor dem Landgericht angeklagt sind Vorgänge im Zeitraum zwischen 2017 und April 2019, bei denen die Angeklagten in die eigene Tasche gewirtschaftet haben sollen. Danach sollen unter anderem im Bereich Logistik Leistungen zu überhöhten Preisen in Rechnung gestellt worden sein. Gleichzeitig gab es laut Anklage Scheinrechnungen ohne Gegenleistung. Das Ganze spielte sich offenbar in einem nur schwer überschaubaren Firmengeflecht ab. In der Anklageschrift, die fast 50 Seiten umfasst, sind über vier Seiten nötig, um alle verwickelten Firmen darzustellen. Matthias Nickolai von der Staatsanwaltschaft in Augsburg spricht von einem „hochkomplexen Verfahren“. Für die Ermittlungen wurde bei der Kripo eine zehnköpfige Ermittlungsgruppe mit neun Polizisten und einem Steuerfahnder ins Leben gerufen.

    Ausgangspunkt war eine Anzeige des geschädigten Tochterunternehmens am 5. März dieses Jahres. Um die Vernichtung von Beweismitteln zu verhindern, verlor die Staatsanwaltschaft wenig Zeit. Schon sieben Tage später rückten insgesamt 145 Polizisten, sieben Staatsanwälte und 25 Steuerfahnder in Begleitung privater Wirtschaftsprüfer zu einer großen Razzia aus. Durchsucht wurden rund 30 Objekte in Bayern, Baden-Württemberg und Berlin.

    Das Lechstahlwerk in Meitingen.
    Das Lechstahlwerk in Meitingen. Foto: Marcus Merk (Archiv)

    Einer der Schauplätze war ein Firmengelände im Meitinger Ortsteil Herbertshofen, nicht weit vom Standort der Firma Lechstahl entfernt. Dort residierte eine Zweigstelle einer Gaimersheimer Unternehmensgruppe, deren wichtigster Kunde der Stahlriese war. Verschiedenste Dienstleistungen wie Brandschutz oder Instandhaltung waren übernommen worden. Ein Vierteljahr nach der Razzia gingen weite Teile der Firmengruppe in die Insolvenz, an die 150 Beschäftigte waren betroffen. An die 70 kamen später wieder in Firmen der Max-Aicher-Gruppe unter, zu denen auch Lechstahl gehört.

    Angeklagter seit März in Untersuchungshaft

    Der 45-jährige Geschäftsführer der Gaimersheimer Firma sitzt ebenso wie der ehemalige Lechstahl-Manager in Gablingen seit März in Untersuchungshaft. Ihr mutmaßlicher Komplize, der 58-Jährige aus Ingolstadt, wartet in München-Stadelheim auf den Prozessbeginn. Wann das sein wird, ist nicht endgültig entschieden.

    Der Augsburger Rechtsanwalt Klaus Rödl, der den 55-jährigen Augsburger vertritt, geht von einem Prozessauftakt im Februar aus. Dort werde sich sein Mandant, der bislang noch nicht viel zur Sache gesagt habe, zu den Vorwürfen äußern, so Rödl. "Mehr gibt es momentan nicht zu sagen." Unsicher ist der Prozessbeginn nicht zuletzt wegen der Corona-Bestimmungen. Wird vor der Strafkammer in diesem Fall verhandelt, dürften so an die 20 Prozessbeteiligte in Gerichtssaal zusammenkommen.

    Mit Interesse beobachten wird man das Verfahren auch in der Chefetage des Stahlwerks beziehungsweise der Aicher-Gruppe. Dort wollte man am Freitag auf Anfrage unserer Redaktion keinen Kommentar abgeben. Allerdings hatte das Unternehmen in einer früheren Stellungnahme bereits deutlich gemacht, dass es Schadensersatz geltend machen werde, falls sich nachweisen lasse, dass dem Unternehmen ein Schaden entstanden sei.

    Die Staatsanwaltschaft jedenfalls hat für den Fall einer sogenannten Vermögensabschöpfung bei den Angeklagten bereits Werte im "unteren siebenstelligen Bereich" sicherstellen lassen. Darunter befinden sich Luxusuhren und teure Autos. Das bestätigten die Ankläger auf Nachfrage unserer Redaktion.

    Lesen Sie dazu auch:

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden