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Dinkelscherben: Erzieher gesucht: Der Kindergarten in Reischenau steht vor dem Aus

Dinkelscherben

Erzieher gesucht: Der Kindergarten in Reischenau steht vor dem Aus

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    Detlef Blome und Katharina Offenborn leiten den Kindergarten im Dinkelscherber Ortsteil Reischenau. Die Einrichtung sucht dringend Personal und auch eine neue Leitung. Sonst droht das Aus für September.
    Detlef Blome und Katharina Offenborn leiten den Kindergarten im Dinkelscherber Ortsteil Reischenau. Die Einrichtung sucht dringend Personal und auch eine neue Leitung. Sonst droht das Aus für September. Foto: Marcus Merk

    Detlef Blome und seine Kollegen haben alles versucht: „Wir haben Anzeigen geschaltet, Gesuche im Internet gepostet und sogar Eltern gebeten, in ihren persönlichen Netzwerken nachzufragen, ob sie jemanden kennen“, erzählt der Leiter des Kindergartens Kinderreich in Reischenau. Der Kindergarten braucht bis Juli neue Erzieher oder Kinderpfleger und eine neue Leitung. Wenn Blome niemanden findet, muss er im September schließen.

    2014 eröffneten Katharina Offenborn und Detlef Blome im neuen Anbau des Hofs, dort wo bis zum Anfang des 19. Jahrhundert noch das Heu gelagert wurde, eine Kinderkrippe. Jeden Zentimeter im Haus haben die Behörden akribisch geprüft, alles ist komplett modernisiert worden. Es entstand ein waldorforientierter Naturkindergarten. Zum Kindergarten gehört auch eine Krippengruppe für Kinder bis zu drei Jahren.

    Der Kindergarten in Reischenau hat nur eine Gruppe

    Das Konzept ging auf. Die Nachfrage ist da. Und doch steht der Kindergarten kurz vor dem Aus. Da der Kindergarten nur eine Gruppe hat, kann dort auch nicht reduziert werden. Blome ist aber zuversichtlich. „Wir haben schon ein paar Kandidatinnen, aber es ist noch nicht sicher, ob die Anstellung zustande kommt“, sagt er. Jetzt wolle man die Kandidatinnen erstmal unverbindlich kennenlernen. Er selbst möchte sich aus der Leitung des privaten gemeinnützigen Kindergartens zurückziehen und sucht in diesem Rahmen auch einen Nachfolger.

    Im Kindergarten ist derzeit Platz für 21 Kinder. Außerdem gibt es noch eine Krippengruppe. Dort gibt es momentan allerdings ausreichend Personal. Blome führt die Schwierigkeiten vor allem auf die ländliche Lage zurück: „Der Landkreis Augsburg ist nicht so dicht besiedelt, das heißt, es gibt weniger Kandidaten“, findet er. Dabei sei das Angebot an Erziehern sowieso knapp.

    Überall im Augsburger Land fehlen Erzieher

    Überall im Landkreis fehlen Erzieherinnen und Erzieher. Auf Nachfrage teilt das Landratsamt mit, dass die Aussicht auf einen Kindergartenplatz sich damit auch in der kommenden Zeit nicht bessern wird: „Wir können keine Prognosen abgeben, ob künftig stets alle offenen Stellen besetzt werden können und in der Folge auch nicht, ob alle Kinder aufgenommen werden können“, heißt es vonseiten der Behörde. Die Erfahrung der Einrichtungen zeige, dass es insbesondere während eines laufenden Kindergartenjahres schwierig ist, geeignetes Personal zu finden.

    Die Kindergärten suchen qualifizierte Mitarbeiter.
    Die Kindergärten suchen qualifizierte Mitarbeiter. Foto: Matthias Becker (Symbolfoto/Archiv)

    Zu berücksichtigen sei außerdem, dass momentan aufgrund der einzuhaltenden Hygienemaßnahmen im Kita-Betrieb im Zuge der anhaltenden Viruspandemie ein „verstärkter und umfassenderer Aufwand für das Personal“ gegeben ist. In vielen Fällen sind die aktuellen Umstände mit großem Mehraufwand verbunden – zudem ist noch nicht absehbar, ob diese Regelungen für den angekündigten „eingeschränkten Regelbetrieb“ ab dem 1. Juli mit dem vorhandenen Personal aufrechtzuerhalten sind.

    Das Aus der Einrichtung in Reischenau wäre eine Katastrophe

    „Die Aussicht auf einen neuen Kindergartenplatz geht Richtung null“, sagt Anne Hein aus Anried. Für die Mutter wäre das Aus der Einrichtung in Reischenau eine Katastrophe. Ihr Mann arbeitet Vollzeit, sie studiert und arbeitet Teilzeit. Die beiden sind auf die Betreuung im Kindergarten angewiesen. Die Einrichtung in Reischenau haben die Eltern ganz bewusst gewählt. „Für uns ist das eine Familienerweiterung“, sagt Anne Hein.

    So viel verdienen Erzieherinnen und Erzieher

    Ausbildung: Der Einstieg erfolgt über mindestens Mittlere Reife mit einer zweijährigen beruflichen Vorbildung. Die anschließende dreijährige Erzieherinnenausbildung findet an einer Fachakademie für Sozialpädagogik statt, inklusive Berufspraktikum. Während der zweijährigen, stärker theoretisch orientierten Schulzeit verdienen die angehenden Erzieherinnen nichts.

    Ausbildung: Das Berufspraktikum ist mit 1602,02 Euro brutto tariflich festgelegt. Es gilt der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes. Zudem gibt es die Möglichkeit, ein elternunabhängiges „Meister-BAföG“ zu beantragen, das größtenteils zurückgezahlt werden muss.

    Modellversuch Opti-Prax: Das Programm gibt es seit 2016. Es ist eine bezahlte, stärker Theorie-Praxis-verzahnte Ausbildung zur Erzieherin in drei Jahren. Die Auszubildenden verdienen im ersten Jahr 1140,69 Euro brutto, im zweiten 1202,07 Euro und im dritten Jahr 1303,38 Euro brutto.

    Externenprüfung: Personen mit Mittlerer Reife und Berufsausbildung oder Abitur beziehungsweise einem Studienabschluss, die nach der Familiengründung wieder beruflich einsteigen oder sich neu orientieren wollen, können sich für die Externenprüfung bewerben. Sie müssen sich den Unterrichtsstoff selbst aneignen und sich alleine auf die Prüfungen in allen Pflichtfächern vorbereiten.

    Einstiegsgehälter: Kinderpflegerinnen im öffentlichen Dienst verdienen im ersten Jahr ohne Berufserfahrung 2476,93 Euro brutto. Bei Erzieherinnen liegt der Betrag bei 2829,77 Euro brutto. Bringen sie schon Berufserfahrung mit, verdienen sie 3036,91 Euro brutto.

    Das sieht auch Mutter Astrid Becker so. Sie sagt: „Die Schließung wäre nach der Corona-Katastrophe gleich die nächste für uns als Eltern.“ Noch bis Anfang September ist Becker in Elternzeit, dann fängt auch sie wieder zu arbeiten an. Dann ist sie auf die Betreuung ihrer beiden Töchter angewiesen. Auch deshalb hat die Mutter zusammen mit anderen die Initiative ergriffen und sich auf die Suche nach neuen Erziehern gemacht. Bei Facebook hat sie einen Hilferuf gestartet. „Es haben sich auch schon drei Bewerber gemeldet“, sagt Astrid Becker. Ob daraus allerdings tatsächlich etwas wird, ist offen.

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