Roy Black hat in diesen Tagen viele Freunde. Täglich werden es mehr. Weggefährten, Kollegen, Geschäftspartner. Sie alle wollen erzählen, wie das damals war mit dem Schlagerstar, mit seinen Zweifeln und Problemen. Und natürlich mit dem Alkohol. Jetzt, zum 20. Todestag des Künstlers, lassen sich solche Geschichten eben gut verkaufen.
Auch Günter Ortmann erzählt. Doch seine Geschichte ist eine andere. Nicht die des Schlagersängers, der lieber Rocker geworden wäre. Nicht die des Mannes, der Druck und Frust mit Alkohol betäubte. Es ist die Geschichte von Blacky, einem jungen Musiker, der im Augsburg der 60er Jahre mit seiner Beatmusik für Furore sorgte. Die Geschichte eines Kumpels, wie Ortmann sagt.
Durchbruch als Schülerband
Günter Ortmann ist der Bandleader der „Cannons“. Es ist die Band, mit der sich Blacky 1962 zusammentat, mit der er durch Augsburgs Kneipen tingelte und in den Bars der amerikanischen Kasernen erste Dollars verdiente. Mit den „Cannons“ hatte der Holbein-Gymnasiast Gerhard Höllerich – so Roy Blacks bürgerlicher Name – 1964 einen Band-Wettbewerb gewonnen und ein Jahr später sein erstes großes Konzert vor 3000 Fans. Den Konzertkritiker der Augsburger Allgemeinen überzeugte er nicht: „Mit dem, was wir unter Kunstbegeisterung verstehen, hat das alles nichts zu tun“, war damals zu lesen. Gleichwohl legte Blacky, dem seine Bandkollegen inzwischen den Künstlernamen Roy Black verpasst hatten, hier den Grundstein für seine Karriere.
Die „Cannons“ gibt es heute noch, die Formation hat sich nur leicht verändert. Chef ist Günter Ortmann, Peter Schwedes spielt noch immer Bass, Dieter Schwedes ist Gitarrist und Dolf Beutner sitzt am Schlagzeug. Immer wieder haben sie in all den Jahren, in denen Roy Black als Star gefeiert wurde, den Künstler bei Konzerten begleitet. Im Dezember 1991 wollten sie mit ihm im Augsburger Spectrum noch einmal durchstarten. Es kam nicht mehr dazu. Der Auftritt im Mai 1991 am Wörthersee blieb das letzte gemeinsame Konzert.
Immer wieder hatten sich die Freunde aus der Jugendzeit mit dem großen Star auch privat getroffen. Ein „feiner Kerl“ sei er gewesen, sagt Peter Schwedes. Dieter Schwedes erinnert sich an ein letztes Treffen Ostern 1991. Blacky sei locker und fröhlich gewesen. „Aber es gab auch die andere Seite“, erzählt er. Dann war er nachdenklich, zurückgezogen. Dass er an seiner Karriere zerbrochen sei, glauben die Freunde nicht. „Er war nie verzweifelt darüber, was er machen musste“, sagt Ortmann. Er habe gewusst, was auf ihn zukommt. Schon damals in den 60er Jahren. Denn nach den Konzerten in Augsburgs hatte sich die Plattenfirma Polydor gemeldet. Sie wollte „Roy Black and The Cannons“ unter Vertrag nehmen. „Wir haben über Beatles und Elvis gesprochen“, erinnert sich Ortmann. Die Plattenbosse hatten andere Pläne: deutsche Beatmusik. „Das war für Blacky ein Schock.“
Beatmusiker wird Schlagerstar
Aus Beat wurde später Schlager. Und schließlich war kein Platz mehr für die „Cannons“. Böse sei man Blacky nicht gewesen. „Wir wussten ja, wie die Branche funktioniert“, sagt Ortmann. Musik machen die „Cannons“ noch immer. Live-Auftritte stehen an – darunter ein ganz besonderer. Die Musiker wollen heute Abend auf die Bühne bei der großen Party im Ideal Club. In den 60er Jahren hieß das Lokal Famina. Dort hatte die Band im Dezember 1963 ihren ersten großen Auftritt. „Weil die Wirtin auf Blacky stand“, erzählt Peter Schwedes. Heute wir hier die CD „Roy Black and The Cannons“ präsentiert. Es ist das einzige Tondokument der Formation aus ihrer Anfangszeit. Zu hören sind Livemitschnitte von 1964. Mit einem einfachen Tonbandgerät hatten die Musiker ihre Songs aufgezeichnet. Jahrzehnte lagen die Aufnahmen auf dem Dachboden in Ortmanns Elternhaus. Erst beim Entrümpeln wurden sie entdeckt. Jetzt hat sich eine Freiburger Plattenfirma den Bändern angenommen. Sechs Songs wurden gerettet. Songs von Roy Black, die mit „Ganz in Weiß“ oder „Du bist nicht allein“ herzlich wenig zu tun haben.
Für die vier „Cannons“ ist die CD-Veröffentlichung eine Ehre. Ihrem Freund Blacky aber wollen sie in aller Stille gedenken. Dann, wenn der Trubel vorbei ist. „Für mich ist Blacky der größte Schlagerstar“, sagt Dieter Schwedes. „Was er erreicht hat, wird in Augsburg so schnell keiner erreichen.“ Das sind Sätze, die die Freunde in diesen Tagen sagen wollen. Wenngleich auch sie wohl andere Geschichten erzählen könnten.