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Dinkelscherben: Mit 72 Jahren endlich in den Ruhestand

Dinkelscherben

Mit 72 Jahren endlich in den Ruhestand

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    Dr. Bernhard Meurers (links) will im Sommer die Praxis von Dr. Jörg Bartusch in Dinkelscherben übernehmen.
    Dr. Bernhard Meurers (links) will im Sommer die Praxis von Dr. Jörg Bartusch in Dinkelscherben übernehmen. Foto: Manuela Bauer

    Mit 72 Jahren kann Dr. Jörg Bartusch nun doch bald an den Ruhestand denken. Seit mehr als sieben Jahren hat er nach einem Nachfolger für seine Hausarztpraxis in Dinkelscherben gesucht. Nun sieht es so aus, als ob er seine Praxis tatsächlich übergeben kann: an Dr. Bernhard Meurers.

    Immer wieder hört und liest man vom Hausarztmangel – bei Dr. Bartusch wurde er spürbar: Um einen Nachfolger zu finden, hat er jahrelang gesucht, gekämpft, drei Institute beauftragt. Das war teuer, anstrengend – und viele Jahre nicht erfolgreich. Im Sommer 2015 sah es dann so aus, als ob es doch endlich klappen würde: Eslam Elgendy aus Alexandria kam nach Dinkelscherben. Doch die Ärztekammer erkannte seine Berufserfahrung aus Ägypten nicht an (wir berichteten). Er muss nun erst in Deutschland seinen Facharzt für Allgemeinmedizin machen. Diese Weiterbildung nach dem Studium dauert fünf Jahre. Sie ist Voraussetzung dafür, um als Hausarzt in einer eigenen Praxis Kassenpatienten behandeln zu dürfen. So lange konnte Bartusch nicht warten. Elgendy arbeitet mittlerweile an einer Klinik in Thüringen, der Hausarzt stand wieder ohne Nachfolger da.

    Doch über Mund-zu-Mund-Propaganda hat es nun doch geklappt. Eine Pharmareferentin hatte in einer Landsberger Praxis von Bartuschs verzweifelter Suche erzählt. Dort arbeitete Bernhard Meurers – und wurde hellhörig. Er machte gerade zwei Jahre lang seine Weiterbildung zum Allgemeinmediziner und war auf der Suche nach einer eigenen Praxis. Er hatte sich bereits mehrere angesehen, aber bei Dr. Bartusch in Dinkelscherben passte es am besten – auch, weil sie sich persönlich gut verstünden. „Ich wollte immer aufs Land“, betont Meurers. Aus mehreren Gründen: Hier sei der Bedarf besonders groß und die Patientenbindung viel stärker. Die Gegend rund um Dinkelscherben gefalle ihm gut, in kurzer Zeit sei man in Augsburg, sagt Meurers: „Ich verstehe nicht, warum hier kein Arzt hin will.“ Meurers ist in Holland geboren und in der Nähe von Aachen aufgewachsen. An der Uniklinik Würzburg habe er seinen Facharzt für Neurologie gemacht und dann an Kliniken in Deutschland, England und den Niederlanden gearbeitet, erzählt er.

    Zehn Jahre lang hat der Arzt in den USA gelebt und an der Universität Los Angeles über Morbus Parkinson geforscht. „Da waren Ratten und Mäuse meine Patienten“, sagt er schmunzelnd.

    Doch in seiner Zeit an Kliniken und Universitäten hat er auch die Nachteile, Zwänge und den Kostendruck der Krankenhäuser mitbekommen, gesehen, was in der Ausbildung schief läuft und wo an falschen Stellen gespart wird – auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Deshalb wechselt der Neurologe nun in die Allgemeinmedizin. Die Prüfung wird er voraussichtlich im Sommer machen, danach kann er die Praxis übernehmen. In Dinkelscherben geht dann eine wahre Ära zu Ende: Dr. Bartusch hatte sich 1972 dort niedergelassen und hat seitdem die großen und kleinen Schmerzen mehrerer Generationen behandelt.

    Meurers zieht nun in den kommenden Tagen ins Augsburger Land, von nächster Woche an wird er regelmäßig in der Praxis mitarbeiten. „Die Allgemeinmedizin ist spannend“, findet er und nennt ein Beispiel: „Wenn 100 Leute mit Schnupfen kommen, dann haben zwei eine Lungenentzündung. Die gilt es rechtzeitig zu bemerken.“ Das Routinegeschäft sei schön, und immer wieder gebe es auch besondere Herausforderungen, wie Patienten mit seltenen Krankheiten. Vor Bartuschs Leistung habe er Respekt, betont sein Nachfolger: „Er hinterlässt sehr große Fußstapfen.“ Es solle einen guten, sanften Übergang geben. Dann will Meurers auch das Angebot der Praxis erweitern: Er plant, künftig Ultraschalluntersuchungen anzubieten. Und einmal pro Woche eine neurologische Sprechstunde.

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