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Dinkelscherben: Aus Protest wird Kunst: Jugendkulturpreis im Kreis Augsburg vergeben

Dinkelscherben

Aus Protest wird Kunst: Jugendkulturpreis im Kreis Augsburg vergeben

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    Die Preisträger vor dem Landratsamt.
    Die Preisträger vor dem Landratsamt. Foto: Tobias Karrer

    Die gesamte Preisverleihung hätte in einem größeren Rahmen stattfinden sollen. Gesang und Blasmusik wären Teil der Veranstaltung gewesen, und alle 150 Teilnehmer zwischen 12 und 26 Jahren hätten eine Einladung bekommen. All das war aufgrund der Corona-Krise nicht möglich. Allerdings wollten es sich Doris Stuhlmiller vom Amt für Jugend und Familie und die Jury nicht nehmen lassen, den neunten Jugendkulturpreis des Landkreises, der mit insgesamt 3000 Euro dotiert ist, feierlich zu verleihen.

    Trotz des eingeschränkten Rahmens kamen bei der Preisverleihung viele Emotionen auf. Für diese sorgte unter anderem Nico Franz mit seiner Interpretation von „Schindler’s List“. Zusammen mit dem Streichorchester des Leopold-Mozart-Zentrums hatte der Geiger den Song als Zeichen gegen den Nationalsozialismus aufgenommen. Das entstandene Video wurde bei der Verleihung nur kurz gezeigt, danach präsentierte Franz das Stück live.

    Ein Zeichen aus Langweid gegen Rassismus

    Der 23-Jährige, der in Langweid aufgewachsen ist, schrieb in seinem Exposé zur Einreichung: „Ich möchte als Jugendlicher ein Zeichen setzen, dass wir die Zukunft sind und Antiziganismus, Antisemitismus und Rassismus in unserer Gesellschaft keinen Platz haben.“ Die Jury, bestehend aus Pädagogen, Lehrern und Kreisräten, zeichnete die Aufnahme des Musikers mit einem von drei ersten Preisen aus, die mit insgesamt 700 Euro dotiert sind.

    Auch die anderen beiden ersten Preise gingen an musikalische Einreichungen. Das Jugendorchester Gersthofen schwäbische Bläserbuben hatte für den Wettbewerb ein Video geschnitten, in dem sich Clips von den zahlreichen Auslandsreisen der Gruppe unter anderem nach Brasilien oder Kenia mit Statements der Musiker gegen Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit abwechseln. „Bei ihren Reisen packen sie den Groove in ihre Koffer und verteilen ihn auf der ganzen Welt“, sagte Laudatorin Sophie „Te“ Tröster, Künstlerin und Rapperin aus Augsburg. Julia Balturschat, die den Preis in Vertretung des Orchesters entgegennahm, erklärte: „Die Musik ist eine Sprache, die jeder spricht.“

    Der dritte erste Preis ging an die Gallusspatzen in Langerringen. Ausgezeichnet wurden sie für ein Video über ihren Einsatz für Organspenden und Herzbube Daniel (wir berichteten). Der einjährige Junge ist an einem unheilbaren Herzfehler erkrankt und braucht dringend ein Spenderherz. Die Gruppe organisierte ein Konzert, um auf das Thema Organspende aufmerksam zu machen und Spenden für Daniels Familie zu sammeln. Sophie Tröster betonte in ihrer Laudation: „Als Mensch und Mutter bin ich den Gallusspatzen sehr dankbar.“ Ein Teil des Preisgeldes werde an die Familie von Daniel gehen, versprachen die Vertreter der Gruppe.

    Jedes künstlerische Format erlaubt

    Beim Jugendkulturpreis ist jedes künstlerische Format erlaubt, deshalb ging der einzige zweite Preis, für den es 300 Euro gab, an Lena Zacher. Die Sechstklässlerin konnte bei der Preisverleihung leider nicht dabei sein, wurde aber von ihrem Werk vertreten. Sie sprach gleich zwei Themen an: den Müll in den Weltmeeren und die globale Erwärmung. Aus Dingen, die eigentlich für die Tonne bestimmt waren, gestaltete sie ihren Ozean voll Plastik, auf dem ein einsamer Eisbär auf einer Eisscholle treibt, neben ihm ein Schild, auf dem „Protest“ zu lesen ist.

    Unter den drei drittplatzierten, von denen jeder 200 Euro Preisgeld erhielt, ist Jonas Dorn aus Neusäß. Der Schüler habe einen Song über die „depressive Stimmung einer Person, die von der Arbeitswelt der Leistungsgesellschaft überfordert ist“, geschrieben, so die Laudatorin. Anstatt laut zu schreien, sei der Protest dieser Person leise und bliebe ungehört. Den auch musikalisch beeindruckenden Song „Kill Me“ kann sich jeder auf Spotify anhören.

    Die beiden weiteren Drittplatzierten waren wieder Kunstwerke. Victoria Albert, die bei der Preisverleihung leider nicht dabei sein konnte, gewann mit ihrer Plastik, die ein Megafon darstellt. Ihr Kunstwerk, zu dem auch eine Playlist mit Protest-Songs gehört, ist ein Weckruf an die Eltern-Generation. „Spitzt die Ohren, liebe Erwachsene, und hört uns zumindest mal ordentlich zu“, appelliert sie in ihrem Exposé zur Einreichung.

    Ein Bild mit zwei küssenden Männern

    Katja Müller aus Dinkelscherben hat sich einem menschlichen Thema gewidmet. Ihr Werk „Colourful Acceptance“ zeigt zwei Männer, die sich vor einem regenbogenfarbenen Hintergrund küssen. „Liebe, Hautfarbe und Religion sollten so normal sein wie Pizza essen oder küssen“, sagte die 20-Jährige über ihr eigenes Bild. Außer Konkurrenz wurde außerdem Moritz Zoch geehrt. Er hatte nicht nur seine Street-Art, sondern auch ein Video eingereicht, in dem er aus alten Klamotten neue „freshe“ Anziehsachen designt. Mit seiner Aktion wolle er ein Zeichen gegen Kinderarbeit setzten, so der Elfjährige. „Wenn ich mir vorstelle, dass andere Kinder von morgens bis abends arbeiten müssen, anstatt in die Schule zu gehen, wird mir ganz übel“, sagt der junge Batzenhofener in seinem Video.

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