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Dillingen: Die Sau hat in Dillingen nicht nur bei C&A ihre Frischlinge gesucht

Dillingen

Die Sau hat in Dillingen nicht nur bei C&A ihre Frischlinge gesucht

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    Hier rast die Wildsau durch die Marien-Apotheke – das Bild stammt von einer Überwachungskamera. Zehn Menschen waren im Laden, als das Tier ins Innere kam. Die Sau wurde kurz danach in der Dillinger C-&-A-Filliale erschossen.
    Hier rast die Wildsau durch die Marien-Apotheke – das Bild stammt von einer Überwachungskamera. Zehn Menschen waren im Laden, als das Tier ins Innere kam. Die Sau wurde kurz danach in der Dillinger C-&-A-Filliale erschossen. Foto: Marien-Apotheke

    Noch keine 24 Stunden ist sie her – die Jagd nach dem Wildschwein durch die Dillinger Innenstadt. Doch Spuren davon gibt es keine mehr. Weder im Bekleidungsgeschäft C & A – das wieder geöffnet hat – noch in der Marien-Apotheke in der Rosenstraße. Dort war die Wildsau zuerst hineingerast. „Die Schiebetür war auf, zum Lüften“, erzählt Apotheker Stefan Dechet. Ein anderer Augenzeuge ließ vor Schreck ein Paket fallen. Weit kam das Schwein nicht: Es prallte in der Apotheke gegen eine Schiebetür und verletzte sich. „Dann war kurz Ruhe, bis es sich aufgerappelt hat und direkt wieder hinauslief“, sagt Dechet – der sofort die Polizei anrief. Sein Chef Alois Haggenmüller ist erleichtert, dass die Schiebetür noch am Donnerstagabend gerichtet – und niemand verletzt wurde. „Das war großes Glück. Nicht auszudenken, was alles hätte passieren können – man kann so ein Tier ja nicht einfach bremsen.“

    Bremsen konnte das Wildschwein auch die nächste Schiebetür nicht – die von C & A. Von der Pressestelle der Modehaus-Kette heißt es, das Schwein habe selbst den Bewegungssensor ausgelöst und sei so ins Innere gelangt. Klamotten, die verdreckt oder beschädigt wurden, werden abgeschrieben, also nicht mehr verkauft. Wer dafür haftet, weiß das Unternehmen noch nicht. Der größere Schaden sei im Schaufensterbereich sowie am Teppich vor den Umkleiden entstanden – dort war das Tier letztendlich von Polizisten erschossen worden.

    Woher kam das Wildschwein?

    Es bleibt die Frage, was ein Wildschwein in der Innenstadt zu suchen hatte und woher es überhaupt kam. Das Tier war eine führende Bache, das heißt, sie hatte Junge. Das sagt der Vorsitzende der Kreisjägervereinigung, Helmut Jaumann. Ihm haben wir ein Bild des toten Schweines gezeigt, das uns für eine Veröffentlichung zu blutig war. Darauf ist der Bauch des Tieres gut zu erkennen. „Das ist eine Bache mit ganz jungen Frischlingen“, sagt er. Sechs Milchdrüsen sind zu sehen, eine weitere könnte unter dem rot-verklebten Fell versteckt sein – das bedeutet, die Sau hatte sechs oder sieben Frischlinge. Anhand der Zitzen kann Jaumann auch sagen, wie alt die Jungtiere sind: etwa drei Wochen. Ob sie ohne ihre Mutter überleben, ist nicht sicher. Mit so kleinen Frischlingen war die Bache vermutlich nicht mit der Rotte unterwegs, schätzt Jaumann. Dadurch werde es schwieriger, dass die Rotte die Jungen aufnimmt. Wenn sie es tun, können die Frischlinge durchkommen, auch wenn sie keine Muttermilch mehr bekommen.

    Jaumann geht es richtig nahe, darüber zu sprechen. Er sei entsetzt, erklärt er. Klar, Jäger schießen auf Wildschweine. Weil die Population gerade sehr hoch ist, erschießen sie sogar mehr als sonst. Aber so eine führende Bache dürfte ein Jäger überhaupt nicht schießen. „Das wäre eine Straftat“, sagt Jaumann. Bei der Untersuchung hat die Polizei, abgesehen von den beiden Einschusslöchern durch die Polizeiwaffe, keine weiteren Spuren von Kugeln gefunden. Zuerst hatte der Verdacht bestanden, dass ein Jäger die Sau bereits angeschossen hätte. Denn es spricht einiges dafür, dass das Schwein bei einer Drückjagd auf Lauinger Fluren in Panik ausgerissen ist. „Sicher nachvollziehen wird man das nicht können“, sagt Jaumann, es könne auch etwas anderes dahinter stecken. „Aber es ist etwas ganz Schlimmes passiert“, sagt er. Sonst hätte sich die Sau nie so weit vom Nachwuchs entfernt. „Die lassen sich lieber totschießen, bevor sie ihre Frischlinge im Stich lassen.“ Offenbar hat die Bache den Weg zurück nicht mehr gefunden und ist deshalb in die Stadt geraten. „Die hat ihren Lebensraum gesucht.“

    Keine Zeit für ein Betäubungsgewehr

    Ein Jäger hätte diese Sau niemals erschießen dürfen. Etwas anderes ist es bei der Polizei. „Es war das einzige Mittel, die Gefahr von der Öffentlichkeit abzuwenden“, heißt es von der Inspektion. Auf den ersten Artikel unserer Zeitung hin hatten sich einige Leser beschwert, dass das Schwein erschossen und nicht betäubt wurde. „Es wäre zeitlich nicht möglich gewesen, einen Tierarzt mit Betäubungsgewehr zu holen“, erklärt die Polizei. Es habe nicht einfach nur „Gefahr“ bestanden. „Das war eine gegenwärtige, konkrete Gefahr.“ Das Schwein sei schließlich ein unberechenbares Wildtier.

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