Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Bekannte Strukturen geben ein Gefühl der Sicherheit, auch wenn sie vielleicht gar nicht von allen so geliebt sind. Im Neusässer Stadtrat herrschten in den vergangenen Jahrzehnten klare Verhältnisse: Hier die CSU mit der Mehrheit, dort die anderen Parteien. Die Atmosphäre ist bekannt dafür gewesen, dass die meisten Beschlüsse mit breiten Mehrheiten fallen und konstruktiv diskutiert wird.
Vertreter aller Parteien betonen stets in Gesprächen, dass ihnen diese gute Zusammenarbeit wichtig ist. Doch bei der ersten Sitzung des neuen Stadtrats war oftmals davon nicht viel zu spüren. Aufgeregtheit und Anspannung waren rauszuhören. Die Nerven liegen blank, das hat mehrere Gründe: Da ist zum einen die unbekannte Koalition aus SPD und CSU, die besonders die Grünen sehr ärgert. Sie fühlen sich angesichts ihres guten Wahlergebnisses übergangen.
Neue und schwierige Zeiten für den Stadtrat Neusäß angebrochen
Dazu kommt noch etwas Neues: Wie geht man mit der erstmals in den Stadtrat eingezogenen AfD um? Diese Frage sorgt für Verunsicherung. Die allgemeinen Umstände stressen zurzeit zusätzlich jeden Menschen. Wegen Corona sitzen alle Stadträte weit verteilt in der Stadthalle, man hört sich schlecht, sieht nur die Rücken der anderen und das ewige Auf und Ab des Mundschutzes nervt.
Nach Jahren des ruhigen Fahrwassers sind für den Neusässer Stadtrat neue und sicher schwierige Zeiten angebrochen. Es wird sich in den nächsten Monaten zeigen, ob die Aufgeregtheit der ersten Stunde wieder der Sachlichkeit weichen wird. Die Chancen stehen gut. Der Mensch ist schließlich ein Gewohnheitstier.
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