Die A8 ist eröffnet – und doch nicht fertig
Nun ist die fast komplett ausgebaute Autobahn freigegeben worden. Aber erst Ende November soll es freie Fahrt geben
Die Anordnung des NSDAP-Kreisleiters für Freitag, 9. Dezember 1938, war unmissverständlich: „Ich wünsche, dass sich die gesamte Bevölkerung der Gemeinde an den Eröffnungsfeierlichkeiten beteiligt und zwar sollen (...) die einzelnen Überführungen besetzt werden. Auf der Brücke wird stehen geblieben bis die Gäste auf der Rückfahrt nach Augsburg die Überführungen passiert haben.“
Jettingen-Scheppachs Bürgermeister Hans Reichhart ist froh, dass er für die offizielle Freigabe der ausgebauten A8 zwischen Augsburg und Ulm/Elchingen an der Rastanlage Burgauer See nicht angewiesen wurde, die Bürger zum Jubeln anzuhalten wie einst einer seiner Vorgänger von den Nazis für die erste Eröffnung der Straße. Dankbar seien die Menschen auch so, sagt er, „nun eine sichere und bedarfsgerechte Verkehrsader zu haben“. Eingeladen sind sie nicht, um die Einweihung mitzuerleben, einige lassen sich davon aber auch nicht abhalten.
Vor allem eine Delegation aus Diedorf macht an diesem Tag von sich reden: Zusammen mit ihrem Bürgermeister Peter Högg machen die Bewohner der Marktgemeinde auf ein Verkehrsprojekt aufmerksam, das ihnen am Herzen liegt: die Umfahrung der B300, die quer durch den Ort führt. Schon jetzt fahren täglich 30000 Fahrzeuge durch den Ort. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt nimmt sich eine Viertelstunde Zeit, um sich die Belange anzuhören. Schnell wird aber erst einmal nichts gehen.
Auch bei der A8 war es langer Weg bis zum Baustart, auch wenn die Arbeiten an sich vergleichsweise schnell abliefen. Nur knapp vier Jahre gingen ins Land, in denen aus vier sechs Fahrstreifen wurden, alte Parkplätze zugunsten neuer Rastanlagen verschwanden und der Tag da ist, „an dem Infrastrukturgeschichte in Schwaben geschrieben wird“, wie es Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt ausdrückt. Anfang des Jahres habe er sich noch mal selbst ein Bild an der Baustelle gemacht und sei so beruhigt wie bei nur wenigen Projekten wieder abgereist. Denn der schnelle Ausbau der A8 zeige, dass die Partnerschaft von Staat und Privatwirtschaft gerechtfertigt gewesen und wegweisend sei. Nun gebe es einen Gewinn an Mobilität und Lebensqualität, nachdem in der Vergangenheit der Fehler gemacht worden sei, nicht genug in die Infrastruktur zu investieren.
Gianluca Beraldo, der technische Geschäftsführer der Betreibergesellschaft Pansuevia, betont: „Es ist eine Punktlandung.“ Das Projekt zeige, dass es möglich sei, schnell, termingerecht und im Kostenrahmen zu bauen. Dass rund um Zusmarshausen noch eine Weile weiter etwa an der Mittelabtrennung der Fahrtrichtungen gearbeitet wird und die Autobahn also noch nicht ganz fertig ist, erwähnt keiner. Im Detail wird es aber noch eine Weile dauern, bis in Zusmarshausen alle drei Spuren zur Verfügung stehen. Derzeit stehen dort noch die Fahrbahnbegrenzungen auf zwei Spuren. In Richtung Ulm sollen diese spätestens am Montag, 19. Oktober, verschwinden. In Richtung München soll dies am Montag, 2. November, geschehen. Den Vertrag hat die Pansuevia damit aber trotzdem eingehalten, wie Beraldo betont: „Die Fahrbahnen sind verkehrsfertig, es geht nur noch um die Rückbauten.“
Ob Pansuevia und die Autobahndirektion demnächst Post vom Markt Zusmarshausen wegen des Lärmschutzes bekommen, ist indes offen. Wie berichtet, hatten sich einige Bürger beschwert, dass die Autobahn trotz des Lärmschutzes zu laut sei. Um eine Nachbesserung zu bewirken, müsste die Kommune ein Schallgutachten in Auftrag geben. Ob das aber so weit kommt, ist laut Bürgermeister Bernhard Uhl (CSU) fraglich: „Da sind wir locker im fünfstelligen Bereich – und dann ist immer noch die Frage, ob das Gutachten etwas bringt.“ Er selbst habe ohnehin Zweifel, ob die Autobahn tatsächlich zu laut ist: Dringender sei für Zusmarshausen die Entscheidung, ob entlang der A8 eine neue Bahntrasse entstehen wird.
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