Wer wie der Deuringer Karl Poesl in seinem Herzen die Leidenschaft für Musik und Radfahren trägt, den inspiriert eine Radtour sogar zu einem eigenen Lied. "Hochgenuss. Rad’l fahr’n. Hilft Kopf, Herz, Seele und sogar dem Darm. I’ fahr mit dem Radl, zur Stärkung meiner Wadl. Besonders gern im Wald um Deuringen herum", singt er mit seiner Gitarre auf Waldbühne des Eukitea-Theaters, das auf seiner Lieblingsstrecke liegt und einen sensationellen Ausblick bietet. Doch vorher haben die Götter den Schweiß gesetzt.
Gerade während der Corona-Pandemie mit Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen haben immer mehr Menschen neben dem Spazierengehen auch das Radfahren für sich entdeckt. Ganz egal ob Touren- oder Rennrad, Mountain- oder E-Bike, für Spezialisten oder Familien - wir wollen in den nächsten Wochen verschiedene Lieblingstouren vorstellen.
Start und Ziel in Deuringen
Zum Auftakt geht es von Deuringen aus über den Anhauser Weiher ins Anhauser Tal, um schließlich den Geißberg zu erklimmen, ehe man über Diedorf wieder nach Deuringen zurückkehrt. "Zählen Sie zu den Radfahrern, die nicht nur auf ebener Strecke vor sich hinstrampeln wollen, sondern auch Herausforderungen an Körper und Geist lieben? Die entspannt radeln und genießen können, ohne auf die Zeit zu achten? Dann sind Sie bei dieser Ausfahrt durch das Anhauser Tal richtig", sagt Karl Poesl. Immerhin sind fast 300 Höhenmeter auf 20 Kilometer zu bewältigen. "Ab und an darf man sein Fahrrad auch ohne schlechtes Gewissen bergauf schieben."
Sorgfalt und Konzentration
"Die nicht ganz einfache Streckenführung erfordert zudem Sorgfalt und Konzentration", sagt der ehemalige Lehrer, der jetzt seinen Ruhestand genießt. "Die Belohnung besteht in einem Naturerlebnis, mehreren beeindruckenden Ausblicken", schwärmt der 65-Jährige, der ansonsten auf seinem Motorrad, einer Indian, unterwegs ist. "Und vielleicht irgendwann wieder aus kulinarischen Höhepunkten in den an der Strecke liegenden Einkehrmöglichkeiten", sinniert er.
Ausgangspunkt von Poesls Lieblingstour ist der Parkplatz der SpVgg Deuringen in der Waldstraße. Von diesem Parkplatz aus fährt man links auf einem schmalen Trampelpfad, der deshalb auch so schmal ist, weil die cleveren Anlieger ihre Grundstücke im Einklang mit der Stadt Stadtbergen nach Süden erweitern durften. Vorsicht! Ein Entwässerungsrohr ragt aus dem Waldboden heraus.
Auftakt auf der Waldautobahn
Nachdem man links abgebogen ist, geht es auf der sogenannten "Waldautobahn" eine gefühlte Ewigkeit geradeaus. Am Fitness- und Gleichgewichtsparcours und dem ehemaligen Schießstand der Amerikaner vorbei fährt man auf den Betonplatten des Panzerkessels. Nach einer einfachen Wegkreuzung taucht die berüchtigte "Spinne" auf, an der sich gleich fünf Wege vereinen. "Dort verirren sich viele trotz Navi", warnt Poesl und beschreibt es mit den Hinweisen vor einem Kreisverkehr: "Die zweite Ausfahrt nehmen! Keinesfalls geradeaus, rechts oder scharf links. Und aufpassen, 'Kampfradler' können mit hoher Geschwindigkeit kreuzen. Also klingeln oder laut rufen."
Nach einem bisschen auf- und ab gelangt man an den Anhauser Weiher, der oft auch als Wellenburger Weiher bezeichnet wird. Zunächst biegt man links ab Richtung Wellenburg und nach circa 100 Metern nach rechts auf den Weg um das östliche Ufer. Wenn man Glück hat, kann man einen einsamen Eremitengraureiher im Wasser stehen sehen. Am Ende des Rundumweges biegt man links ab. Am Schild einer frohen verheißungsvollen Botschaft zur Bergheimer Waldgaststätte wird selbige ignoriert, denn es geht rechts ab.
Volle Konzentration gefordert
Nun folgt der Konzentrationsteil der Navigation. Hier lauern Verirrungsgefahren. Die westlichen Wälder sind ein Netz aus unzähligen Wegen. Das verdeutlicht auch ein Schilderwald mitten im Wald. Zweimal rechts halten, dann nach links und dann wieder nach rechts. "Es folgt eine sehr lange Abfahrt, auf der das Stahlross schon so manchen abgeworfen hat. Das ist nicht ungefährlich. Also moderat und langsam fahren", empfiehlt Poesl. "Am Ende der Luxusabfahrt erwartet einen dann ein romantisches Bild."
Schilderwald zeigt Richtung an
Ein vollkommen überladener Schilderwald zeigt den Weg nach Anhausen an. Nun hat man Muße ohne Ende. Meistens eben führt der Weg durch ein wunderschönes Tal mit einem mäandernden Anhauser Bach. Zeit zu meditieren, ob man den bekannten Biergarten der "Traube" in Anhausen ansteuern oder bis zum Ende der Tour warten soll. Der Wegweisung des grünen Pfeiles folgend landet man auf der Adelgundisstraße, wo es nach zirka 100 Meter nach rechts in die Leitershofer Straße geht. Und bei der nächsten Gelegenheit links. Mit Blick nach oben kann man jetzt schon ein einzelnes Haus erkennen. Da geht es hin - und sogar noch weiter. Zunächst einmal geht es rechts ab an den hässlichen Containern vorbei. Dann links halten. Jetzt ist Kondition und Kreislauf gefragt. Aber man wird für die Anstrengung und wahrscheinliches Schieben des Rosses belohnt. Auf halber Strecke, oben bei der Theaterbühne und einer Ruhebank, bietet sich ein einzigartiger Ausblick auf Anhausen und Diedorf. "Verweile Augenblick, du bist so schön", bemüht Karl Poesl den berühmten Dichter Johann Wolfgang von Goethe.
Wenn sich der Kreislauf beruhigt hat, dann geht es auf dem breiten Weg halblinks - vermutlich unter Stöhnen und Schieben - weiter nach oben. Hat man den Hauptweg wieder erreicht, biegt man links ab. Und schon macht das Radeln wieder Spaß. Die dritte Abzweigung führt uns zur Waldkirche, an der den Flutopfern in Lettenbach gedacht wird.
Mit Mini-Alpen zu vergleichen
Ein Wegweiser tut das, was er soll. Und eine lange anstrengungsfreie Abfahrt bereitet auf einen ebensolchen Anstieg auf der anderen Seite vor. "Im Winter sausen Kinder auf Schlitten in zwei Minuten hinunter und ziehen das Sportgerät dann 20 Minuten wieder hinauf", verdeutlicht Poesl, was den Radler erwartet: "Die westlichen Wälder kann man manchmal mit Mini-Alpen vergleichen." Unten angekommen, steht man vor dem Rückhaltebecken und der zukünftigen Trinkwasserquelle Diedorfs. In einem Jahr wird es ganz anders aussehen.
Der Rest ist einfach: Den Anstieg auf der gegenüberliegenden Seite hinauf, dann bei der Weggabelung halblinks und schon ist man wieder auf dem Hauptweg nach Deuringen. "Noch ein bisschen Gleichgewichtstraining auf dem Fitnessparcours gefällig?" fragt sich der Radler - oder doch lieber einkehren?
Fazit: Für ambitionierte Genussradler
Fazit: Für ambitionierte Genussradler geeignet, die sich nicht schämen, wenn sie streckenweise ihr Vehikel schieben müssen, denn nur Supersportler schaffen die Anstiege ohne abzusteigen. Der sportliche Trainingseffekt ist garantiert. Für Anfänger und Familien eher nicht geeignet.
- Streckenlänge: 20 Kilometer
- Höhenmeter: 300
- Zeitbedarf: ca. 2 1/2 Stunden
- Besonderheiten am Wegesrand: Eukitea-Waldbühne, Fitnessinsel Deuringen, Waldkirche Diedorf, viel Natur.
- Einkehrmöglichkeiten: Waldgaststätte Deuringen, Deuringer Hof, Waldgaststätte am Sportplatz Anhausen, Traube in Anhausen.
Wenn auch Sie uns Ihre Lieblingstour verraten möchten, schreiben Sie uns eine Mail an: sportredaktion.landbote@augsburger-allgemeine.de
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