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Corona-Pandemie: Anstieg der Corona-Zahlen: Statistiker fordert sofortige Schulschließungen

Corona-Pandemie

Anstieg der Corona-Zahlen: Statistiker fordert sofortige Schulschließungen

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    Seit einigen Wochen sind die Schulen wieder geöffnet. Seitdem sind die Ansteckungszahlen mit dem Coronavirus stark gestiegen.
    Seit einigen Wochen sind die Schulen wieder geöffnet. Seitdem sind die Ansteckungszahlen mit dem Coronavirus stark gestiegen. Foto: Marcus Merk

    Während in Berlin am Montag Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten über Konsequenzen der steigenden Corona-Ansteckungen gesprochen haben, sind für Statistiker Christian Rindsfüßer die Zahlen eindeutig. Der Mitinhaber des renommierten Augsburger Statistikbüros Sags hat sie sich genau angesehen. Innerhalb eines Monats sind die Zahlen der Neuinfektionen bei Kindern vom Krippen- bis zum Schulabschlussalter derart gestiegen, dass es für ihn nur eine Konsequenz geben kann: Kitas und Schulen müssen bis auf die absolute Notbetreuung sofort wieder komplett schließen. Und er hat noch eine Forderung: "Vor einer erneuten Öffnung der Schulen müssen Lehrkräfte zwingend geimpft werden."

    Seine Forderungen belegt Rindsfüßer, der auch für die SPD im Neusässer Stadtrat sitzt, mit den Infektionszahlen der Meldewochen sechs bis zehn, also vom 8. Februar bis 8. März. Das Ergebnis seiner Berechnungen für Bayern: Der Anteil der Infizierten der Unter-Fünfjährigen, der Fünf- bis Zehnjährigen und auch der Zehn- bis 15-Jährigen ist um jeweils mehr als 100 Prozent gestiegen, teilweise sehr deutlich in der Gruppe der Fünf- bis Zehnjährigen mit knapp 140 Prozent. Zu dieser Altersgruppe gehören Grundschulkinder, die seit dem 22. Februar bereits wieder im Wechsel- oder Präsenzunterricht sind.

    Impfung der über 80-Jährigen im Landkreis Augsburg wirkt

    Auch in der Gruppe der 15- bis 19-Jährigen, das sind die Jahrgänge der Abschlussschülerinnen und -schüler von der Mittelschule bis zum Gymnasium, ist Zahl der Neuansteckungen mit dem Corona-Virus in dieser Zeit um knapp 80 Prozent gestiegen. Dabei sind die Abiturienten der Gymnasien und Fachoberschulen schon wieder seit Anfang Februar zurück im Wechselunterricht. Auch dass die absolute Zahl der Neuansteckungen in der Gruppe der Zehn- bis 15-Jährigen etwas niedriger ist, nämlich von 41 auf 83 gestiegen ist, ließe sich laut Rindsfüßer mit dem für diese Gruppe länger andauernden Distanzunterricht erklären.

    Christian Rindsfüßer ist Statistiker des Augsburger Unternehmens Sags und Stadtrat in Neusäß. Er fordert: Infolge der gestiegenen Inzidenzzahlen müssen Kitas und Schulen schließen.
    Christian Rindsfüßer ist Statistiker des Augsburger Unternehmens Sags und Stadtrat in Neusäß. Er fordert: Infolge der gestiegenen Inzidenzzahlen müssen Kitas und Schulen schließen. Foto: Marcus Merk (Archivbild)

    Zum Vergleich: In allen Altersgruppen ist die Fallzahl von Ansteckungen mit dem Coronavirus im selben Zeitraum um 53 Prozent gestiegen. "Erwartungsgemäß" sei hingegen die Zahl der Neuansteckungen bei den Über-80-Jährigen durch die Impfungen um 32 Prozent gesunken. Christian Rindsfüßer: "Hervorzuheben ist dabei die „neue“ Rolle der Kinder im Grundschulalter und der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 15 und unter 20 Jahren. Damit wird auch deutlich, dass gerade diese beiden Altersgruppen aktuell sehr stark an der Verbreitung des Coronavirus beteiligt sind." Sein Fazit: Es besteht ein direkter Zusammenhang mit dem Anstieg der Ansteckungen und der Öffnung von Schulen und Kitas.

    Konsequenz: Schulen ohne Teststrategie nicht mehr öffnen

    Die müssten nun eben als Konsequenz wieder geschlossen werden - und zwar sofort. Darüber will man im Kultusministerium jedoch aktuell noch nicht nachdenken. Stattdessen wird an der Strategie einer Testung von Schülerinnen und Schülern sowie von Lehrkräften gearbeitet. Der Statistiker Rindsfüßer betont jedoch, dass ein Test keine Impfung ersetze, "genauso wenig, wie ein Schwangerschaftstest die Verhütung ersetzt."

    Nur mit einer angemessenen Teststrategie sollen Schulen beim Präsenzunterricht bleiben, fordern inzwischen auch Elternvertreter.
    Nur mit einer angemessenen Teststrategie sollen Schulen beim Präsenzunterricht bleiben, fordern inzwischen auch Elternvertreter. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Teilweise kritisch, vor allem aber sehr gespalten wird das Vorgehen des Kultusministeriums beim Thema Präsenz- oder Distanzunterricht inzwischen auch in der Arbeitsgemeinschaft der Elternbeiräte der Gymnasien in der Region Augsburg gesehen, sagt die Sprecherin der Gruppe, Evelin Nehm. In den vergangenen Tagen hat die ARGE bei ihren Mitgliedern nachgefragt. Wenn es darum gehe, durch die Tests den Präsenzunterricht so lange wie möglich aufrecht erhalten zu können, dann zeige das Meinungsbild unter den Elternbeiräten eine Zustimmung, so ein Ergebnis.

    Elternbeirätin: Folgen auch für Jüngere bedenken

    Evelin Nehm, die selbst Elternbeirätin am Gymnasium bei St. Stephan ist, warnt jedoch: "Wir überblicken die Folgen der gehäuften Ansteckungen bei Kindern und Jugendlichen für sie selbst und deren Familien noch nicht." Sie spricht unter anderem Langzeitfolgen an, die auch Jüngere treffen könnten. "Wer nach einer Corona-Infektion darunter leidet, sich nicht mehr konzentrieren zu können, schafft vielleicht in den Folgejahren seinen Abschluss nicht."

    In Schulen sollen nach den Osterferien auch Schülerinnen und Schüler sich zweimal pro Woche auf das Coronavirus testen können. So will es das Kultusministerium.
    In Schulen sollen nach den Osterferien auch Schülerinnen und Schüler sich zweimal pro Woche auf das Coronavirus testen können. So will es das Kultusministerium. Foto: Matthias Bein (Symbolbild)

    Laut dem Willen des Kultusministeriums sollen nach den Osterferien allen Schülerinnen und Schülern zwei Selbsttests pro Woche angeboten werden, eine entsprechende Teststrategie soll dazu in den Schulen selbst ausgearbeitet werden. Das sei laut ihrer Umfrage aber in noch keinem Gymnasium der Region abgeschlossen, so Evelin Nehm. Bislang diskutiere man darüber. Einen Hinweis zumindest für die Selbsttests bei den Lehrkräften gibt Günter Manhardt, Schulleiter des Schmuttertal-Gymnasiums und Sprecher der Direktoren der Gymnasien in Schwaben: "Die Lehrkräfte sollen die Tests passend zu ihren Unterrichtstagen durchführen", also nicht am Vorabend eines Schultags, an dem sie ohnehin nicht an der Schule sind.

    Etwa die Hälfte der Lehrkräfte will bei den Tests mitmachen

    Wie viele Lehrerinnen und Lehrer sich am Ende an den Selbsttest beteiligen werden, sei schlecht abzuschätzen, so Günter Manhardt. Rein statistisch sei es aber auch möglich, ein sehr gutes Ergebnis zu erhalten, wenn etwa die Hälfte der Lehrkräfte mitmache, so Statistiker Rindsfüßer, wenn es sich um eine Zufallsmenge handle. Diese Prozentzahl hatte das Schulamt im Landkreis Augsburg für die Bereitschaft der Grund- und Mittelschullehrer am vergangenen Freitag genannt. Wie das bei den Schülerinnen und Schülern aussehen wird, kann Evelin Nehm noch nicht abschätzen. Eine Zahl hat sie jedoch: In einem Gymnasium in der Region Augsburg war für die Abschlussklasse schon einmal ein PCR-Reihentest angeboten worden. "Da hat ein Drittel teilgenommen." Die Angst, bei einem positiven Ergebnis in Quarantäne zu müssen, sei dort sehr groß, weiß sie.

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