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Aystetten: Hier reifen seine Ideen für kunstvolle Kostbarkeiten

Aystetten

Hier reifen seine Ideen für kunstvolle Kostbarkeiten

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    Alles, was Thomas Fackler sammelt, wird in seinem blitzsauberen, nur spärlich beleuchteten und deshalb geheimnisvoll und tiefgründig erscheinenden Inspirationsraum aufbewahrt.
    Alles, was Thomas Fackler sammelt, wird in seinem blitzsauberen, nur spärlich beleuchteten und deshalb geheimnisvoll und tiefgründig erscheinenden Inspirationsraum aufbewahrt. Foto: Marcus Merk

    Kein Zweifel, der Mann ist ein Unikat. Kein Zweifel, auch sein Haus ist es und vor allem sein Garten - nein, besser gesagt, sein Paradies, sein Urwald, seine verwunschen anmutende dunkelgrün-feuchte märchenhafte Wildnis, durch die sich der überraschte Besucher auf einem engen Pfad bergauf bis zur Haustür mit angehaltenem Atem vorwärts tastet. Das hätte man nun hier nicht erwartet, mitten im gutbürgerlichen Aystetten, Am Anger, Hausnummer 15.

    Und wenn man sich dann oben am Eingang mit einem massiven Türklopfer bemerkbar gemacht hat, kommt er heraus, groß, eine Kappe auf dem Kopf, Bart, Typ Künstler. Ja, Thomas Fackler entpuppt sich schnell als einer, der mit „Mainstream“ nichts am Hut hat. Herzlich und offen ist der Empfang.

    Die Erklärungen für sein Leben und seine vielfältigen höchst einfallsreichen künstlerischen, ebenso sensibel wie kraftvoll erscheinenden Arbeiten in Haus und Garten sprudeln wortreich aus ihm heraus. Das ganze Haus ist eine Sammlung von Ideen, greifbar gewordenen oder auch fühlbaren Gedanken, achtsam zusammengesetzten Fundstücken, geschmackvoll und fast penibel geordnet.

    Das Haus ist in zwei Gestaltungsbereiche aufgeteilt

    In diesem Haus führt der Wahl-Aystetter mit seiner Frau Angelika ein gemeinsames Leben: Aber bitte - und das geht ja hier, wo Kreativität und Individualität zu explodieren scheinen - gar nicht anders: „Das Haus ist zwischen mir und meiner Frau in zwei Gestaltungsbereiche aufgeteilt“, sagt Fackler. Und sie, die, was sich in diesem Fall gut fügt, als Heilpädagogin in der Augsburger Hessingklinik arbeitet, dazu erklärend: „Ich habe meinen Mann immer ganz gut aushalten können, mittlerweile kann ich ihn auch sein lassen.“ Auch wenn dies manchmal schwierig ist. Etwa, wenn täglich via Internet bestellte Fleischwölfe mit der Post ins Haus kommen - wo doch ein einziger für die Entenfüllung, um die es ging, genügt hätte. Aber aus Fleischwölfen lässt sich auch Kunst machen!

    Davon gibt es viel im Hause Fackler. Alles, was der 1962 im schwäbischen Mertingen geborene gelernte Heizungsbauer, später studierte Diplom-Designer sammelt, wird in seinem blitzsauberen, nur spärlich beleuchteten und deshalb geheimnisvoll und tiefgründig erscheinenden Inspirationsraum aufbewahrt. Dort, auf einer zweisitzigen Ledercouch, sitzt der Meister zum Zigarre rauchen, lässt seine Ideen reifen. Was ist da nicht alles an persönlichen Kostbarkeiten angeordnet, zusammengefügt zu einer Skulptur: Dinge des Alltags, schon mit einer Patina überzogene Objekte, manchmal im Rohzustand, manchmal schon von Fackler geformt: Versteinerungen, Messinggefäße, ungezählte Ferngläser, historische Mikroskope, ein Mobile aus kleinen Waagen.

    Er arbeitet mit philosophischen Fragen

    Im Flur wieder ein Mobile mit Objekten, die als Flüchtlingsboote erkennbar sind. „Ich arbeite mit philosophischen Fragen. Mich beschäftigt zum Beispiel, wie Individualität entsteht und wie sich Individuen zueinander abgrenzen“, erklärt Fackler seine Gedankengänge. Auch in seiner vor kurzem im Landratsamt Augsburg stattgefundenen Ausstellung von Fotografien und Bildern ging es um Philosophisches, um die Existenz, um „Übergänge“, so der Titel.

    Doch das ist nur eine Seite des Künstlers Thomas Fackler. Stop: Künstler? Wollte er sich eigentlich nicht nennen; aber, nachdem er in einem wirklich renommierten Münchner Museum eine Ausstellung besucht hatte, dachte er sich, jetzt bezeichne ich mich halt auch als „Künstler“.

    Beim Spielen sollte man ein Glas Rotwein genießen

    Was Fackler auch ist: ein Spiele-Erfinder und -Macher. „Die Abtei der wandernden Bücher“ 1991 war das sein erstes großes Spiel, das auch in den USA Furore machte. Dass so eine kostbare Schatzkiste nicht für 100 Euro zu haben ist, davon überzeugte sich auch Landrat Martin Sailer´bei einem Besuch. Nein, für die „Abtei“ muss man schon 3800 Euro hinlegen. Aber das sei das Spiel auch wert. Und: Beim Spielen sollte man ein Glas Rotwein genießen, rät Fackler.

    Handwerklich bis ins kleinste Detail aufwendig und kostbar gestaltet sind die Spielfiguren Kriminalrat, Dirigent, Intendant und so weiter des Spiels „Phantom der Oper“: „Jedes Spiel ein Meisterwerk, bei dem viele Gewerke zusammenkommen“, erklärt Thomas Fackler.

    Im Auftrag von großen Firmen Spiele entwickelt

    Aber der Aystetter hat auch im Auftrag von großen Firmen Spiele entwickelt, von der Produktentwicklung übers Verlegen und die Logistik alles gemacht. Das im Auftrag von Daimler hergestellte Spiel „Troja“ hat 2001 beim „Spiel des Jahres“ einen Sonderpreis bekommen. Wie oft bei so exklusiven Projekten: Ideell waren die Spiele ein voller Erfolg, materiell eher nicht. Aber: Seit Thomas Fackler zwölf Jahre alt war, hat es ihn gereizt, „Erlebnisse und Welten“ fortzusetzen in Spiele.

    Bei der Jahre zurückliegenden Gründung einer Design-Agentur, also eines „ordentlichen“ Lebens, kam ihm die „Abtei“ dazwischen. So ist Thomas Fackler zu dem geworden, was er heute ist. Ein Individualist, ein Nonkonformist, ein Philosoph. Einer, der den Sachen auf den Grund geht. Und das tut er letztlich ja auch mit seiner Gartenkunst. Man betritt die Terrasse des hügeligen Grundstücks, auf der für den Besucher Sekt und Häppchen mit Feta-Käse angerichtet sind, und man blickt in den vom Nieselregen silbern glänzenden Urwald, ja in eine Urwelt, in die auch noch ein Dinosaurier passen würde: Dort bilden die Kronen der subtropischen meterhohen Baumfarne verschiedene Etagen, ihre Fächer breiten sich wie Schirme aus.

    Die größte Sammlung an frei ausgepflanzten Farnen

    Die Verästelungen der Gewächse verzwirbeln sich an den Ende zu reizvollen Schnecken: Kunstwerke der Natur. „Mein Interesse für Farne kam mit der Spieleentwicklung“, erzählt Fackler. Im Winter bekommen die exotischen Pflanzen, die der Gärtner vor Jahren selbst gesetzt hat, einen „Schlafsack mit Heizung“ übergestülpt, eine „Mordsarbeit“ ist das. „Ich habe vermutlich die größte Sammlung an frei ausgepflanzten Farnen in Deutschland“, erzählt Thomas Fackler.

    Nicht nur die Farne, sondern auch der Bambushorst ist beeindruckend. Er ist 20 bis 30 Jahre alt, der höchste Bambus misst zwölf Meter, und zum Glück weiß Fackler auch, wie man die Ausbreitung des Bambus verhindern kann. Inzwischen ist er Experte für besondere Gärten: „Am Anfang wusste ich nur, dass man im Garten Unkraut zupfen muss.“

    Ein Garten ist niemals fertig

    Seine grüngestalterische Kreativität stellt er gern Menschen zur Verfügung, die sich von ihm ihren Garten planen lassen wollen. Dabei geht er mit Bedacht vor, will erhalten, integrieren. Die Essenz seiner Gartenphilosophie passt denn auch ganz zu seiner Lebensphilosophie: „Ein Garten ist niemals fertig, er bleibt immer im Zustand des Werdens.“

    Bereits erschienen in unserer Serie "Hausbesuche":

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