„Bleib zuhause“ ist das Motto, wenn es um Urlaub in Corona-Zeiten geht. Die Tourismus- und Reisebranche trifft das hart. Reisebüros haben am Mittwoch bei Demonstrationen auf ihre Notsituation aufmerksam gemacht und für eine schnelle Staatshilfe in der Corona-Krise demonstriert.
Das Ziel sei „eine branchenspezifische Lösung mit nicht rückzahlbaren Beihilfen für die Reisebüros – jetzt!“. So solidarisiert sich auch Helmut Ziegelmeier Reisen aus Fischach mit den Aktionen der Branche. Denn es sei nicht nur das Neugeschäft vollständig zum Erliegen gekommen, sondern Veranstalter wollen auch Provisionen für bereits gebuchte Reisen von den Reisebüros zurückhaben.
Eine „dramatische Situation“, bestätigt auch Ariane Kain vom Reisebüro in Diedorf. Es sei tragisch, dass man auch das, was man schon gearbeitet habe, nun wieder zurückgeben müsse. „Zur Kundenbindung sind wir nach wie vor da, beantworten Fragen zur Stornierung und wickeln diese ab, aber ganz ohne Verdienst.“
Das kommende Geschäft, so es weiter gehe, werde vermutlich schleppend anlaufen, fürchtet Ariane Kain, die mit ihrem Mann, Inhaber Christoph Kain, das Reisebüro in Diedorf seit 26 Jahren führt. Die drei Mitarbeiter sind derzeit in Kurzarbeit. Ariane Kains Appell an die Kunden: Sie sollen ihre Reisen in Reisebüros vor Ort buchen und sich dort beraten lassen – „denn das hilft uns!“ Eine Pauschalreise sei im Reisebüro auch nicht teurer als im Internet gebucht.
Reisebüro in Stadtbergen: Die Vollzeitkraft ist in Kurzarbeit
Eva Maria Schneider, Inhaberin des Reisebüros Stiller in Stadtbergen, hat ihre Vollzeitkraft mit null Stunden in Kurzarbeit geschickt. „Ich selbst bin die Notbesetzung, kümmere mich um Fragen, Umbuchungen, Stornierungen, Rückerstattungen. Seit Mitte März haben wir kein Einkommen mehr, bekommen keine Vermittlungsprovision, wenn eine Reise nicht stattfindet. Reisebüros müssen zudem von Veranstaltern bereits bezahlte Provisionen an diese zurück bezahlen, wenn eine Reise nicht stattfindet.“ Sie hoffe, dass man bald zumindest innerhalb Deutschlands reisen dürfe. Es werde viele Insolvenzen in der Branche geben, fürchtet die Reise-Fachfrau.
„Unsere Busreisen sind mittlerweile bis Ende Mai abgesagt“, berichtet Marcus Fleiner, Geschäftsführer von Nußbaum Reisen in Diedorf. „Kein Mensch informiert uns, wir entnehmen den Medien, wie lange noch das Berufsausübungsverbot dauern wird!“, ärgert sich der Unternehmer. Es gebe auch keinen Fahrplan, ab wann man zumindest wieder innerhalb Deutschlands fahren dürfe. Das Unternehmen brauche für die Reiseorganisation viel Vorlaufzeit.
Nußbaum Reisen: Busse sind normalerweise in ganz Europa unterwegs
Die zehn hochmodernen Reisebusse von Nußbaum Reisen sind normalerweise in ganz Europa unterwegs, jetzt stehen die meisten der Fahrzeuge still, sind abgemeldet, nur zwei fahren ein paar Schüler. Wenn der Staat ein Berufsverbot erlasse, „muss er uns auch aus der Misere helfen.“ Nußbaum Reisen habe bereits Kundengelder in Höhe von 100.000 Euro zurück bezahlen müssen: Konzertreisen, die Fahrten zum Oberammergauer Passionsspiel seien geplatzt, nennt Fleiner Beispiele. Sein Unternehmen sei mit den Reisen nach Südtirol und Italien eines der ersten Betroffenen der Branche gewesen, und „wir werden eine der letzten sein, die zurück ins Leben dürfen“, meint Fleiner in Bezug auf die gesamte Reisebranche.
Nußbaum-Reisen habe mit den nach neuesten umweltfreundlichen Kriterien fahrenden Bussen „ein wahnsinnig teures Handwerkszeug“, die Kosten würden weiterlaufen. Gerade in die Umweltfreundlichkeit der Fahrzeuge habe die Busbranche viel investiert, „bis zum Limit“. Zum Weiterleben brauche die Reisebranche mehr als die anfänglichen Soforthilfen oder KfW-Darlehen, nämlich Zuschüsse.
Ziegelmeier Reisen fordert eine "Exit-Strategie" für die Zeit nach der Krise
Das meint auch Claudi Ziegelmeier von Helmut Ziegelmeier Reisen aus Fischach, ebenfalls ein Busreiseunternehmen. „Wir brauchen eine Exit-Strategie, damit wir planen können. Die Politik muss aufwachen!“, fordert sie. Jeder, der in der Touristik arbeite, mache dies aus Leidenschaft und verdiene nicht viel; entsprechend niedrig seien die Rücklagen. Der Fuhrpark des Unternehmens sei praktisch abgemeldet, wie bei Nußbaum-Reisen werden derzeit nur einige Schüler befördert. Eine „Vollkatastrophe“ für Claudia Ziegelmeier: Der eben für Mai neu angeschaffte Reisebus, der 360000 Euro kostete, hat jetzt „nichts zu fahren“.
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