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Augsburg: Zum Plärrer: Das Comeback der Staudenbahn

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Zum Plärrer: Das Comeback der Staudenbahn

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    Wer samstags mit der Staudenbahn zwischen Langenneufnach und Augsburg unterwegs ist, erlebt Zugfahren von einer nicht alltäglichen Seite. Der Geschäftsführer gibt den Schaffner und ein Rechtsanwalt fährt den Triebwagen.
    Wer samstags mit der Staudenbahn zwischen Langenneufnach und Augsburg unterwegs ist, erlebt Zugfahren von einer nicht alltäglichen Seite. Der Geschäftsführer gibt den Schaffner und ein Rechtsanwalt fährt den Triebwagen. Foto: Gönül Frey

    Elf Menschen haben sich in der Holzhütte versammelt. Das Ehepaar aus München hat die Neugier hergetrieben, die vierköpfige Familie aus Augsburg auch. Andreas Hack aus Margertshausen staunt: „So viele Leute habe ich hier noch nie gesehen.“ Es ist Samstag kurz vor halb sechs Uhr und in wenigen Minuten wird die Staudenbahn in „

    Dieses Angebot hat Andreas und Alexandra Hack überzeugt. Zusammen mit einem befreundeten Paar aus Langenneufnach machen sie sich auf Richtung Plärrer, Schwabens größtes Volksfest lockt. Einem ständigen Personenverkehr auf der Bahnstrecke durch die Stauden stehen die Hacks aber skeptisch gegenüber. Andreas Hack: „Ich glaube, nicht, dass sich das lohnt.“ Die Bahn sei gut für den Ausflugsverkehr oder für besondere Aktionen wie jetzt zum Plärrer.“ An Werktagen aber hält Hack die Züge für eine Fehlinvestition: „Der Bus ist viel bequemer.“

    Viele Menschen sehnen sich nach der Staudenbahn

    So wie Hack denken viele Menschen in den Stauden. Es gibt aber ebenso viele, die nach über 20 Jahren eine Wiedereinführung des Personenverkehrs auf der eingleisigen Nebenbahn herbeisehnen und die Chancen stehen nicht schlecht.

    2019 könnten tatsächlich wieder regelmäßig Personenzüge von Augsburg über Gessertshausen und Fischach bis nach Langenneufnach rollen. Ein Gutachten des Wirtschaftsministeriums sagt mehr als 1 000 Fahrgäste am Tag voraus, die Millionen für die Reaktivierung sollen von der Bayerischen Landesbank kommen. Dennoch sind vor einer Wiederbelebung der Strecke noch eine Reihe von Fragen zu klären.

    Hubert Teichmann kennt sie alle bis ins Detail. Teichmann ist Geschäftsführer der Staudenbahn. Sie ist über Deutschlands Grenzen hinaus im Güterverkehr unterwegs und fährt an Wochenenden und Feiertagen Ausflügler durch die Region. Großes Ziel aber ist die Wiederaufnahme des Personenverkehrs in die Stauden und deshalb gibt Teichmann an diesem Samstagnachmittag den Schaffner.

    Durchs offene Fenster dringt der Duft von Diesel, während der von der Verkehrsgemeinschaft in Cham ausgeliehene Triebwagen Richtung Augsburg rattert. Das Gefährt aus dem Bayerischen Wald ist höchstens 80 Kilometer in der Stunde schnell und wenn auf dem viel befahrenen Streckenabschnitt zwischen Gessertshausen und Augsburg ein schnellerer Zug kommt, hat er Vorrang vor der Bummelbahn.

    An die 20 Fahrgäste sitzen ab Margertshausen im Zug. Das sei so der Durchschnitt an diesem ersten Plärrersamstag, erzählt Teichmann. Seine Kinder helfen beim Kassieren des Fahrgelds und vorne steuert ein Rechtsanwalt, der in seiner Freizeit gerne Lokomotive fährt, den Triebwagen.

    Für acht Euro nach Augsburg und zurück

    Dank der Hilfe einer Handvoll ehrenamtlicher Helfer fährt die Staudenbahn noch bis Oktober immer samstags nach Augsburg und zurück. Das Angebot ist als Testlauf gedacht und, dass jetzt während des Plärrers mehr Menschen mitfahren, „das motiviert einen,“ sagt Teichmann. Die Preise sind moderat: Fischach-Augsburg und zurück – das sind insgesamt fast 50 Kilometer – gibt es für acht Euro pro Erwachsenen.

    Den Samstag haben Teichmann und seine Mitstreiter als Termin für den Probebetrieb ausgewählt, weil an diesem Tag der Busfahrplan die größten Lücken aufweist. Seit August bietet die Staudenbahn zusätzliche Fahrten für Nachtschwärmer an. Nach Mitternacht verlässt der letzte Zug Augsburg Hauptbahnhof in Richtung Langenneufnach. Das Angebot kommt an, sagt Teichmann. Im Herbst will er gezielt um Kundschaft werben, die nach einem Oktoberfestbesuch spätnachts heim in die Stauden will.

    Für Josef Fischer ist die Staudenbahn mehr als ein Verkehrsmittel

    Josef Fischer und seine Frau zieht es am vergangenen Samstag nicht ins Bierzelt. Sie wollen mit ihrer Staudenbahn in die Innenstadt. „Ich wollte das einmal erleben,“ sagt der frühere Fischacher Bürgermeister. Er war schon immer ein glühender Befürworter der Staudenbahn, schneidet heute noch ehrenamtlich die Bäume zurück, deren Äste in die Strecke hineinwachsen. Für Menschen wie Fischer ist die Staudenbahn mehr als nur ein Verkehrsmittel. Für ihn steht und fällt mit ihrer Wiederinbetriebnahme die Zukunft der Stauden: „Ohne die Bahn können wir hinter Gessertshausen einen Schlagbaum machen und mit Eselskarren weiterfahren.“

    Augsburg Hauptbahnhof, 22.17 Uhr: Die Staudenbahn fährt heim. Vier Fahrgäste insgesamt – darunter zwei Frauen aus Neusäß. Ihre Züge hatten sich heillos verspätet und deshalb sind sie heilfroh über den Tipp mit der Staudenbahn.

    Am Oberhauser Bahnhof steigt noch ein halbes Dutzend Fahrgäste ein. Staudenbahnchef Hubert Teichmann, inzwischen in den Führerstand des Triebwagens gewechselt, wird nach Mitternacht die Fahrt noch einmal machen. Er ist sich sicher: „Ein paar müssten noch kommen.“

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