Ein wuchtiges, großes Tor trennt den Gehweg vom Grundstück. Dahinter warten schon drei Hunde. Solche Bilder bieten sich wohl auf vielen Höfen in der Region. Aber dieser hier ist kein normaler. Man könnte ihn auch Gnadenhof nennen. Denn in Allmannshofen, einer der nördlichsten Gemeinden im Landkreis Augsburg, leben sehr viele Tiere. Tiere, die ohne fremde Hilfe geschlachtet worden wären. Das gefällt nicht allen Bürgern von Allmannshofen. Immer wieder gibt es in dem Ort Klagen. Und sogar Anzeigen.
1500 Tiere hat der Verein Rüsselheim schon gerettet
Die Frau, die dort wohnt, heißt Doris Rauh. Mit ihr leben Hunde, Schweine, Katzen, Kaninchen, Gänse, Hühner und Enten. Sie kümmert sich als Vorsitzende des Tierrettungsvereins Rüsselheim um die Lebewesen auf ihrem Hof, Besitzerin der Tiere ist sie aber nicht. Das ist der Verein, der von rund 1000 Freiwilligen unterstützt wird. Sie übernehmen für jedes Tier eine Patenschaft. Die Herkunft der Tiere ist dabei vielfältig. Ihre Hunde hat Rauh in Osteuropa von der Straße geholt. Kühe oder Schweine stammen meist von Landwirten, die ihren Betrieb einstellen. „Viele sind nicht mehr so glücklich mit den Preisen auf dem Markt“, sagt sie dazu.
Solche Bauern würden sich dann beim Verein melden, gegen eine Zahlung darf Rüsselheim die Tiere übernehmen – und dadurch am Leben lassen. Durch die monatlichen Spenden der Paten beziehen die Landwirte schließlich weiterhin ein regelmäßiges Einkommen. Für ein Rind gibt es 70 bis 75 Euro im Monat, pro Schwein erhalten die Bauern 50 Euro. „Sie leben davon besser als vorher“, sagt Rauh.
Mehrere ehemalige Betreiber von Mastanlagen wechselten so schon die Seiten. Statt Massentierhaltung leben die Tiere, bis sie eines natürlichen Todes sterben. Erst kürzlich wurden von einem Hof bei Donauwörth 60 Rinder gerettet. „Da hätten Sie dabei sein müssen“, sagt Doris Rauh. Ihre Augen strahlen dabei. Nun würden die Kühe auf einer Wiese in der Nähe von Bingen (Rheinland-Pfalz) leben. Derzeit seien etwa 1500 Tiere an deutschlandweit elf größeren Pflegeplätzen unter der Obhut des Vereins. Dazu kämen einige kleinere private Aufnahmestellen, wie in Allmannshofen.
Doris Rauh bekommt wegen den Tieren oft Anzeigen
Nicht jeder Bewohner des Dorfes ist damit zufrieden. „Oft werde ich Irre genannt“, sagt Rauh. 2010 zog sie in das Haus, ein Jahr später wandelte sie das Grundstück in den Tierhof um, den man heute sieht. Und hört. Schon auf dem Weg zum Haus ist wenige Meter davor ein Sammelsurium an Tiergeräuschen zu vernehmen. Einige Nachbarn stören sich daran. Öfter werde sie wegen der Tierhaltung angezeigt, vor Gericht stand sie auch schon. 2014 wurde ihr Tierquälerei durch Unterlassung vorgeworfen, am Ende musste sie 4000 Euro Strafe zahlen.
Rauh betont aber, nicht verurteilt worden zu sein, den Geldbetrag habe sie nur zur Beilegung des Verfahrens gezahlt. Im Oktober steht ein neuer Gerichtstermin an. Diesmal geht es in einem Zivilverfahren um einen zu großen Zaun und einen überbauten Grenzstein. Kläger ist ein unmittelbar neben Rauh wohnender Mann, der sich durch den Gnadenhof gestört fühlt.
Ein Nachbar stellt sich hinter die Tierretterin – sie hat keine Zweifel
Die Vertriebsangestellte hat aber auch Fürsprecher im Ort. Ein anderer Nachbar bringe ihr regelmäßig Grünfutter für die Tiere vorbei. Er sagt: „Ich wohne 50 Meter von ihrem Haus weg und höre nichts von den Geräuschen.“ Darüber hinaus sei man im Dorf, wo ständig Tiere Lärm machen würden.
Allmannshofens Bürgermeister Markus Stettberger weíß von den hin und wieder aufkommenden Beschwerden. Ab und zu höre er selbst Gänse und Hühner vom Hof. „Solange die Frau niemanden stört, kann sie das ja machen“, meint Stettberger. Eine Lösung für das Problem habe er nicht parat, beim Schlichten würde der Bürgermeister aber helfen. „Mir ist es wichtig, Einklang und Rücksichtnahme im Dorf zu haben“, so der freigestellte Betriebsratsvorsitzende.
Ihre Tiere kennt Doris Rauh indes alle beim Namen, von Huhn bis Schwein. „Jeder sieht ja anders aus“, erklärt sie lapidar. Seit der ersten noch in Eigenregie erfolgten Rettungsaktion im Jahr 2004 hat die 57-Jährige einiges erlebt. Zweifel hat sie keine. „Das ist das Beste, was ich aus meinem Leben machen konnte“, erzählt Rauh. Trotz der Streitigkeiten.
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