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Agawang-Unternefsried: Eine Kirchenorgel steht in Unternefsried bei Günter Fischer im Wohnzimmer

Agawang-Unternefsried

Eine Kirchenorgel steht in Unternefsried bei Günter Fischer im Wohnzimmer

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    Günter Fischer aus Agawang hat eine Kirchenorgel in sein Wohnzimmer eingebaut /
    Günter Fischer aus Agawang hat eine Kirchenorgel in sein Wohnzimmer eingebaut / Foto: Marcus Merk

    Orgeln finden sich meist in Kirchen, manchmal auch in Konzertsälen oder Museen. Aber im Wohnzimmer eines Privathauses? „Warum nicht?“ antwortet Günter Fischer aus Unternefsried mit einer Gegenfrage. Dabei leuchten seine Augen. Um das Instrument dort zu platzieren, musste er jedoch einiges arrangieren. „Der Raum hatte nicht die Höhe für die komplette Orgel“, informiert er.

    So sieht es aus, wenn eine Kirchenorgel im Wohntzimmer steht – so wie bei Günter Fischer aus Unternefsried.
    So sieht es aus, wenn eine Kirchenorgel im Wohntzimmer steht – so wie bei Günter Fischer aus Unternefsried. Foto: Marcus Merk

    Vorausgeschickt werden muss, dass Günter Fischers Orgelinteresse bereits in der Kindheit geweckt wurde. Auslöser war sein Volksschullehrer in Nattenhausen (Landkreis Günzburg). Er war nebenbei Organist und holte den jungen Günter in den Kirchenchor. Im gleichen Jahr erhielt der Schüler zu Weihnachten ein Akkordeon. Doch sein Ziel war, Kirchenorgel zu spielen. Das machte er so gut, dass er schon bald aushilfsweise die Gesänge beim Gottesdienst begleiten durfte. Dieses Talent war dann auch Jahrzehnte später die Basis für seine Tätigkeit als Organist in mehreren Pfarreien.

    Mit der ersten Orgel folgten 18 Jahren Tanzmusik

    Zunächst gründete er mit seinem Schwager aber die Tanzkapelle „Comets“. In diesem Zusammenhang kaufte er sich seine erste Orgel, eine elektronische. „Eine Philicorda“, erinnert sich der heute 78-Jährige. „Es folgten 18 Jahre Tanzmusik, bevor ich mich wieder der sakralen Musik widmete.“ Schließlich bekam er aus einer Kirche in Königsbrunn den alten Spieltisch einer pneumatischen Orgel geschenkt. „Mein Plan war, eine richtige Kirchenorgel zu bauen“, berichtet Fischer. Doch wie der Zufall so spielt, sollte die Kirche in Stettenhofen ein neues Instrument erhalten. „Bis dahin stellte der Augsburger Orgelbaumeister Rudolf Kuback der Pfarrgemeinde ein Interimsgerät zur Verfügung, die nach Einweihung der neuen Orgel nicht mehr benötigt wurde“, erläuterte er.

    Interessantes zur Kirchenorgel

    • Baujahr 1870, nach Angaben der Archivstelle des Katholischen Pfarramts Stetten am kalten Markt.
    • Standorte Zuerst in St. Zeno in Storzingen und Stetten am kalten Markt (beide Landkreis Sigmaringen), später in der Pfarrkirche Jesus der gute Hirt in Stettenhofen (1971 bis 1974), ab 1974 in Unternefsried bei Günter Fischer.
    • Register Oktave 4‘, Gedeckt 8‘, Mixtur 2‘ (bei der Renovierung geändert auf Flöte 2‘), Subbass 16‘, Principal 8‘, Flöte 8‘ und Salicional 8‘. (rusi)

    Günter Fischer erwarb das Instrument für 1800 Mark. Dabei handelte es sich um ein Werk des Orgelbauers Samuel Ruff aus dem Jahr 1870. „Ich baute das gute Stück ab und transportierte es im Januar 1974 nach Unternefsried, wo meine Frau Rosmarie und ich im Wohnzimmer schon einen Platz vorgesehen hatten.“ Doch die Örtlichkeiten erforderten einige Umarbeiten. „Da der Spieltisch vor der Orgel stand, bei mir aber dahinter verlegt werden musste, fertigte ich eine neues Wellenbrett an, über das die Traktur nun von den Tasten zur Windlade verlief“, macht er aufmerksam. Der Blasebalg, der allein ein halbes Zimmer in Anspruch genommen hätte, landete auf dem Schutt. Dafür bastelte er sich ein kleineres Teil und verband es mit dem alten Gebläse, das er im Dachboden aufstellte. Auch die Basspfeifen verlegte er. Erst dann war die Orgel spielbereit.

    Der Holzwurm hatte ganze Arbeit geleistet

    Vom Klangerlebnis war er aber enttäuscht: Wenn eine Taste gedrückt wurde, tönten die daneben liegenden Orgelpfeifen leise mit. Der Holzwurm hatte in der Windlade und den Pfeifenstöcken ganze Arbeit geleistet. „Ich war frustriert und verlor die Lust weiter zu machen“, gesteht Fischer. Dann wurde der Zollbeamte beruflich 13 Jahre lang zur Küstenwache nach Emden versetzt. Nach der Rückkehr galt es, das Haus zu renovieren. Gleichzeitig störte ihn die nicht spielbare Orgel. Dass sie schließlich wieder in Angriff genommen wurde, verdankte er 2013 einem Urlaub an der Müritz, und letztlich auch seiner Frau Rosmarie. Im dortigen Mecklenburgischen Orgelmuseum durfte Günter Fischer auf einer Orgel ein paar Musikstücke zum Besten geben. Als sie das Museum verließen, sagte seine Frau, dass es sehr schön wäre, wenn auch die Orgel daheim wieder schön erklingen würde.

    Günter Fischer ist auch mit 78 Jahren noch ein begeisterter Musiker. In sieben Pfarrgemeinden, unter anderem in Agawang, hilft er als Organist aus.
    Günter Fischer ist auch mit 78 Jahren noch ein begeisterter Musiker. In sieben Pfarrgemeinden, unter anderem in Agawang, hilft er als Organist aus. Foto: Siegfried P. Rupprecht

    Bereits einige Wochen später startete ihr Mann zusammen mit einem pensionierten Orgelbauer die Sanierung. Zuerst ging es an die Traktur, die Drähte und Umlenkwinkel vom Spieltisch bis zur Windlade und die Registerzüge, dann unter anderem an die Pfeifenstöcke und Holzpfeifen. Knapp eineinhalb Jahre später, an Weihnachten 2014, erklang die Orgel klangrein. Zwei Monate später fand die Weihe des sanierten Musikinstruments statt, sehr zur Freude von Pater Thomas Payappan, dem damaligen Ortspfarrer des Pfarrverbands Kutzenhausen. Hintergrund: Eine Orgelweihe ist im Normalfall nur Bischöfen vorbehalten.

    Günter Fischer zieht alle Register – und das daheim in seinem Wohnzimmer.
    Günter Fischer zieht alle Register – und das daheim in seinem Wohnzimmer. Foto: Marcus Merk

    Als Kirchenorganist begann Günter Fischer übrigens 1974 auf Bitten des Agawanger Ortspfarrers. Heute, mit 78 Jahren, hilft er beim Spiel aber nur noch aus, das aber gleich in sieben Pfarrgemeinden im Umkreis. Noch immer reißt er als Spieler und Sänger die Kirchenbesucher zum Singen mit. Hat das allein mit seiner Liebe zur Musik zu tun? „Nein“, meint er. Er sieht sich auch als religiösen Menschen. „Der Sonntagsgottesdienst gehört einfach dazu.“

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