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Herbertshofen: 70 und kein bisschen müde: Jakob Berger ist Landarzt aus Leidenschaft

Herbertshofen

70 und kein bisschen müde: Jakob Berger ist Landarzt aus Leidenschaft

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    Nachfolge gesichert: Sohn Johannes ist seit 2017 mit in der Praxis in Herbertshofen.
    Nachfolge gesichert: Sohn Johannes ist seit 2017 mit in der Praxis in Herbertshofen. Foto: Diana Zapf-Deniz

    Dr. Jakob Berger ist ein echter Landarzt im kleinen schwäbischen Pfarrdorf Herbertshofen mit 2379 Einwohnern (Stand Dezember 2019). Vor 38 Jahren hat er sich im Meitinger Ortsteil niedergelassen und es nie bereut: „Mir macht jeder Tag Spaß, hier zu sein“, erzählt der Allgemeinmediziner, der diese Woche seinen 70. Geburtstag feierte und als Bezirksvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes für eine Zunft spricht, deren Nachwuchssorgen seit Jahren viel diskutiert werden. Berger selbst verschwendet ans Aufhören keinen Gedanken, und für seine Nachfolge hat er längst gesorgt.

    Die Praxis liegt idyllisch im Ortskern neben dem Pfarrheim. Das Wartezimmer – abgetrennt durch eine Glaswand – ist eine gemütliche Stube mit großem Holztisch und Eckbank. Kein Fernseher darin. Berger zeigt auf das großflächige bunte Glasmosaik: „Sie sehen hier alle Lebensstationen, von der Geburt bis zum Tod. Das hat der Künstler und Professor Hans Malzer aus Adelsried gemacht.“

    Bergers Praxis in Meitingen ist passend dekoriert

    Berger und Malzer hatten die Motive bewusst und passend für die Landarzttätigkeit gewählt. „Es kann jeder kommen. Ich habe keine Bestellpraxis. Wenn ein Patient ein Problem hat, soll er kommen“, lautet Bergers Philosophie. Einen Aufnahmestopp würde er nie machen.

    2017 kam sein Sohn Dr. Johannes Berger mit in die Praxis. „Wir ergänzen uns sehr gut und ich gehe oft mit einem Befund zu meinem Sohn, da er oft neuere Erkenntnisse hat“, erzählt Berger. Dieser Austausch sei sehr wichtig. Zudem könne er sich gut mal einen Tag freinehmen, ohne dass die Praxis stillsteht.

    Mit Nachdruck setzte sich Berger für den Lehrstuhl Allgemeinmedizin in Augsburg mit ein, der für 2019 zugesagt wurde und, so Berger, hoffentlich heuer endlich kommt. Er hofft, dass von den rund 250 abgehenden Studenten, die pro Jahr an der Uniklinik fertig werden, viele in der Region bleiben. „Schwaben ist eine gute Region, um sich niederzulassen. Noch gehört sie zu den bestversorgten ländlichen Regionen die Arztdichte betreffend“, berichtet der Hausärztesprecher (siehe auch unten stehender Artikel).

    Jakob Berger warnt: Ein Drittel der Ärzte im Augsburger Land wird in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen

    Doch das wird nicht so bleiben, weiß Berger: „Wir werden die nächsten Jahre eine Talsohle durchschreiten, da rund ein Drittel der Ärzte in Pension gehen wird. Mittelfristig sieht es wieder besser aus, weil Nachwuchs kommt.“ Man müsse sich frühzeitig mit den Studenten in Verbindung setzen und sie für das Berufsbild begeistern, so sein Ratschlag.

    Der Landarzt mag im Fernsehen einen guten Ruf haben, doch so romantisch sei die Wirklichkeit nicht, auch wenn manches besser wurde. „Es ist leichter geworden, weil wir deutlich bessere Medikamente als früher zur Verfügung haben und somit weniger nächtliche Notfallpatienten. Der Bereitschaftsdienst und die Untersuchungsmethoden haben sich verbessert, und als Hausarzt hat man durchaus die Möglichkeit, ein fast normales Familienleben zu führen“, sagt Berger.

    Berger: Hausbesuche sind wichtig, aber ein Verlustgeschäft. Geld ist für den Meitinger aber nicht das Wichtigste.

    Eines sei aber gleich geblieben: „Hausbesuche sind wichtig, um Hintergründe zu kennen. Sie sind zeitaufwendig und mies bezahlt. Ein Verlustgeschäft wirtschaftlich, medizinisch jedoch äußerst wertvoll“, berichtet der Jubilar. Man lerne Lebenssituationen und Lebensverhältnisse kennen. „Da sieht man schimmeliges Essen genauso wie Windelkübel von inkontinenten Patienten, die sich nicht trauen, darüber zu sprechen, oder erkennt Stolperfallen und kann dann beraten und ganz anders helfen.“ Bei den Hausbesuchen bekomme man Erkenntnisse, die man nie in der Sprechstunde erfahren würde. Bergers Fazit: „Als Landarzt kennt man sein Dorf und die Menschen.“ Zwischen fünf und zehn Hausbesuche mache er täglich, zu Grippezeiten mehr.

    Berger liebt seinen Beruf. Er macht ihn aus Überzeugung und Leidenschaft. „Ich würde ihn jederzeit wieder wählen, und das höre ich von vielen meiner Kollegen, die fernab der Altersgrenze praktizieren“, schwärmt er. Auf das Finanzielle angesprochen sagt Berger schmunzelnd: „Es ist noch kein Doktor verhungert, aber wir sind immer die rote Laterne.“

    Selbst war er noch keinen Tag in seinem Berufsleben krank. „Als Kind hatte ich mal die Masern“, fällt ihm noch ein. Fit hält er sich mit täglichen Kneippgüssen und dem frischen Essen seiner Frau.

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