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Wegen Streichung von Fördergeldern: Ist der Freiwilligendienst in Gefahr?
![Im Pflegeheim helfen oder Kinder betreuen sind die Klassiker im Freiwilligen Sozialen Jahr. Im Pflegeheim helfen oder Kinder betreuen sind die Klassiker im Freiwilligen Sozialen Jahr.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674498059-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Bald könnte jede vierte Stelle für das Freiwillige Soziale Jahr wegfallen. Viele Einrichtungen schlagen Alarm. Was das für den Landkreis Augsburg bedeutet.
Vom Umweltzentrum Diedorf aus werden Rasenareale gemäht, Bäume geschnitten, Beratungen im Wertstoffhof durchgeführt und sogar Biber-Kontrollgänge in Angriff genommen. Beim TSV Schwabmünchen kümmert man sich um die Kinder im Waldkindergarten oder die fachkundige Begleitung verschiedener Sportarten wie Handball. Was all diese engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemeinsam haben: Es sind allesamt wertvolle junge Menschen, die nach der Schule ein Freiwilliges Soziales Jahr oder Ökologisches Jahr absolvieren.
Kritik an Plänen der Bundesregierung
Doch nun schlägt das christlich geprägte Dominikus-Ringeisen-Werk (DRW) in Ursberg Alarm: Wie die Menschenhilfsorganisation berichtet, sei für das Jahr 2024 eine Kürzung der Bundesfördermittel für solche „Freiwilligenjahre“ in Höhe von 78 Millionen Euro angekündigt worden – was letztendlich ganze 25 Prozent der bisherigen Mittel ausmachen würde. Mit anderen Worten: Im kommenden Jahr würde damit jeder vierte Platz in einem solchen Freiwilligendienst ersatzlos wegfallen müssen. Grund genug für das DRW, einen nachdrücklichen Protestbrief an die Regierung zu verfassen. Die Empfänger der Beschwerde: Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz (GRÜNE) sowie Alexander Engelhard (CSU), der im Wahlkreis Neu-Ulm beheimatet ist. „Die Mittelkürzung ist das absolut falsche Signal an eine gesellschaftliche Gruppe, die bereit ist, sich sozial zu engagieren“, sagt DRW-Vorstandsvorsitzender Martin Riß mit deutlichen Worten an die Politiker.
Diese Folgen hätte die Kürzung der Fördergelder
Würden die Kürzungen wie beabsichtigt umgesetzt werden, fielen ihm zufolge landesweit bereits im nächsten Jahr bis zu 1.000, bundesweit sogar bis zu 25.000 Plätze weg. „Die Mittelkürzungen sind völlig unverständlich vor dem Hintergrund der immensen Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft steht und auch angesichts der Diskussionen um einen Pflichtdienst. Denn Freiwilligendienste leisten durch Demokratiebildung und gelebte Inklusion einen unschätzbaren Beitrag gegen Ausgrenzung“, so Riß weiter.
Doch was würde dies nun für die zukünftige Freiwilligen-Arbeit im Augsburger Landkreis bedeuten? Auch in Stadtbergen hatte man sich solchen Fragen gestellt und der dortige Zweite Bürgermeister Michael Smischek (CSU) hat eine ganz klare Meinung dazu: „Die Kräfte im Freiwilligen Sozialen Jahr übernehmen sehr wichtige Aufgaben im Bereich der städtischen Kinder- und Jugendpflege. Sie unterstützen die Städte und Gemeinden bei sozialen Aufgaben, der Kinderbetreuung in städtischen Einrichtungen, insbesondere der Schulkinderbetreuung und anderen Betreuungsformen, zum Beispiel in der offenen Jugendarbeit. Eine Übernahme der Tätigkeiten ausschließlich durch zusätzliches sozialpädagogisches Fachpersonal ist für uns nicht finanzierbar. Daneben bietet gerade dieses freiwillige Jahr die Möglichkeit, Berufsbilder im sozialpädagogischen Sektor an die Dienstleistenden zu vermitteln und deren spätere Berufswahl zu unterstützen.“
Vor allem Betreuungsangebote wären in Gefahr
Durch den Wegfall der Bundesfördermittel würden Smischek zufolge insbesondere Betreuungsangebote für die Freiwilligendienste nicht mehr durchführbar sein. „Gerade dieser Bereich wird bei den Fachstellen erheblich über Bundesmittel quer finanziert. Wenn solche Kürzungen erfolgen, wären weitere Kostensteigerungen im Personalsektor die Folge, da die Aufgaben von professionellen Kräften ausgeführt werden müssten.“
Beim TSV Schwabmünchen, dem größten Verein der Stadt, sieht man die geplanten Kürzungen ebenfalls kritisch. Filip Hiemer, zuständig für den Freiwilligendienst im Verein, findet, dass an der falschen Stelle gespart werde. Die Freiwilligen des TSV kommen nicht nur dem Verein zugute, sondern auch Schulen und Kindergärten. In früheren Jahren wurden zum Beispiel am Vormittag Grundschulkinder in der Mittagsbetreuung beaufsichtigt und mittlerweile helfen die jungen Menschen im neuen städtischen Waldkindergarten mit. Ein Wegfall durch die Mittelkürzungen hätte also negative Folgen. "Und die sozialen Einrichtungen würde es noch viel schlimmer treffen als die Sportvereine", so Hiemer.
DRW-Vorstandsvorsitzender Martin Riß sendet eine deutliche Ansage an die von ihm kontaktierten politischen Entscheidungsträger: „Bitte setzen Sie sich dafür ein, dass auch zukünftig engagierte junge Menschen einen Freiwilligendienst machen können!“ (mit cako)
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