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500 Jahre Reinheitsgebot: Ein Bier allein hilft dem Brauer wenig

500 Jahre Reinheitsgebot

Ein Bier allein hilft dem Brauer wenig

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    28000 Flaschen können in der Stunde bei Schwarzbräu befüllt werden.
    28000 Flaschen können in der Stunde bei Schwarzbräu befüllt werden. Foto: Fotos: Marcus Merk

    Wer alle Biersorten aus dem Augsburger Land probieren will, der hat zu tun: An die 80 verschiedene Biere werden hier gebraut – vielleicht sind es inzwischen auch ein paar mehr. Denn im 500. Jahr des Reinheitsgebotes gilt mehr denn je: Der Kunde wünscht die Vielfalt.

    Helles, Pils und Weizen allein nähren deshalb die größeren Brauereien im Augsburger Land schon lange nicht mehr. Spezialbiere, alkoholfreier Gerstensaft, Limo und Wasser runden die Palette ab.

    Bayerische Brauer hätten traditionell ein breites Angebot an Getränken, sagt der Zusmarshauser Brauereichef Leopold Schwarz. Und darum darf es auch mal eine Limo mit Ananas-Geschmack sein. Doch dazu später. Zuerst zum Bier und den nüchternen Fakten rund um den Gerstensaft.

    Der ging schon mal besser. Aber immerhin: Gemessen am Pro-Kopf-Verbrauch sind die Deutschen Vize-Europameister. Nur die Tschechen trinken noch mehr Bier. Bei umgerechnet 105,9 Litern pro Kopf lag 2015 der Bierverbrauch zwischen Flensburg und Garmisch. Wobei in Bayern schon kräftiger eingeschenkt wird. Im Freistaat leben rund 16 Prozent der deutschen Bevölkerung. Gleichzeitig werden dort rund 24 Prozent des deutschlandweiten Bier-Absatzes erzielt. Übrigens: Der Pro-Kopf-Bierverbrauch geht seit 1980 zurück. Damals waren es es noch mehr als 145 Liter. Die oben zitierten Zahlen stammen vom Deutschen Brauer-Bund.

    Immer mehr Biersorten sollen die Verbraucher bei der Stange halten. Alkoholfreie Biere und regionale Spezialitäten gehören zu den heutigen Erfolgsgaranten des Produkts Bier, sagt der Brauerbund. Hinzu kommt der Trend zu den so genannten Craft-Bieren. Auch hiesige Brauer haben diese hochwertigen Biere mit besonderen Aromen inzwischen im Angebot, die im Gegensatz zu den Alkoholfreien ordentlich Prozente haben. Der Zusmarshauser Schwarz erklärt sich diese gegenläufigen Trends so: „Die Deutschen trinken zwar in Summe immer weniger Bier, jedoch tun sie dies immer bewusster.“

    Ortstermin bei Schwarzbräu in Zusmarshausen: Es ist Juni und im Sudhaus herrscht eine ordentliche Hitze. Versammelt haben sich Brauereichefs aus der Region und Tourismusexperten. Der Landrat ist auch gekommen. Anlass ist die Vorstellung der „Probiertouren“. Das ist ein Prospekt, der Wandwege rund um Brauereien aus dem Augsburger Land vorgestellt werden. Einige bieten auch Brauereiführungen an.

    Bei ihm im Haus sei das Interesse an diesen Führungen deutlich angestiegen, sagt der Zusmarshauser Schwarz: „Vielen Menschen ist das Thema Lebensmittel unheimlich wichtig.“ Und der Brauereichef ist nach eigenem Eingeständnis „ein glücklicher Mensch“, wenn es ihm gelingt, den Besuchern „das Geheimnis der Bierkunst“ verständlich zu machen.

    An diesem Tag im Juni, wo etliche Experten unter den Gästen sind, ist allerdings etwas andere interessanter. 28000 Flaschen in der Stunde können in Zusmarshausen abgefüllt werden, in der kleinen Hausbrauerei in Adelsried sind es 100, erzählt der Bonstetter Brauer Reinhard Schaller. Und der Walkertshofener Franz Schorer, Inhaber, Chef und einziger Beschäftigter des Brauhauses in dem kleinen Staudenort, erklärt angesichts der Ausstoßes der Zusmarshauser: „Was die an einem Tag herstellen, ist bei mit der Jahresausstoß.“

    Brauereien wie Schwarzbräu oder Usterbacher mögen im regionalen Vergleich groß sein - im deutschlandweiten sind die Mittelständler klein. Vier Brau-Konzerne decken m Land etwa 80 Prozent des Bierbedarfs. Was bei ihm in Zusmarshausen in einem ganzen Jahr gebraut werde, das werde in einer der großen Münchner Brauereien binnen einer Woche abgefüllt, sagt Schwarz.

    Er führt Schwarzbräu seit 1992 und seitdem seien schon ein paar Bier- und Getränkesorten im Sortiment hinzugekommen. Auch wenn der größte Kassenschlager immer noch ein Export ist, dessen Rezeptur seit Jahrzehnten unverändert ist, der Zwang zur Innovation ist da. In den vergangenen Jahren brachten die Zusmarshauser ein Craft-Bier auf den Markt, einen alkoholfreien Russ und ein alkoholfreies Weizen, das auf den Namen „Nullinger“ hört.

    Bei diesem Weißbier hätten Kundenwünsche den Ausschlag zur Entwicklung gegeben, erzählt Schwarz. Bis das erste neue Bier fertig ist, dauert es freilich ein bisschen. Der Brauereichef beschreibt die Entstehung eines neuen Bieres als Teamarbeit und sagt: „Wer die Idee hat, ist eigentlich egal.“ Der erste Schluck eines neuen Gebräus gebührt dem Chef. Doch der ist sich ziemlich sicher, dass seine Braumeister schon mal vorher heimlich probieren. Im Falle des alkoholfreien Weizens durfte auch eine ausgewählte Gruppe von externen Test-Trinkern vorher kosten, ehe sich die

    Doch ein Bier allein hilft wenig. Name, Etikett, Werbung sind weitere wichtige Schlagworte. Obwohl sich hiesige Brauer nicht mit den großen „Fernsehbieren“ und ihren Erzeugern vergleichen können, die bundesweit zu besten Sendezeit im TV werben, auch sie trommeln nach Kräften für ihre Produkte, um neben den großen Konkurrenten noch wahrgenommen zu werden. Schwarz: „Werbung ist teuer. Keine Werbung ist teurer. Dieser Leitspruch ergibt immer noch Sinn.“

    Hiesige Brauer werben vor allem mit Begriffen wie „Regionalität“ „Qualität“ und natürlich „Tradition“. Am Ende aber, davon ist Schwarz überzeugt, zählt nur der Geschmack. „Die Kunden lassen sich nichts unterjubeln.“ In seinem Hause habe man es beispielsweise mal mit einer Ananas-Limonade versucht, die aber einfach nicht ankam. Das Getränk verschwand vom Markt und seine Erfinder waren um eine Erfahrung reicher.

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