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100. Geburtstag von Marie Drachsler aus Thierhaupten.

Thierhaupten

Zum 100. Geburtstag gibt‘s einen Internetanschluss

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    Marie Drachsler aus Thierhaupten feiert am Dienstag, 23. Juli 2024, ihren hundertsten Geburtstag und möchte noch ein bisschen länger auf dieser schönen Welt bleiben.
    Marie Drachsler aus Thierhaupten feiert am Dienstag, 23. Juli 2024, ihren hundertsten Geburtstag und möchte noch ein bisschen länger auf dieser schönen Welt bleiben. Foto: Claus Braun

    Auf ein ganzes Jahrhundert „Leben“ blickt Marie Drachsler aus Thierhaupten am Dienstag, 23. Juli, zurück. Dies tut sie im Kreis ihrer Familie in „Klein Bonn“, wo an historischer Stätte nahe dem Klostermühlenmuseum in früheren Zeiten bei Stammtischen oftmals über die große und kleine Politik gestritten wurde.

    Marie Drachsler wurde am 23. Juli 1924 in Trossau (Egerland) geboren, wuchs dort im heutigen Tschechien in bescheidenen Verhältnissen auf und verbrachte dort ihre Jugendzeit. Auf eine ungewisse Reise begab sich die junge Marie mit ihren Eltern und ihrer zwei Jahre älteren Schwester Anna am 2. Juli 1946. Frühmorgens um fünf Uhr wurden die Deutschen aus ihren Häusern geworfen und das spärliche Gepäck auf zwei Lastwagen aufgeladen. Alle Hoftiere, Ochsen, Kühe, Gänse und Hühner, wurden zusammengetrieben und den Besitzern abgenommen. Nach acht Tagen in einem Lager ging es von Tepl aus in einem mit 30 Personen beladenen Viehwagen nach Augsburg.

    „Du darfst halt vorher nicht sterben.“

    Marie Drachsler, gefragt nach dem Geheimrezept fürs Älterwerden

    Seit 1969 lebt Marie Drachsler in Thierhaupten in einem kleinen Häuschen mit Garten. Dieser diente ihr lange als Anbaufläche für verschiedenes Gemüse und Obst. Vielleicht ein Garant fürs Altwerden, dass sie seit Lebzeiten immer viel Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten gegessen hat. Nach dem „Geheimrezept“ für ein langes Leben gefragt, fällt ihr spontan spitzbübisch ein: „Gibt es dafür überhaupt ein Geheimrezept? Du darfst halt vorher nicht sterben! Ich habe mein Leben lang nicht geraucht und nicht gesoffen,“ fügt sie mit einem breiten Lachen weiter an.

    Adoptivtochter Claudia Drachsler-Praßler, die das Klostermühlenmuseum in Thierhaupten leitet, ist überzeugt, dass auch Bewegung ein wesentlicher Faktor ist. „Meine Mutter ist zeitlebens alles zu Fuß gegangen und hat bis dato noch eine bewundernswerte Kondition!“ Marie Drachsler ergänzt: „Ich kann weder Auto noch Fahrrad fahren, was blieb mir da übrig?“ Sie erinnert sich noch, dass sie einmal den Wunsch eines Fahrrad-Kaufs geäußert hat und ihr Vater darauf sagte: „Ihr habt`s junge Füaß, laufts!“

    Im Mai zog die Jubilarin nach Meitingen um für 19 Tage

    Immer wieder betont die Jubilarin, dass sie sehr zufrieden ist, so wie es ihr derzeit geht und wie schön die Welt doch ist! „Mir tut nix weh, ich habe jeden Tag zu essen und ich kann so gut schlafen, dass mir die Nächte fast zu kurz sind.“ Dennoch kennt Marie Drachsler schon auch die Schattenseiten des Älterwerdens. Häufiger stürzt sie und sie stellt sich dann immer die Frage: „Liegt‘s am Hirn oder ist mein Körper langsam zu schwach?“

    Dies war auch der Grund, warum sie sich aus eigenen Stücken entschied, im Mai dieses Jahres ins Pflegeheim nach Meitingen zu ziehen. Doch dort gefiel es ihr überhaupt nicht. „Da waren nur alte Leut“, sagt sie und grinst. Im Johannesheim hat sie ihre Schwerhörigkeit erst so richtig wahrgenommen, weil sie bei den Gesprächen oftmals nicht alles richtig verstanden hatte. Außerdem hat sie weder Beschäftigung noch Bewegung. Da dachte sie sich, „da bleibst du nicht“ und zog nach 19 Tagen in Meitingen wieder zurück nach Hause.

    Zum 100. Geburtstag gibt es endlich einen Internetanschluss

    Nach diesem bewussten Schritt, der nach reiflicher Überlegung erfolgt ist, ist sie nun froh, wieder in Thierhaupten zu sein. Dort richtet sie selbst ihr Frühstück und auch die Brotzeit. Nur das Mittagessen wird geliefert. Sie wäscht selbst noch ihre Kleidung und bügelt. In ihrem Häuschen seien die Wege selbst in den Keller kurz. Dabei lässt sich Drachsler bei der Hausarbeit viel Zeit, macht bewusst Pausen und setzt sich im Garten auf ihre Lieblingsbank. „Mir pressiert es nicht mehr.“

    Gerne geht sie mit dem Rollator noch auf den nahegelegenen Friedhof und besucht das Grab ihres Mannes. Täglich liest sie ihre Augsburger Allgemeine, wenn auch vom Vortag. Denn die bringt ihr die Nachbarin Monika Pröll vorbei. Tochter Claudia schaut mit Ehemann Josef und Tochter Tatjana regelmäßig rein. Diese Fürsorge wird künftig noch einfacher, da am Tag nach dem Hundertsten der Internetanschluss für das Eigenheim der Jubilarin freigeschaltet wird. Dann kann Tochter Claudia mehr Homeoffice-Tage bei ihrer Mutter verbringen.

    Marie Drachslers hohes Alter liegt vielleicht auch in den Genen. Der Vater wurde 83, die Mutter, 89, ein Cousin soll 103 Jahre alt sein. Alle zwei Monate bekommt sie per Post den „Heimatbrief“, ein kleines Magazin, das sich als „Brücke zur Heimat und zu den Landsleuten“ versteht. Dort stehen viele Geschichten und Berichte aus ihren Heimatbezirk Tepl-Petschau und auch Geburtstagsanzeigen. Daher weiß sie, dass sie jetzt die Älteste unter ihren früheren Schulkameraden und Weggefährten ist. Und dies möchte sie noch lange bleiben und sagt voller Überzeugung: „Ich fühl‘ mich so gut, ich glaub‘, ich bleib noch länger.“

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