Kein Dach über dem Kopf zu haben, vor allem bei den derzeitigen Temperaturen, ist wohl eines der schlimmsten Szenarien. Sowohl in Schondorf als auch in Utting und Dießen ist man dafür gerüstet, obdachlose Einzelpersonen und Familien unterzubringen. Dazu sind die Gemeinden verpflichtet. Die Rechtsgrundlage dazu ist eindeutig: Für die Unterbringung Obdachloser ist diejenige Gemeinde zuständig, in der die Betroffenen aktuell obdachlos sind. Maßgeblich ist daher nicht, ob die Personen bereits in den Gemeinden gemeldet sind – wobei dies zumeist der Fall ist, wie die drei Ammersee-Gemeinden bestätigen. Die Gründe für Obdachlosigkeit sind vielfältig: „Die häufigsten Gründe sind Wohnungskündigungen und im weiteren Verlauf Räumungsklagen, verbunden mit finanzieller Not oder sogar dem Abrutschen in Suchtprobleme“, teilt die Pressesprecherin der Gemeinde Dießen, Petra Freund, mit. Viele Betroffenen hätten Ansprüche auf Sozialleistungen, die sie jedoch nicht geltend machen, da sie mit der Bürokratie nicht zu Recht kommen. Auch Überforderung aufgrund psychischer Probleme oder von Sprachbarrieren können das Abrutschen in die Obdachlosigkeit beschleunigen.
In Schondorf stand die Zwangsräumung eines 90-Jährigen bevor
In Schondorf ist Anne Pfefferkorn, Referentin für Soziales und Integration, zuständig. Dass in Schondorf derzeit niemand obdachlos ist, liegt auch daran, dass sie sich frühzeitig um die drohenden Fälle kümmert. Zum Beispiel, wenn bekannt wird, dass alle Mieter von Mehrfamilienhäusern gekündigt wurden, wie es bereits mehrfach der Fall war – und auch derzeit stehe wieder der Abriss eines Sechsparteienhauses im Raum, so Pfefferkorn. Sobald sie von solchen Fällen Kenntnis bekommt, unterstützt sie bei der Wohnungssuche. Eigenbedarfskündigungen, auch von Senioren, kommen häufig vor; so stand in Schondorf gar schon die Zwangsräumung eines 90-Jährigen bevor. Die alten Menschen, teilweise in schlechtem gesundheitlichem Zustand oder dement, sind mit der Situation heillos überfordert. Pfefferkorn kümmert sich dann um eine passende Unterbringung, beispielsweise in einem Pflegeheim.
Als weiteren Grund für Obdachlosigkeit nennt die Referentin häusliche Gewalt, aufgrund der die Familie spontan getrennt werden muss. Für Obdachlose stellt Schondorf eine der rund 60 Gemeindewohnungen zur Verfügung. „Seit 2017 wurden in Schondorf acht Obdachlose untergebracht“, so Pfefferkorn. Viele Menschen melden sich bereits im Vorfeld bei ihr, spätestens, wenn sie eine Zwangsvollstreckung erhalten. Manchmal erhält sie aber auch Hinweise aus der Bevölkerung, gerade auch bei Sucht- oder psychisch kranken Menschen, denen sie dann bei der Suche nach einem Therapieplatz oder einer betreuten Wohnform hilft. „Wir kümmern uns um jeden Fall und lassen niemand auf der Straße stehen“, versichert Anne Pfefferkorn. So konnte auch für inzwischen 100 Geflüchtete Wohnraum gefunden und sogar Familiennachzug ermöglicht werden.
Olof, der wohl bekannteste Obdachlose am Ammersee wohnt lieber im Wald
Einen Sonderfall gibt es jedoch in Schondorf: Olof. Der wohl bekannteste Obdachlose am Ammersee wohnt lieber im Wald. Da er ein Schweigegelübde abgelegt hat, verläuft die Kommunikation über Zettel. „Er weiß, dass er sich immer melden kann, wenn es ihm im Wald zu kalt wird“, sagt Pfefferkorn.
In Utting ist die Zahl der Obdachlosen mit sieben Erwachsenen und vier Kindern derzeit hoch. Sie sind in mehreren Wohnungen in einem der älteren Gemeindehäuser untergebracht. Eigenbedarfskündigungen sind auch in Utting ein häufiger Grund für Obdachlosigkeit. Nicht immer werden von Obdachlosigkeit bedrohte Personen selbst bei der Gemeinde Utting vorstellig: „Manchmal sind es auch der Gerichtsvollzieher, das Casemanagement der Herzogsägmühle oder ehrenamtliche Helfer“, sagt Matthias Graf von der Gemeindeverwaltung.
Eine Unterbringung ist stets befristet, die Betroffenen müssen nachweisen, dass sie sich um eine Wohnung bemühen. Auch ist der Wohnraum nicht kostenlos; es wird die übliche Miete verlangt. „Bei einer Neueinweisung vereinbaren wir die Barzahlung der Unterbringungskosten in der Gemeinde. So können und möchten wir den regelmäßigen Dialog mit den Menschen sicherstellen, auch, um aufkommende Schwierigkeiten und Probleme früh zu erkennen und gegenzusteuern“, sagt Graf.
Auch Dießen stellt für Fälle von Obdachlosigkeit gemeindlichen Wohnraum zur Verfügung. Derzeit sei eine Person in der Notunterkunft untergebracht, im vergangenen Jahr waren es drei, informiert Petra Freund. „Generell stehen drei Zimmer mit je zwei Betten sowie Küche und Bad zur gemeinschaftlichen Benutzung zur Verfügung. Die Unterbringung ist im Allgemeinen auf drei, maximal sechs Monate befristet.“ Monatlich wird eine Nutzungsgebühr von 620 Euro fällig, die entweder die Betroffenen selbst zahlen müssen oder Jobcenter beziehungsweise Sozialamt springen ein.
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