„Ich höre ihnen so gerne zu“, sagt eine Kundin zu Rudolfine Schroeren, während die beiden sich darüber unterhalten, in welcher Zeitschrift wohl die schönsten Adventsdekorationen und die besten Weihnachtsrezepte enthalten sein könnten. „Ihr Wiener Dialekt ist einfach so schön“, schwärmt sie weiter. Den Dialekt hat Rudolfine Schroeren, die in Wien geboren und 1968 an den Ammersee gekommen ist, bis heute nicht abgelegt. Und bis heute ist der Besuch in der Heimat bei ihrer Familie für sie Erholung pur. „Mehr brauche ich aber auch nicht“, sagt die Inhaberin des Schreibwarenladens Schroeren in der Uttinger Bahnhofstraße. „Mein Laden ist mein Wohnzimmer und meine Arbeit mein Leben.“
Am 2. November 1974 schloss Rudolfine Schroeren erstmals die Tür ihres Schreibwarenladens auf. Seither sei kein Tag vergangen, an dem sie nicht mit Freude ihre Kundschaft begrüßt und bedient habe, sagt sie beim Besuch unserer Redaktion in Utting. „Wissen Sie, wenn das, was man jeden Tag tut, Spaß macht, dann ist das keine Arbeit.“ Und weil sie ihr tägliches Tun so empfindet, braucht sie auch keine großen Urlaubsreisen um sich zu erholen. „Wenn ich am Wochenende die Familie besucht habe, freue ich mich jedesmal sehr, am Montagmorgen mein kleines Geschäft wieder öffnen zu dürfen.“
Als Rudolfine Schroeren 1968 aus der österreichischen Landeshauptstadt nach Inning kam und in München in einem Schuhgeschäft arbeitete, hatte sie, wie sie schmunzelnd erzählt, „überhaupt keine Ahnung wo Utting ist“. Dass sie am Ammersee-Westufer dann ihren Lebensmittelpunkt fand, sei einer Zeitungsannonce vor über 50 Jahren zu verdanken. Gesucht wurde jemand, der in der Uttinger Bahnhofstraße ein Ladengeschäft übernehmen wolle. „Das war ein Malergeschäft, in dem auch ein bisschen Schreibwaren verkauft wurden“, erinnert sich Schroeren zurück.
Schnell sei ihr klar geworden, dass die Selbstständigkeit mit einem Schreibwarenladen das sei, was ihr Leben künftig bestimmen sollte. „Ich habe alles umgebaut, die Schaufenster dekoriert und mich jeden Tag darauf gefreut, die Tür aufzusperren.“ Vieles, was Rudolfine Schroeren am Anfang in ihr kleines Ladengeschäft eingebaut hat, ist heute noch darin zu sehen. Unter anderem die Regale an den Wänden und so manches Werbeplakat. Genau das aber macht den Charme des Ladens aus, in dem mittlerweile auch die Kinder und Enkelkinder ihrer ersten Uttinger Kundinnen und Kunden einkaufen.
Zwei Jahre nach der Eröffnung von Schreibwaren Schroeren kam eine Lotto-Annahmestelle dazu. „Seither habe ich schon sechs verschiedene Lottoannahme-Kassen hier betrieben. Jedesmal lerne ich dabei etwas Neues“, sagt sie. In ihrem Lotto-Kundenkreis habe es schon einen Bayern-Millionen-Gewinner gegeben. Einem anderen Kunden war das Glück mit einem Bayernlos hold, das ihm 10.000 Euro einbrachte und „mit dem letzten Ruckzuck-Los, das in der Box war und einen Euro kostete, hat ein Kunde auch 10.000 Euro gewonnen“, freut sie sich. Wer die glücklichen Gewinner seien, das erfahre sie nicht, sagt Schroeren.
Zurückblickend auf die vergangenen 50 Jahre empfinde sie die Zeit seit der Coronapandemie als die der größten Veränderungen in ihrem Geschäftsleben. „Es ist etwas herausfordernder geworden, so viele Kunden wie zuvor kommen nicht mehr in den Laden.“ Das läge unter anderem auch daran, dass viele Dinge im Internet gekauft würden.
Und so bleibt der Laden in dem gelben Haus in der Bahnhofstraße 15 in Utting prägendes Bild einer einst belebten Einkaufsstraße im Ort. „Früher war das hier eine richtige Einkaufs- und Flaniermeile“, erinnert sich Schroeren. „Jetzt ist außer der Apotheke, dem Spielwarenladen und meinem Geschäft eigentlich nichts mehr da.“ Aufhören wolle sie aber noch lange nicht. „Mir macht es Spaß und solange das so ist und meine Gesundheit mitmacht, mache ich weiter“, ist ihre Antwort, wenn sie gefragt wird, wie lange es den Schreibwarenladen Schroeren in Utting denn noch gebe.
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