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Utting: Hat der Goggolore aus der Anderswelt Beifall für die Seebühne Utting geschickt?

Utting

Hat der Goggolore aus der Anderswelt Beifall für die Seebühne Utting geschickt?

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    Humoristischer Höhepunkt der diesjährigen Seebühne Utting: zwei fensterlnde Burschen bei der Zeipoth.
    Humoristischer Höhepunkt der diesjährigen Seebühne Utting: zwei fensterlnde Burschen bei der Zeipoth. Foto: Thorsten Jordan

    Los geht’s in einem bayerischen Ort, in dem alles noch den gewohnten Gang geht: Die Blasmusik spielt aus dem Orchestergraben – ja, diesen gibt’s tatsächlich – und die Dorfbewohner finden sich zum Tanz. Fesch schaut das aus, aber zugleich recht streng: Alle Frauen tragen Schwarz, und die Bewegungen erinnern an Renaissance-Tänze. So subtil wird der Hinweis auf eine vergangene Zeit gesetzt, denn die „Goggolore-Gschichtln“ tauchen rund um den 30-jährigen Krieg auf, und dies mit besonderer Vehemenz im Windachtal. Notwendig braucht’s dieses Wissen freilich nicht. Das Beziehungsgefüge ergibt sich ganz allein schon aus dem umwerfend inspirierten Spiel der Weberstochter Zeipoth (Afra Walecki). Halb noch pubertierend-trotzig, halb schon attraktive junge Frau, will sie sich dem strengen Dorfreglement nicht fügen. Als sie im Wald den grantigen Goggolore aufscheucht, ist ihre Neugier geweckt und sie bringt das zottelige Wesen nach Hause.

    Zeiboth (Afra Walecki) und zwei Fensterer auf der Seebühne in Utting.
    Zeiboth (Afra Walecki) und zwei Fensterer auf der Seebühne in Utting. Foto: Thorsten Jordan

    Herrlich derbe, schimpfwortsatte Bissigkeiten prägen die erste Spielstunde: Zeipoth will den Kobold behalten, die Webers-Mama (kraftvoll zeternd: Karin Borkholder) will das „Unziefer“ loswerden. Bald protestiert auch das Dorf gegen den unwillkommenen Neubewohner. Kurios: Sowohl der unglaublich wortgewaltige Pfarrer (dynamisch eifernd: Michael Schulz) als auch die hexenkundige „Ullerin“ (schwäbisch giftig: Claudia Dzsida) finden sich, über ihre tiefe Abneigung hinweg, als Ghostbusters gegen das „Hutzelmanderl“ zusammen.

    Die Ammersee-Dämmerung zaubert Irrlichter in die Szenen auf der Seebühne Utting

    Spritzige Einfälle halten die Freude der Zuschauerinnen und Zuschauer hoch: Das gemeinsame Spinnen der Dorf-Frauen verwandelt sich vom gesitteten Abend in deftiges Chaos. Als zauberisches Element erscheinen in der ganz faktisch einsetzenden Ammersee-Dämmerung Irrlichter. Ganz nonchalant bleibt darob der „Abt von Dießen“ (Peter Noll). Humoristische Höhepunkte sind – mit Spezial-Effekt der Seebühne – ein Fensterln der Burschen bei der Zeipoth, und natürlich die Blasmusik, die sich mit kuriosen Takt-Hupfern (Musik: Michael Bauer) regelrecht über die Handlung lustig macht. Zunehmende Bewunderung erspielt sich die Pfarrersköchin Margaret, die – mit steten Blick auf finanzielle Vorteile – den Typus des gierigen Menschen verkörpert, dabei aber auch grundsympathisch bleibt: Bauernschläue, Entsetzen und Hysterie – Katja-Lisa Engel kann jede Emotion sprühend verkörpern.

    Das Dorf tanzt und das Publikum ist begeistert vom „Goggolore“ auf der Uttinger Seebühne.
    Das Dorf tanzt und das Publikum ist begeistert vom „Goggolore“ auf der Uttinger Seebühne. Foto: Thorsten Jordan

    Besonders arge Streiche spielt der Goggolore dem Pfarrhaus, gipfelnd in einem Höhepunkt an Spielkunst von Pfarrer und „Margaret“. Demgegenüber sind die – vorwiegend nur erzählten – Geschichten von den Bienen und den Birnen ein wenig langwierig, und sie könnten ein Durchhänger sein, würde Afra Walecki nicht den guten Zauber des Goggolore aus jedem ihrer Augenwinkel strahlen lassen: eine umwerfend intensive Mimik.

    Das Stück „Der Goggolore“ blinzelt kurz in die heutige Zeit

    Das Stück blinzelt kurz in die heutige Zeit, als der Bürgermeister (gebieterisch: Karl Wilhelm) und der Weber-Papa (geerdet: Gerhard Deininger) einen umweltfrevlerischen Deal aushecken. Anspielungen auf Naturschutz und Ablehnung des Fremden bringen versteckte aktuelle Bezüge, ohne sie je mahnend, lastend oder überhaupt klar erwähnt zu machen. Im Gegenteil ist der Schluss mit den 18 Darstellern – eine koboldgemäß verwirbelte Hochzeit – fast schon am Schwank gestrickt, aber warum nicht: Der erwartungsfrohe Bachelor „Lutz“ (Dominic Kolb) macht sein Schicksal zur großen Schau.

    Die spinnenden Weiber (von links) Mesnerin Janine Bucha), Weberin (Karin Borkholder), Margaret (Katja-Lisa Engel), Bürgermeisterin (Bettina Senger), Ullerin (Claudia Dzsida) und der Goggolore.
    Die spinnenden Weiber (von links) Mesnerin Janine Bucha), Weberin (Karin Borkholder), Margaret (Katja-Lisa Engel), Bürgermeisterin (Bettina Senger), Ullerin (Claudia Dzsida) und der Goggolore. Foto: Thorsten Jordan

    Der Goggolore (sprachlich gewitzt: Klaus Kohler) bleibt, und das ist gut so, auch in der Fassung von Florian Münzer undefiniert zwischen Robin Hood, Heinzelmännchen, Rumpelstilzchen und Pumuckl. Was er aber den anderen Gestalten voraushat, sind seine Bezüge zum Dorfleben, zur Gegend (Landsberg wird mehrfach genannt), und zur Natur. Angeblich konnte das Waldwesen sogar mit Mondlicht zaubern. Und wer am Premierenabend den riesenhaften roten Mond über dem See aufsteigen sah, dem lief ein Schauer über den Rücken – schien es doch so, als werde in Utting auch aus der Anderswelt ein unmissverständlicher Beifall gespendet.

    Die Seebühne Utting spielt noch bis 10. August

    Zu sehen ist „der Goggolore“ auf der Seebühne Utting noch bis einschließlich Samstag, 10. August, jeweils ab 20 Uhr (außer sonntags und montags); Tickets gibt es an der Abendkasse oder im Vorverkauf im Reisebüro Vivell, Landsberg oder auf www.seebuehne-utting.de, buchbar bis zu zwei Stunden vor Beginn. Spielabbruch erst nach 30 Minuten Regen, Rückerstattung nur vor Ort.

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