Wegen des ergiebigen Dauerregens baut Tobias Gall seine improvisierte Fahrrad-Reparaturwerkstatt– die Bike-Kitchen – in der Bahnhofshalle in Schondorf auf. Auf einem Biertisch liegt Werkzeug, dahinter thront ein Fahrrad auf einem Montageständer, bei dem Schaltzug und Bremszug ausgebessert werden müssen. Mit seinem Projekt Bike-Kitchen hilft der 36-Jährige dabei, Fahrräder fit für den Sommer zu machen.
Ähnlich wie bei einem Repair-Café steht auch hier die Nachhaltigkeit im Fokus. „Die alten Fahrräder, gerade die wirklich älteren, sind eigentlich so solide, so gut und fahren viel länger als es manche nutzen“, erklärt er. Deshalb sei es ihm ein Anliegen, dass man diese lieber repariere, als sich neue zu kaufen. Da aber nicht jeder das entsprechende Werkzeug oder Wissen besitzt, helfe er mit seiner Bike-Kitchen aus. Er beschreibt es als „Hilfe zur Selbsthilfe“. Dafür habe er in der Ringstraße auf einem Grundstück der Gemeinde Utting ein Häuschen, in dem er Geräte, Ersatzteile und reparaturbedürftige Fahrräder lagern kann.
Sein Wissen rund ums Fahrrad hat sich der Gymnasiallehrer selbst beigebracht. „Ich hab’ mir alles im Internet angelesen oder ausprobiert oder YouTube-Video angeschaut“, erzählt er. Schon vor acht Jahren brachte er sein Können in der Bike-Kitchen in Augsburg ein. Seit knapp drei Jahren ist er nun mit seinem eigenen Projekt in Schondorf aktiv und bietet an zwei Terminen im Jahr seine Hilfe an.
Um einen Verein zu gründen, braucht Tobias Gall noch Mitstreiter
„Meistens versuche ich den ersten Termin vor das erste Stadtradeln zu legen“, so Gall. Der Zweite findet dann im Sommer oder Herbst statt. Das genaue Datum könne man im Internet oder auf einem Aushang am Schondorfer Jugendhaus nachlesen. Langfristig plant er, die Bike-Kitchen einmal im Monat zu veranstalten, doch dafür fehle es aktuell noch an Unterstützung: „Meistens bin ich alleine. Und es sind zwei, drei Leute, die ab und zu mal spontan dabei sind.“ Um offiziell einen Verein zu gründen und ein regelmäßiges Angebot zu schaffen, bräuchte man aber dringend weitere Hobby-Schrauber und -Schrauberinnen.
Dass eine Nachfrage bestehe, sehe er daran, dass er gemeinsam mit seinen Helfern schon bis zu 30 Fahrräder pro Event instand gesetzt hat. Was repariert werden muss, unterscheidet sich von Fall zu Fall. „Manchmal brauchen die Reifen einfach nur Luft, manchmal muss die Kette geschmiert werden und bei anderen muss ein neuer Fahrradschlauch her", erzählt er. Neue Gangschaltungen abe er aber auch schon eingebaut. Dieser Service, den Tobias Gall in seiner Bike-Kitchen anbietet, funktioniert nur auf Spendenbasis.
Neben der Bike-Kitchen betreibt Tobias Gall noch ein weiteres Projekt. Er habe bisher rund 30 gespendete Fahrräder hergerichtet. Diese verkaufe er zu einem geringen Preis – zwischen 20 und 50 Euro – an Personen, die sich sonst kein Fahrrad leisten könnten. Besonders gefragt sein da vor allem funktionierende Damenfahrräder ohne Rücktrittbremse. „Es sind viele ukrainische Frauen, viele Flüchtlinge, die kommen mit dem Rücktritt nicht klar“, erklärt er das Phänomen. Und der tiefe Einstieg bei Damenrädern sei einfacher für die, die das Fahhradfahren erst lernen müssen. Wichtig sei es ihm, bedürftigen Menschen eine Fortbewegungsmöglichkeit zu geben.