Das Frauenbild ihrer Zeit erfüllte sie nicht, das wollte sie wohl auch nicht. Die von ihr erwartete Rolle der Ehefrau, Haushälterin, Ratgeberin und Muse lehnte sie ab. Denn sie wollte nur eines: malen. Dieser Leidenschaft opferte sie als junge Frau ihre Ehe und ein komfortables Dasein - um sich im späteren Leben genau dies zurückzuholen. Wer war diese Rebellin, die sich den Dogmen der Zeit widersetzte und trotz aller Widerstände zum Pinsel griff?
Am 22. September 1893 als Johanna Susanna Vogel in München geboren, wuchs sie als Tochter eines Hofsängers und einer Malerin im künstlerisch geprägten Milieu der Prinzregenten-Zeit auf. Nach der Scheidung ihrer Eltern lebte sie bei der Mutter, der Malerin Johanna Merré, und dem Stiefvater Franz Hienl-Merré, vermutlich einem Schüler des bekannten Scholle-Malers Adolf Münzer. Durch ihn, der seinem Lehrer in die Künstlerkolonie nach Holzhausen am Ammersee folgte und dort wohl auch einige Zeit lebte, kam nun Johanna mit den Malern der Scholle in Berührung.
Die Malerin Hansl Bock fügte sich nicht ins Frauenbild ihrer Zeit
In diesem kreativen Umfeld entwickelte auch Johanna den Wunsch nach künstlerischer Betätigung. Zunächst aber wies man ihr der Zeit gemäß Aufgaben im kunsthandwerklichen Bereich zu, da man Frauen adäquates Kunstschaffen nicht zutraute. Das beginnende 20. Jahrhundert meinte es nicht gut mit Künstlerinnen. Die Akademie der Bildenden Künste war ihnen verwehrt. So blieb ihnen nur die teure Ausbildung an der Damenakademie oder die nicht minder teure bei anerkannten Malern.
Gegen diese Widerstände setzte sie sich zur Wehr und ließ sich wie ihre Mutter von dem seinerzeit bekannten Münchner Impressionisten Julius Seyler ausbilden. Sowohl mit ihrer Malklasse als auch mit den Eltern unternahm sie in dieser Zeit zahlreiche Reisen in Deutschland sowie nach Frankreich, Italien und Spanien, um Inspiration zu finden und sich weiterzubilden. Während des 1. Weltkrieges erhielt sie von dem jungen Münchner Maler Ludwig Bock Privatunterricht. Die künstlerische Zusammenarbeit führte bald zu einer höchst privaten Allianz und schließlich 1917 in die Ehe. Johanna gab sich nun den Künstlernamen „Hansl Bock“, den sie ihr Leben lang behielt.
Mit ihrem Ehemann kehrte Johanna zu Malzwecken wiederholt an den ihr gut bekannten Ammersee zurück. Die Ehe indes gelang nicht, denn die junge Ehefrau war keineswegs bereit, die vorgesehene Rolle als Haushälterin, Ratgeberin und Muse zulasten der Malerei einzunehmen. Ohne ihren Mann und gegen seinen Willen unternahm sie weiterhin Reisen und widmete sich mit Leidenschaft ihrer Kunst. In dieser Lebensphase führte sie ein rastloses Leben, das sie an viele verschiedene Orte führte, unter anderem lebte sie mit ihrem ehemaligen Lehrer Julius Seyler in Paris, wo sie ein eigenes Atelier führten. 1926 wurde Johannas Ehe mit Ludwig Bock schließlich geschieden.
Vermutlich endet die künstlerische Tätigkeit von Hansl Bock Mitte der 1930er-Jahre
Ruhelos und voller Eifer malte und zeichnete sie unzählige Bilder: Landschaften, Stadtansichten, Stillleben und Menschen. Ende der 1920er-Jahre stellte sie zum ersten Mal bei der Münchener Secession aus. Später wurde sie auch Mitglied der juryfreien Kunstausstellung. Mit ihrer zweiten Ehe mit dem Arzt Dr. Siegfried Bischoff kehrte 1934 offensichtlich Ruhe in ihrem Leben ein. Hansl Bock zog zu ihrem Mann nach Freising und war nun Arztgattin. Seit Mitte der 1930er-Jahre sind bislang keine Bilder aus ihrer Hand mehr auffindbar, was die Vermutung nach einem Ende ihrer künstlerischen Tätigkeit nahelegt. Die Gründe hierfür kann man nur vermuten. War sie der Diskussionen müde oder fehlten ihr wegen ihrer häuslichen Pflichten Zeit und Inspiration? Ab 1959, nach dem Unfalltod ihres Mannes, lebte die Künstlerin bis zu ihrem Tod am 7. Januar 1973 alleine, aber umgeben von zahlreichen Hunden, in Freising.
Hansl Bock zählt heute zur sogenannten „Verschollenen Generation“. Informationen über Hansl Bock und ihren ersten Ehemann Ludwig Bock sowie über viele weitere Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur in Holzhausen sind auf der Website der JES Kulturstiftung unter www.jes-kulturstiftung.de und www.kuk.art zu finden.