Startseite
Icon Pfeil nach unten
Ammersee
Icon Pfeil nach unten

Herrsching: Doppelte Straßennamen: Sanka steuert in Herrsching falsche Adresse an

Herrsching

Doppelte Straßennamen: Sanka steuert in Herrsching falsche Adresse an

    • |
    • |
    Wolfgang Schnetzer hofft seit sieben Jahren auf ein Ende der Zwillingsstraßen. Sie bereiteten nicht nur Ärger, sondern stellten auch eine Gefahrenquelle dar.
    Wolfgang Schnetzer hofft seit sieben Jahren auf ein Ende der Zwillingsstraßen. Sie bereiteten nicht nur Ärger, sondern stellten auch eine Gefahrenquelle dar. Foto: Susanne Böllert

    Kurz nachdem ein älterer Herrschinger in der S8 zusammengebrochen ist, wird er am Bahnhof in Gilching vom Krankenwagen abgeholt. Der soll ihn in die Notaufnahme einer Herrschinger Klinik fahren. Statt auf dem schnellsten Weg die Seestraße 43 in Herrsching anzusteuern, fährt der Fahrer auf die Autobahn nach Inning und gen Süden. Als er in die Seestraße in Breitbrunn einbiegen will, realisiert die Frau des Patienten, dass der Fahrer die Klinik im falschen Herrschinger Ortsteil vermutet. Sie leitet den Fahrer zur Klinik, ihr Mann kann noch rechtzeitig behandelt werden.

    Wie in vielen bayerischen Gemeinden gibt es auch in Herrsching seit 1990, als die Postbezirke erweitert wurden, das Phänomen der doppelten Adressen, bei denen Straßenname, Hausnummer und Postleitzahl identisch sind. In Herrsching und Breitbrunn betrifft dies 21 Haushalte in den Seestraßen und Kapellenwegen. Wolfgang Schnetzer, der im Breitbrunner Kappellenweg lebt, hat die Verwechslung des Klinikstandorts aus September 2023 kürzlich recherchiert und der Gemeinde, der Aufsichtsbehörde im Landratsamt Starnberg und dem bayerischen Innenministerium gemeldet. Seit sieben Jahren kämpft Schnetzer für die Umbenennung der Zwillingsstraßen und damit das Ende aller Verwirrungen.

    Das Landratsamt Starnberg weist die Gemeinde Herrsching auf eine unerfüllte Rechtspflicht hin

    Falsch gelieferte Pakete, ein festgefahrener Betonmischer oder die fast unmögliche Beantragung einer Mülltonne ärgern den pensionierten Geologen. Große Sorgen bereitet ihm indes eins: Wiederholt sind Rettungswagen auf dem Weg zu einem Notfall erst den falschen Ortsteil angefahren, was besonders bei der Schlaganfallpatientin schlimm hätte enden können. All dies hat der 75-Jährige dem Gemeinderat mehrfach berichtet. Geschehen sei abgesehen von Anwohnerbefragungen und Anfragen an Post, Polizei und Rettungsdienst bisher nichts. Zumal die Anwohner mit unterschiedlichen Hausnummern keine Umbenennung wünschten und die Behörden meldeten, Verwechslungen seien nicht bekannt und aufgrund von Sicherheitsvorkehrungen eigentlich ausgeschlossen. „Dieses Aussitzen ist mir unerklärlich, zumal die bayerische Gemeindeordnung vorschreibt, dass für ‚einen ordnungsgemäßen Gang der Geschäfte‘ zu sorgen sei.“

    Dass darunter auch „eine rasche und zuverlässige Orientierung im Gemeindegebiet“ fällt und diese in Herrsching nicht gewährleistet ist, hat Schnetzer von Innenminister Herrmann bereits seit 2021 schriftlich. Obwohl vom Landratsamt mehrfach auf die unerfüllte Rechtspflicht hingewiesen, sehen Bürgermeister Christian Schiller und der Gemeinderat bislang keine Notwendigkeit, das festgestellte Vollzugsdefizit zu beenden. Im Ratsbeschluss von Ende 2023 heißt es: „Vor allem aber kann ausgeschlossen werden, dass eine Umbenennung aus sicherheitsrechtlichen Aspekten (…) notwendig wäre.“ Das Ministerium kommt allerdings nach wie vor zu einem anderen Schluss und wiederholt gegenüber unserer Redaktion: „Die Konstellation der doppelt vergebenen Straßennamen ist mit Blick auf die Arbeit von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst unbefriedigend. Aus Sicherheitsgründen ist es notwendig, einen der gleichlautenden Straßennamen zu ändern oder eine gleichermaßen wirksame Maßnahme zu treffen.“

    Auch die Schindlbeck-Klinik in Herrsching ist von den doppelten Straßennamen betroffen

    Florian Christner von der Leitstelle Fürstenfeldbruck erklärt: „Zahlreiche Sicherheitsstufen im Einsatzleitsystem wie der Hinweis zu Zwillingsstraßen oder die direkte Telematik-Übertragung des Datensatzes an das Fahrzeug schränken Irrtümer mit sehr hoher Sicherheit ein.“ Doch sagt er auch: „Wo Menschen beteiligt sind, können Fehler nicht ausgeschlossen werden.“ So erinnert Christner sich an eine Verwechslung des Einsatzortes auf Herrschinger Gebiet, die sich 2020 oder 2021 zugetragen habe. Wieso aber im September 2023 der Krankenwagen-Fahrer nicht die Navigation des Einsatzleitsystems gestartet und damit den hinterlegten korrekten Klinikstandort angefahren hat, kann er nicht nachvollziehen.

    Die Schindlbeck-Klinik bestätigt, von Verwechselungen stark betroffen zu sein: „Viele Lieferungen, Speditionen, Patienten oder Handwerker werden an die Seestraße 43 in Breitbrunn geleitet“, schreibt Pressereferent Peter Lehr, „das hat auch finanzielle Auswirkungen. Wenn die Bewohner in Breitbrunn abwesend sind, kann es passieren, dass unsere Pakete im Regen stehen bleiben oder nie ankommen.“

    Schnetzer hofft, dass der Gemeinderat endlich die Umbenennung der Zwillingsstraßen veranlasst. Mit dem Thema erneut befassen muss er sich jedenfalls auf Weisung von Starnberg und auch Rückmeldung geben. „Mit dem Vorfall aus September gibt es eine neue Sachlage“, denkt Schnetzer, „zumal offensichtlich nicht nur die Doppeladressen von einer Verwechslungsgefahr bei Notrufen betroffen sind, sondern potenziell alle Menschen, die im Einzugsgebiet der Schindlbeck-Klinik einen Rettungswagen brauchen.“

    Die Frage, ob auch er eine veränderte Sachlage erkennt, lässt Bürgermeister Schiller offen und verweist darauf, dass der Gemeinderat „im Rahmen der Ermessensausübung unter Würdigung aller relevanten Aspekte den abschließenden Beschluss gefasst hat, keine Straßennamensänderung durchzuführen“.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um Kommentieren zu können müssen Sie angemeldet sein

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden