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Dießener Alpinist Martin Feistl stirbt bei Absturz im Wetterstein

Dießen

Dießener Alpinist Martin Feistl stirbt bei Absturz im Wetterstein

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    Martin Feistl konnte sich ein Leben ohne Klettern nicht vorstellen. Beim Klettern an der Südwand der Scharnitzspitze im Wettersteingebirge ist er an Pfingsten tödlich verunglückt.
    Martin Feistl konnte sich ein Leben ohne Klettern nicht vorstellen. Beim Klettern an der Südwand der Scharnitzspitze im Wettersteingebirge ist er an Pfingsten tödlich verunglückt. Foto: Silvan Metz (Archiv)

    Der aus Dießen stammende Alpinist Martin Feistl ist tot. Er verunglückte an der 2468 Meter hohen Scharnitzspitze im Wettersteingebirge, als er ungesichert in der Spitzenstätter Route an der Südwand des Berges unterwegs war. Er verlor den Halt und stürzte in die Tiefe.

    Laut Informationen der Polizei war der 27-Jährige am Pfingstsamstag Free Solo in der Spitzenstätter Route mit Schwierigkeitsgrad VII unterwegs. Grad VII bezeichnet außergewöhnliche Schwierigkeiten, die auch die besten Kletterer nur durch ein an die Gesteinsart angepasstes Training, akrobatischem Klettervermögen und das Beherrschen ausgefeilter Sicherungstechnik meistern können. Gegen 12.25 Uhr verlor Feistl in einem steilen und leicht überhängenden Bereich der Route den Halt und stürzte in die Tiefe. Nach etwa 40 Metern freien Falls schlug er auf einem Felsband am Wandfuß auf und wurde dann auf ein Altschneefeld geschleudert.

    Ein zufällig anwesender Bergretter eilte sofort zu dem abgestürzten Martin Feistl

    Erst im steinigen Bereich unterhalb des Schneefelds kam der tödlich verletzte Kletterer nach etwa 250 Metern zum Liegen. Er verstarb noch an der Unfallstelle, obwohl ein zufällig anwesendes Mitglied der Bergrettung sofort zu dem Abgestürzten abseilte. Ein Polizeihubschrauber barg die Leiche. 

    Martin Feistl stammte aus einer sportbegeisterten Dießener Familie. Schon von klein auf war er mit seinen Eltern und seiner Schwester nicht nur in der Heimat beim Bergsteigen und auf leichteren Alpinklettertouren unterwegs. Auch im Urlaub durfte die Aktivität nicht fehlen. So ging es unter anderem zum Trekking in Indien oder zum Skifahren in die USA. Zusätzlich war er im Alpenverein aktiv und vier Jahre Jugendleiter bei der Sektion Ammersee. Richtig eingestiegen in die Kletterszene und das leistungsorientierte Klettern ist er aber erst "relativ spät", als mit dem Umzug nach Augsburg 2015 eine Kletterhalle direkt in seiner Nähe war. Zuletzt lebte Martin Feistl in Innsbruck. 

    Klettern machte Martin Feistl einfach glücklich

    Was genau für ihn die Faszination des Kletterns ausmacht, die Herausforderung - manchmal verbrachte er über 20 Tage damit, eine Route zu schaffen oder über 24 Stunden damit eine Wand zu durchsteigen -, der Reiz des Nervenkitzels, die Freude am Outdoorsport, Teamwork oder die Freiheit, darauf suchte der Sportler selbst keine Antwort mehr, sagte er 2021 im Gespräch mit unserer Redaktion. "Es macht mich glücklich", resümierte er in seinem typisch besonnenen Tonfall die Begeisterung für das, was für ihn seinen "Lebensinhalt" ausmacht. 

    Martin Feistl in der Pandora an der Pordoi-Westwand in den Dolomiten.
    Martin Feistl in der Pandora an der Pordoi-Westwand in den Dolomiten. Foto: David Bruder (Archiv)

    Es gab allerdings schon Momente, in denen Martin Feistls Engagement für den Sport auf der Kippe stand, denn Klettern ist nicht ohne Risiko. Neben typischen

    Vom Profisport wollte sich Martin Feistl nicht vereinnahmen lassen

    Mehr und mehr ging Feistl auch in Richtung Profisport, obwohl er sich davon nicht vereinnahmen lassen wollte. "Ich habe Angst, dass mit dem Geld der Idealismus verloren geht", erklärte er. Er hatte einige Sponsoringverträge für Materialkosten, Expeditionen sowie Filmprojekte und schrieb Berichte über seine Touren für verschiedene Newsportale oder Magazine rund ums Klettern.

    Zwischen 2016 und 2018 war der herausragende Bergsteiger und Kletterer Mitglied im Expeditionskaders des Alpenvereins. Feistl machte auch in den Folgejahren mit zahlreichen Erstbegehungen, Expeditionen und anspruchsvollen Wiederholungen auf sich aufmerksam. Dabei war sein eigener Anspruch, eine Route stets "so sauber wie möglich" zu begehen beziehungsweise zu erschließen. Dieses puristische Credo bescherte dem Athleten 2020 eine Erwähnung beim Piolet d'Or für die Erstbegehung von Stalingrad an der Grubenkarspitze im Karwendel. 

    Martin Feistl wollte ein alter Bergsteiger werden

    Dabei war sich der Kletterer stets dem schmalen Grat zwischen Risiko und Mäßigung bewusst: "Es sind diese Grenzverschiebungen, die mich immer wieder antreiben. Mit wachsender Erfahrung merke ich aber auch sehr eindrücklich, wie einerseits der Drang, an die Grenzen zu gehen, ähnlich stark bleibt, gleichzeitig aber das Ziel, ein alter Bergsteiger zu werden, eine immer größere Rolle spielt. Hier eine Balance zur inneren Zufriedenheit zu finden, wird immer mehr zur Hauptaufgabe in meinem Bergsteigerleben," schrieb er über seinen inneren Zwiespalt. 

    "Wir sind erschüttert, dass ein weiterer junger Alpinist in den Bergen einen zu frühen Tod fand. Feistl war ein reflektierter Geist, der sich immer wieder mit durchdachten und kritischen Nachrichten bei uns zu Wort meldete. Er wird der Kletterszene fehlen", schrieb die Zeitschrift Alpin in einem Nachruf.

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