Am 29. August beging einer der wohl am meisten unterschätzten bildenden Künstler aus der Ammersee-Region seinen 76. Geburtstag: der seit etlichen Jahren in Dießen ansässige Maler, Grafiker, Illustrator und Fotograf Jürgen Rogner. Zwei Tage nach seinem Geburtstag war er tot. Völlig überraschend ist er friedlich eingeschlafen und verstorben.
Jürgen Rogner wurde unterschätzt aufgrund der Tatsache, dass er ein zurückhaltender, richtiggehend scheuer Zeitgenosse war. Eventuell lag die weitgehende Abstinenz von Rogners Werk in der Öffentlichkeit aber auch daran, dass es nicht so einfach ist, dieses stilistisch einzuordnen. Realismus und Figürlichkeit bestimmen sein - äußerst umfangreiches - Œuvre. Doch es fehlt, ganz bewusst, die Wiedererkennbarkeit, welche bei anderen Künstlern gerne dazu führt, sich einen eigenen Stil zu schaffen und im Laufe der Zeit darin gefangen zu bleiben. Bei Rogner hingegen war es so, dass sein Stil ist, keinen Stil zu haben - und er dadurch dank unbändiger Neugier offen ist für ziemlich alle Genres.
Jürgen Rogner gestaltete mehr als 250 Buch- und Magazintitel
Jürgen (Fred) Rogner wurde in Gießen geboren. Ab 1957 bekam der Vater als Diplom-Agrarwissenschaftler beruflich die Chance, für die sudanesische Regierung die Landwirtschaft in dem gerade unabhängig gewordenen Land aufzubauen. Von da an begann für den späteren Künstler die „Periode der permanenten Wanderschaft“, wie er es ausdrückte.
1969 zog es den selbst ernannten „Kunst-Besessenen“ nach München, um sich dort an der Kunstakademie zu bewerben. Mit Erfolg! Bereits während des Studiums, das er in den späten 60ern begann, bekam er seine ersten grafischen Aufträge. Die folgenden 35 Jahre war der Vollblut-Künstler nicht nur in Deutschland, sondern auch in England und Frankreich sehr erfolgreich, gestaltete mehr als 250 Buch- und Magazintitel, er entwarf Poster, illustrierte Zeitungsartikel, zunächst klassisch mit dem Pinsel, danach mit diversen Sprühtechniken, schließlich digital, ganz dem Trend der Moderne angemessen. Mithilfe des Computers kreierte Rogner fotorealistische Bilder sowie dreidimensional wirkende Werke.
Das Abstrakte interessierte Jürgen Rogner nicht
Jürgen Rogner war bei den Inhalten seiner Arbeiten in erster Linie am Erzählerischen orientiert. Er wollte Geschichten erzählen, beim Betrachter Assoziationen auslösen, dessen Fantasie anregen. Inspiration lieferte ihm gerne mal die menschliche Historie, er war fasziniert von der griechischen Antike, speziell der Feldzug von Alexander dem Großen in Persien hatte es ihm angetan. Für nicht wenige seiner Kollegen ist solch eine Inspirationsquelle nicht nachvollziehbar, sie sehen darin einen reaktionären Schritt zurück in die Zeiten der „Salon-Malerei“. Darüber konnte Jürgen Rogner nur schmunzeln: „Ich war schon immer gegen den Strich gebürstet, bereits an der Münchner Akademie“, sagte er lachend. „Während meines Studiums war es hip, sich dem Abstrakten hinzugeben. Ich jedoch war stets interessiert am Gegenständlichen, am Realismus.“
Nach ersten Aufträgen aus der Underground-Szene, etwa für das Plattenlabel „Liberty Records“, wurde auch die „seriöse“ Kulturszene neugierig auf Rogner. Der Goldmann-Verlag bekam 1973 den Zuschlag: Der Künstler erhielt den Job, drei Buchcovers zu gestalten - pro Monat! Rogner wurde 1975 Vater eines Sohns. Die Familie hielt sich über Jahre in Südfrankreich auf, eine weitere Etappe war Berlin. Und seit 2004 waren Gattin, Sohn und der Künstler selbst in Dießen zu Hause. Sohn Tobias machte den stolzen Vater vor wenigen Monaten zum Opa.
Am Ende seiner Lebenszeit war Jürgen Rogner schließlich doch in der Region angekommen. Aktuell etwa und noch bis zum 14. September können in der Landsberger Zedergalerie im Rahmen der Sammelausstellung „See You“ zehn seiner aktuellen Exponate bestaunt werden.
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