Immer mehr Anleger begeistern sich für Wertpapiere, darunter Anleihen. Nach den Zinserhöhungen der Notenbanken 2022/23 und dem Anstieg der Marktzinsen bieten diese Papiere nach jahrelanger Durststrecke wieder auskömmliche Renditen zwischen drei und fünf Prozent. Das gilt neben Staatspapieren besonders für Unternehmensanleihen, die für Privatanleger dank neuartiger Anleihe-ETF besser zugänglich sind. Doch Vorsicht ist geboten: Selbst sichere Anleihen können deutlich an Wert verlieren, wie sich 2022 gezeigt hat.
Von 2009 bis 2021 waren Anleger gezwungen, sich bei Anleihen mit ungewöhnlich niedrigen Zinsen zufriedenzugeben. „Verantwortlich dafür waren die westlichen Notenbanken, die nach der Finanzkrise Staats- und Unternehmensanleihen in Billionenhöhe gekauft haben. Diese gigantische Nachfrage drückte die Renditen dieser Wertpapiere deutlich, teils in den negativen Bereich wie bei deutschen Anleihen“, sagt Phillip Krenz, Vermögensverwalter bei der BV Bayerische Vermögen GmbH in München. Durch diesen Ansturm stiegen zwar die Kurse vor allem langlaufender Papiere, sodass Anleihebesitzer ihr Vermögen dennoch steigern konnten.
Wenn die Zinsen steigen, drohen bei niedrig verzinsten Anleihen Kursverluste
Diese Situation am sogenannten Bondmarkt endete erst, als die Notenbanken angesichts der ausufernden Inflation 2022/23 die Leitzinsen so drastisch nach oben schraubten wie seit Jahrzehnten nicht. „Parallel zu den Leitzinsen der Notenbanken kletterte die Verzinsung der Staats- und Unternehmensanleihen nach oben. Vor allem Anleihen mit sehr langer Laufzeit erlitten dadurch große Kursverluste, teils bis zu 50 Prozent“, sagt Krenz. Die gute Seite dieses Zins-Gewitters: „Zahlreiche Anleihen weisen eine attraktive Verzinsung auf, die den Anlegern real – also nach Abzug der Inflation von derzeit rund 2,5 Prozent – attraktive positive Renditen bietet.“ Wer angesichts dieser positiven Vorgaben bei Zinspapieren zugreifen möchte, sollte jedoch einige grundlegende Dinge über Anleihen wissen, um keine herben Enttäuschungen zu erleben.
Wer eine Einzelanleihe kauft, erhält neben dem halbjährlichen oder jährlichen Zins am Ende der Laufzeit der Anleihe in aller Regel sein Kapital zurück. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn der Emittent des Papiers – ein Staat oder ein Unternehmen – in der Zwischenzeit insolvent wird oder der Anleger vor Ende der Laufzeit das Papier zum aktuellen Kurs verkauft.
ETFs haben anders als Einzelanleihen in der Regel kein Laufzeitende
„Im Unterschied zu einzelnen Anleihen haben Fonds beziehungsweise ETF, die das Kapital auf mehrere Emittenten und Laufzeiten streuen, in der Regel kein Laufzeitende. Daher haben Anleger, anders als bei Einzelanleihen, keinen Anspruch, ihr Kapital zu einem vorher bestimmten Zeitpunkt vom Fonds zurückzuerhalten“, sagt Phillip Krenz. Allerdings könnten sie ihre Fondsanteile, wie die Anleihe auch, zu jedem beliebigen Zeitpunkt verkaufen. Mit Fonds/ETF können Anleger ihre Erträge also nicht wie mit einzelnen Papieren planen. Inzwischen gibt es aber einige ETF mit Anleihen bestimmter Laufzeiten, die das Kapital zu einem bestimmten Zeitpunkt auszahlen.
Auch die Vielfalt der Papiere, die das Anleihen-Label erfasst, verwirrt die meisten Anleger. So gibt es Anleihen mit Laufzeiten von einem Monat bis zu 100 Jahren. „Darüber hinaus lassen sich die Papiere nach der Kreditwürdigkeit der Emittenten unterscheiden. Diese Bonität rangiert von „sehr sicher“ bis hin zu „sehr spekulativ‘“, sagt Krenz. Bundesanleihen und US-Papiere gelten den Ratingagenturen als nahezu risikofrei.
Unternehmensanleihen: Höherer Zins, aber auch höheres Risiko
Bei Unternehmensanleihen unterscheiden die Agenturen nach Krenz‘ Worten zwischen Investment Grade-Anleihen (IG) und High Yield-Bonds (HY). IG-Anleihen stammen von Emittenten mit guter Bonität wie Volkswagen oder Coca-Cola und bieten eine leicht höhere Rendite als Bundespapiere mit identischer Laufzeit. Die meisten Anleger könnten damit gut schlafen, so Krenz. HY-Anleihen indes werden von weniger soliden Unternehmen außerhalb des IG-Spektrums ausgegeben. „Dort sind die Renditeaufschläge deutlich höher als bei IG-Anleihen, aber auch das Ausfallrisiko“, sagt der Vermögensprofi.
Ob nun eher defensive oder offensive Anleihen richtig sind, hängt vom Risikoprofil sowie den finanziellen Zielen ab. Risikofreudige Naturen können dem Aktiendepot neben IG-Anleihen auch High Yield Bonds beimischen. Wer sich mit Anleihen davor schützen will, wenn die Aktienmärkte in einem Konjunkturtief eine schlechte Zeit erleben, dürfte mit Staatsanleihen besser beraten sein. „Diese Papiere steigen im Kurs, wenn sich die Aussichten der Wirtschaft eintrüben. Bei einem Zinsanstieg aber geraten sie ebenso unter die Räder wie Aktienmärkte – siehe 2022“, sagt Vermögensverwalter Phillip Krenz.
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