Das Dießener Bündnis für Demokratie und gegen Rechtsextremismus lud im Rahmen der Aktionswoche für Demokratie und gegen Rechtsextremismus zur Podiumsdiskussion ins Kulturforum Blaues Haus ein. Unter dem Motto „Demokratie stärken – Rechtsextremismus bekämpfen“ diskutierten Politikerinnen und Politiker aus dem Landkreis, Bildungsakteure und der Jugendbeirat Dießen über Möglichkeiten, junge Menschen für demokratische Werte zu begeistern. Eine Botschaft zog sich durch den Abend: Politische Bildung und Medienkompetenz sind entscheidend, um der Polarisierung von Rechts entgegenzuwirken.
Einen Wermutstropfen gab es, wie Mitveranstalter und Gemeinderat Marcus Noack (SPD) bei der Begrüßung anmerkte, denn sowohl CDU/CSU als auch Freie Wähler haben sich dem Bündnis nicht angeschlossen – ein Umstand, den er und viele Anwesende bedauerten.
Delian Schnebel, Sozialwissenschaftler am Gesellschaftswissenschaftlichen Institut München, beleuchtete in seinem Impulsvortrag zum Thema „Demokratie stärken und Rechtsextremismus verhindern“ wie soziale Medien sogenannte Meinungsblasen („Bubbles“) fördern, in denen Jugendliche durch Mechanismen wie den Bestätigungsfehler („Confirmation Bias“) gefangen sind. Beispiele wie Andrew Tate oder AfD-Politiker Maximilian Krah zeigten, wie rechte Ideologien durch einfache Narrative und Verschwörungstheorien – von der Dolchstoßlegende bis zum „Deep State“ – junge Menschen erreichen.
„Das Internet bietet keinen Raum für produktiven Diskurs“ sagt Sozialwissenschaftler Delian Schnebel
Schnebel warnte: „Das Internet bietet keinen Raum für produktiven Diskurs.“ Lösungen wie eine strengere Regulierung und Argumentationstrainings könnten dazu beitragen, Jugendliche zum kritischen Denken zu befähigen. Sein Impulsreferat schloss er mit der Leitfrage für das Podium: „Wie können wir Jugendlichen die Demokratie schmackhaft machen?“
In der Podiumsdiskussion gingen die Teilnehmenden auf Schnebels Thesen und Leitfragen ein. Michael Kramer, Schulleiter der Carl-Orff-Schule Dießen, betonte die Bedeutung von Medienkompetenz. „Jugendliche müssen lernen, Fakten von Meinungen zu unterscheiden – und das auf Augenhöhe.“ Projekte wie „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ seien dafür wichtige Werkzeuge.
Miriam Anton, Gemeinderätin (Bündnis 90/Die Grünen), hob die Rolle der politischen Bildung hervor: „Ein Verbot rechten Gedankenguts löst keine Probleme.“ Sie warnte CDU und CSU davor, sich den Positionen der AfD anzunähern, um so die verlorenen Wähler zurückzugewinnen. „Das ist kontraproduktiv.“
Anton Baur, Kreisvorsitzender der Bayernpartei, machte klar, dass das Narrativ einer rechtsextremen Bayernpartei nicht zutrifft: „Wir sind sehr konservativ, aber nicht rechtsextrem. Uns geht es darum, das Beste für alle Bürger in Bayern zu erreichen – unabhängig von ihrer Herkunft.“
Internet-Bubbles sind eine Gefahr für die Jugend
Michael Lutzeier, Gemeinderat und Kulturreferent (Die Partei), forderte, Kunst und Kultur stärker in den schulischen und gesellschaftlichen Fokus zu rücken. „Kunst fördert Empathie und Differenzierungsfähigkeit – beides braucht es für eine funktionierende Demokratie.“
Auch die Bürgermeisterin von Dießen, Sandra Perzul (Dießner Bürger), nahm kein Blatt vor den Mund: „Politisch frustrierte Eltern prägen gefährliche Weltbilder, die sie an ihre Kinder weitergeben.“ Ihre Forderung: Die Sorgen der Eltern wieder ernst nehmen, um ein positives Umfeld für die Erziehung demokratischer Werte zu schaffen.
Ähnlich sah es Michael Sibert von der UBV: „Demokratie braucht mündige Bürger, die sich nicht scheuen, Unruhe zu stiften.“ Die heutige Gesellschaft stelle Konsum über Werte – ein Problem, das es zu durchbrechen gelte.
Mitglieder des Jugendbeirats Dießen und Alina Weber von den Jusos Landsberg betonten die Gefahren von Internet-Bubbles und die Verlockung Jugendlicher durch rechte Parteien, die mit einfachen Lösungen komplexe Probleme fälschlich versimpeln.
Die Veranstaltung zeigte deutlich, wie wichtig politische Bildung und offene Diskussionsräume für eine resiliente Demokratie sind. „Wir brauchen mehr Gelegenheiten wie diese, um miteinander ins Gespräch zu kommen“, resümierte Moderator Thies Marsen – dieser war kurzfristig für den verhinderten Florian Ritter eingesprungen.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden