Eigentlich ist es am Montagabend im Dießener Gemeinderat nur darum gegangen, ein Interessenbekundungsverfahren für mögliche künftige Verwendungen der ehemaligen Graphischen Kunstanstalt Jos C. Huber in der Johannisstraße einzuleiten. Doch der vom Gemeinderat hierfür gefasste einstimmige Beschluss wurde von einer brandneuen Nachricht überlagert. Bürgermeisterin Sandra Perzul (Dießener Bürger) berichtete, dass der seit vielen Jahren weitgehend leer stehende Gewerbekomplex im Ortszentrum vollständig in die Denkmalliste aufgenommen werden soll. Bislang steht nur das rosafarbene Wohnhaus, errichtet im Jahr 1868, unter Denkmalschutz.
Die ehemalige Kunstanstalt hat der Markt Dießen 2013 von der Witwe eines früheren Geschäftsführers der Kunstanstalt geerbt. Unzweifelhaft Eigentümerin des Grundstücks ist sie seit 2021. Zuvor hatte das Oberlandesgericht festgestellt, dass ein Kaufrecht, das die damaligen Eigentümer in den 70er-Jahren dem 2016 verstorbenen Verleger Herbert Fleissner eingeräumt hatten, nicht mehr wirksam sei. Seither stellt sich die Frage, was mit der Erbschaft gemacht werden kann.
Der Markt Dießen hat vor allem Vereine und Organisationen als Nutzer der Kunstanstalt im Blick
Im Mai setzte sich der Gemeinderat in einem Workshop intensiver mit dieser Frage auseinander. Ergebnis: Ein Rechtsanwalt solle einen Auslobungstext für ein rechtssicheres Interessenbekundungsverfahren ausarbeiten. Dieser Text lag nun im Gemeinderat vor. Er richte sich insbesondere an Vereine, Organisationen und Gruppen, die entweder ein Erbpachtverhältnis schließen oder die Kunstanstalt kaufen wollen, erläuterte Bürgermeisterin Sandra Perzul (Dießener Bürger).
Daneben informierte die Bürgermeisterin auch über einen Anruf, den sie von Gabriele Übler erhalten habe. Die Grünen-Gemeinderätin habe ihr mitgeteilt, dass sich Mitglieder des Heimatvereins mit dem Landesamt für Denkmalpflege ausgetauscht hätten. Daraufhin schauten sich die Denkmalpfleger die ehemalige Kunstanstalt an. Diese kündigten nun an, dass der gesamte Komplex der sogenannten „Huber-Häuser“ in die Denkmalliste aufgenommen werden soll. Dementsprechend, so Perzul, sei der Auslobungstext noch einmal umgearbeitet worden. Das heißt für künftige Nutzer, dass jeder Eingriff in die Gebäudesubstanz sowie Unterhaltsmaßnahmen, die Auswirkungen auf die Gebäudestruktur und die Außendarstellung mit sich bringen, mit der Denkmalschutzbehörde abgestimmt werden müssen.
Der nunmehrige Stand wurde in der Sitzung unterschiedlich beurteilt. So sprach Grünen-Gemeinderätin Miriam Anton von der „glücklichen Situation, dass wir ein leer stehendes Gebäude haben und es Leute und Vereine gibt, die sich dafür interessieren“. Wer diese sein sollen, blieb in der Sitzung offen, erkennbar war nur, dass sich im Zuschauerbereich zahlreiche Mitwirkende des Vereins „Freie Kunstanstalt“ eingefunden hatten. Für Anton stellte sich jedoch auch die Frage, wie ein Verein die Altlastenproblematik stemmen könnte.
Wie soll mit den Altlasten in der Kunstanstalt umgegangen werden?
Der für den Markt Dießen tätige Rechtsanwalt Gerhard Spieß betrachtet dies als Aufgabe künftiger Erbbauberechtigter oder Eigentümer. Der Jurist warnte auch davor, einem Vorschlag von Thomas Höring (Freie Wähler) zu folgen. Dieser hatte dafür plädiert, dass der Markt Dießen die Altlasten beseitige: „Dann haben wir ein lastenfreies Grundstück und jeder weiß, worauf er sich einlässt.“ Allerdings, so Spieß, könnte das zu einer „Maximalsanierung“ der Altlasten führen, die je nach konkreter künftiger Nutzung möglicherweise gar nicht erforderlich wäre. „Da hätten Sie dann Kosten in den Sand gesetzt, die gar nicht notwendig gewesen wären. Dazu würde ich aus wirtschaftlichen Gründen nicht raten.“
Auch Johann Rieß (Freie Wähler) bewertete die Unterschutzstellung des gesamten Kunstanstalt-Komplexes als positiv: „Das eröffnet Fördertöpfe und Beratungen und die Altlastensanierung wird geringer.“ Diese Auffassung teilte Michael Lutzeier (Die Partei) jedoch nicht: „Durch den Denkmalschutz werden mögliche Nutzungen erschwert“, war er sich sicher. Diese Einschätzung teilte auch der gemeindliche Anwalt: „Dass der Denkmalschutz dazu führt, dass etwas günstiger wird, diese Wahrscheinlichkeit halte ich für sehr gering.“ Es sei jetzt auch nicht mehr denkbar, Gebäude auf dem Gelände einfach abzureißen und neu zu bauen.
Bis Ende März können sich Interessierte für die Kunstanstalt bewerben
Einig war sich der Gemeinderat am Ende aber über den Auslobungstext und das damit verbundene Interessenbekundungsverfahren. Der Text wurde einstimmig beschlossen, Interessierte können nun bis zum 31. März 2025 ihre Überlegungen für eine Nutzung präsentieren. Die Kommune erwartet dabei nicht nur ein Nutzungskonzept und eine Beschreibung der Interessenten oder der beteiligten Gruppe, sondern auch ein Finanzierungskonzept.
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