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Dießen: Ausstellung in Dießen: "Schauen kann jeder, sehen will gelernt sein"

Dießen

Ausstellung in Dießen: "Schauen kann jeder, sehen will gelernt sein"

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    Der Bildhauer Dietmar Scharfe (Mitte) zusammen mit Matthias Rodach (1. Vorsitzender Heimatverein) und Carmen Jacobs (Kreisheimatpflege) bei der Ausstellungseröffnung im Taubenturm.
    Der Bildhauer Dietmar Scharfe (Mitte) zusammen mit Matthias Rodach (1. Vorsitzender Heimatverein) und Carmen Jacobs (Kreisheimatpflege) bei der Ausstellungseröffnung im Taubenturm. Foto: Uschi Nagl

    Viele, viele Kunstfreunde, darunter zahlreiche Künstler und Wegbegleiter, stiegen am Donnerstag, 29. Februar, die alten Stufen zum Taubenturm hinauf, um dem Bildhauer Dietmar Scharfe ihre Geburtstagsglückwünsche zu überbringen und die Eröffnung einer ganz besonderen Ausstellung zu erleben: Unter dem Titel „Schauen kann jeder, sehen will gelernt sein“ zeigt der 84-jährige Künstler aus Dettenhofen im Domizil des kunstsinnigen Heimatvereins derzeit eine feine Auswahl aus seinem Lebenswerk. Es sei ihm eine riesige Freude, seine Kunst nochmals gewürdigt zu sehen, sagte Dietmar Scharfe. Auch an den kommenden Wochenenden möchte der Künstler zu den Öffnungszeiten wieder persönlich vor Ort sein. 

    Die Ausstellung im ersten Stock des Dießener Taubenturms ist noch bis 24. März zu sehen.
    Die Ausstellung im ersten Stock des Dießener Taubenturms ist noch bis 24. März zu sehen. Foto: Uschi Nagl

    Bis heute erscheinen die Plastiken und Modelle von Dietmar Scharfe zeitlos, beständig und keiner Mode unterworfen. Die Nähe zur Natur war ihm bei der Gestaltung menschlicher Körper, bei Porträts oder bei der Abbildung von Tieren, in all seinen Schaffensphasen immer wichtig. Mit welcher Noblesse es dem Bildhauer gelungen sei, dem jeweiligen Charakter seiner Modelle und Motive gerecht zu werden, zeige sich insbesondere auch in seinen Porträtdarstellungen, erklärte Carmen Jacobs, Kulturwissenschaftlerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kreisheimatpflege Landsberg: So entstand etwa der Bleiguss „Romana“ kurz nach dem Kennenlernen des jungen Mädchens, das später die Frau des Künstlers wurde. 

    Kulturwissenschaftlerin Carmen Jacobs hält die Laudatio zur Ausstellungseröffnung

    Mit dem Porträt „Franziska“ erzähle er von einer älteren Frau in seiner Umgebung, die seit ihrer Kindheit ein schweres Schicksal zu tragen hatte. „Fällt dort bei der jugendlichen Darstellung sofort die Weichheit des Mädchens auf, so beeindruckt hier im Bronzeguss, die genaue Herausarbeitung der Spuren eines harten Lebens in Hautstruktur und Physiognomie des Gesichts“, betonte die Laudatorin.

    Die Blicke zieht auch eine Architekturszene mit dem Titel „Mädchen am Portal“ auf sich - eine Plastik, die einem Urlaubsfoto nachgebildet ist. Dargestellt ist eine junge Frau, die entspannt vor dem Portal der Cappella degli Scrovegni in Padua sitzt. Der aufwendig montierte Bronzeguss wirkt trotz der langwierigen Arbeitsprozesse, die ihm zugrunde liegen, wie eine zufällige, heitere Momentaufnahme. Zu sehen ist etwa die durchgetretene Schwelle, aber auch die exakt gearbeitete zeitgenössische Kleidung der Frau mit Sommerkleid mit Plateausandalen. „Es ist dem Künstler wichtig, in vielen seiner Plastiken den Eindruck von Geborgenheit entstehen zu lassen“, sagt Laudatorin Carmen Jacobs.

    "Allegorie der Nacht" lautet der Titel dieses Terrakotta-Reliefs von Dietmar Scharfe.
    "Allegorie der Nacht" lautet der Titel dieses Terrakotta-Reliefs von Dietmar Scharfe. Foto: Uschi Nagl

    Der frei stehende Bronzeguss eines trabenden Panzernashorns fordert dazu auf, das Tier beim Betrachten zu umschreiten, um seine facettenreiche Darstellung und die spezifische Bewegungsart von allen Seiten zu bewundern. Gussperlen bilden Warzen auf der Haut des Tieres. „Gussperlen sind ein Geschenk des Himmels“ betont Dietmar Scharfe gerne. Sogar die Plinthe, die Fußplatte der Skulptur, ist der individuellen Gangart des Tieres genau angepasst.

    Der "Liegende Widder" in der Schule am Luisenhof in Landsbergt stammt aus der Werkstatt von Dietmar Scharfe

    Auch Entwürfe und Modelle, die für die Teilnahme an Wettbewerben für Kunst im öffentlichen Raum konzipiert, aber abgelehnt wurden, sind im Taubenturm zu sehen. So unter anderem das Modell für einen Brunnen vor dem Rathaus in Dießen: Ein Relief mit großen und kleinen Fischen ziert dabei die südliche Rathausfassade unterhalb der Fenster, dazu ein Zitat des mittelalterlichen Dichters Walther von der Vogelweide: „ICH HÖRTE EIN WAZZER DIEZEN UND SACH DIE FISCHE FLIEZEN“. Vor dieser Kulisse fließt das Brunnenwasser entlang. „Es hätte so wirken sollen, als würden die Fische im Bach schwimmen“, erklärt der Künstler rückblickend.

    Sitzende am Brunnenbecken von Dietmar Scharfe.
    Sitzende am Brunnenbecken von Dietmar Scharfe. Foto: Uschi Nagl

    Zu den Entwürfen von Dietmar Scharfe, die im öffentlichen Raum verwirklicht wurden, gehören unter anderem eine Sonnenuhr mit Sandsteinrelief am ehemaligen Landwirtschaftsamt, sowie die Steinskulptur „Liegender Widder“ in der Schule am Luisenhof, beides in Landsberg. „Die Skulptur ist gut erhalten, von großer und warmer Ausstrahlung. Sie wird von den Kindern berührt, gestreichelt, also seit fast 50 Jahren geliebt“. Für die Schulkinder und Lehrer sei der Widder „Wahrzeichen und Orientierungspunkt“, berichtete Carmen Jacobs, die dem Künstler zu seiner großen Freude einige der schönsten Schülerzeichnungen überreichen durfte, die in jüngster Zeit vom „Liegenden Widder“ entstanden sind.

    Die Ausstellung „Schauen kann jeder, sehen will gelernt sein“ mit Plastiken und Modellen von Dietmar Scharfe, ist vom 1. bis 24. März jeweils Samstag und Sonntag von 15 bis 18 Uhr, im Taubenturm, Klosterhof 8, zu sehen.

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