Ein gebranntes Kind scheut das Feuer: Dieses Sprichwort kann den Bürgerdialog, der am Freitagabend in Baar stattfand, ganz treffend beschreiben. Denn viele der Fragen, die zum Thema Windkraft gestellt wurden, waren von den schlechten Erfahrungen geprägt, die die Bürger und Bürgerinnen von Baar mit den Windrädern auf Holzheimer Flur noch heute machen. Die Lärmbelastung und die Art und Weise, wie die Windkraftanlagen einst dort errichtet wurden, waren mehrfach Thema. Es wurden Befürchtungen laut, dass sich nun die Geschichte wiederholen könnte.
De facto jedoch sollte sich der Bürgerdialog gar nicht um die Windkraftanlagen auf Holzheimer Flur drehen, sondern um die Pläne der Firma Uhl Windkraft, drei weitere Anlagen im Waldgebiet Brand zu errichten, das sich auf Holzheimer und Münsterer (Kreis Donau-Ries) Flur befindet und an das Baar und Thierhaupten (Augsburg-Land) angrenzt. Über 40 Personen hatten sich neben den Referenten des Eza! Energie- und Umweltzentrums und der Firma Uhl Windkraft in der Mehrzweckhalle eingefunden, um mehr über die Planung für drei weitere Windkraftanlagen am Baarer Berg zu erfahren. Diese waren bereits dem Gemeinderat Baar vorgestellt worden. Nun konnten die Bürger ihre Fragen an die Referenten richten.
Besucherin will keine weiteren Windräder im Waldgebiet Brand
Warum sich die Firma Uhl ausgerechnet das Waldgebiet Brand ausgewählt habe, wollte eine Besucherin wissen. Sebastian Obermaier von der Eza! versuchte zu erläutern, dass zwar nur mit Blick auf Münster, Thierhaupten, Holzheim und Baar schon reichlich Windenergie in diesem Gebiet erzeugt werde, aber noch weiteres Potenzial vorhanden sei. Der Energiebedarf dieser Gemeinden könne mit regenerativen Energien bei Weitem gedeckt werden, aber das sei zu kurz gesprungen. Schließlich lebe man nicht nur im eigenen Ort, sondern nutze auch Einrichtungen, Einkaufsmöglichkeiten, Produkte und Dienstleistungen außerhalb der Gemeindegrenzen. Der Fragestellerin wäre es dennoch deutlich lieber, wenn sich die Firma Uhl einen anderen Ort ausgesucht hätte. "Wir machen so viel Energie. Warum wieder hier?", fragte sie vorwurfsvoll. Ein weiterer Bürger fürchtete, dass "50 Windräder in den nächsten zehn Jahren" entstehen könnten. Matthias Pavel von der Firma Uhl Windkraft begegnete dem mit dem Verweis auf die naturräumliche Begrenzung.
Weitere Wortmeldungen zielten auf die Belastung für die Menschen ab. Johanna Ruisinger machte deutlich, dass die vorgestellten Schallwerte Prognosen und keine Messwerte seien. Pavel bestätigte dies, wandte aber auch ein, dass es gegebenenfalls möglich wäre, die prognostizierten Werte der Windkraftanlagen in Holzheim auf den Prüfstand zu stellen, wenn der Betreiber - ein Mitbewerber - hier zustimme. In der Veranstaltung blieb die Belastung durch die Holzheimer Windräder allgegenwärtig, sodass eine Bürgerin erklärte, dass "kein Baarer Bürger mit gesundem Menschenverstand" diesen Planungen zustimmen könne.
Auch wurde der Vorwurf laut, dass der Investor die Gemeinde mit "Peanuts" abspeise. Matthias Pavel verwies auf die unterschiedlichen Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung und erteilte dem Aichacher Alfred Seitz von der Bürgergenossenschaft das Wort, der großes Interesse daran bekundete, sich für die finanzielle Beteiligung der Bürger einzusetzen. Josef Reiter erneuerte seine Forderung nach einem Windpark, den in seinen Augen die Vertreter der vier Gemeinden umzusetzen hätten - "um die Wertschöpfung auch sicher in der Region zu haben".
Die geplanten Windkraftanlagen sind 2,5 Kilometer entfernt
Bürgermeister Roman Pekis hatte eingangs erläutert, dass die geplanten Windkraftanlagen den 10H-Abstand zur nächsten Wohnbebauung einhalten, also mindestens das Zehnfache ihrer Höhe, in diesem Fall 2,5 Kilometer. Dieter Zach bestand dennoch darauf, dass Referent Maximilian Weiß (Firma Uhl) erläuterte, dass diese Regelung nur über einen rechtskräftigen Bebauungsplan umgangen werden könne. Im Fall der geplanten Windkraftanlagen im Gemeindegebiet Münster hieße das, dass ein Bebauungsplan aufgestellt werden müsste. Baar würde dann als Nachbargemeinde an dem Verfahren beteiligt.
Ein Besucher aus Thierhaupten erklärte, dass er strikt gegen den Ausbau der Windenergie sei. Seine Begründung: Der Boden – "ein Humusbelag, der älter ist als die Eiszeit" - werde zerstört. Der Hinweis Pavels auf den rückstandslosen Rückbau, fand kein Gehör. Zach hakte ein, dass ein Rückbau allein schon aus Gründen der Nachhaltigkeit kein Thema sein sollte.
Verursachen die Windkraftanlagen einen Riss durch die Gemeinden?
Eine Frau aus Münster äußerte den Wunsch an die Adresse des Bürgermeisters von Münster, Jürgen Raab, nicht auf Biegen und Brechen drei Anlagen zu verwirklichen - für den Preis, dass dann ein Riss durch die Gemeinden gehen und jede Gemeinde wieder sauer auf die andere sei. "Wir haben in Baar gesehen, wie das Thema eine Gemeinde kaputt machen kann", erklärte sie.
Pekis hob dagegen gute Informationspolitik Münsters hervor, die die Baarerinnen und Baarer als Chance begreifen sollten. Und auch Josef Schmidberger, Bürgermeister der Gemeinde Holzheim, betonte, dass es vielleicht eine Chance gebe, mit einer Genehmigung zu den neuen Windrädern wieder ins Gespräch zu kommen mit dem Landratsamt. Sein Wunsch: Die Belastung der Menschen, die von den Windrädern in Holzheim ausgehen, nachhaltig zu senken.