Das ohnehin schon dicke Buch über die großen Überraschungen im Pokalfußball muss um ein spektakuläres Kapitel erweitert werden. Den 1:0-Sieg des FC Pipinsried über den TSV 1860 München im Viertelfinale des Toto-Pokals hat man als echte Sensation einzustufen. Schließlich hatte sich vor 2500 Zuschauern ein Bayernligist gegen einen zwei Klassen höher angesiedelten Rivalen durchgesetzt. Dabei mussten die Gastgeber nach wie vor auf eine Reihe wichtiger Kräfte wegen Verletzung verzichten. Aber der Drittligist konnte weder von einem Platzverweis noch von einem Elfmeter, der an der Latte landete, profitieren. Am Ende war der Sensationssieg nicht einmal unverdient.
Die Hausherren waren gut beraten, als sie sogleich darauf achteten, sich nicht angstvoll vor dem eigenen Kasten zu verbarrikadieren. Diese mutige Marschroute machte sich sehr schnell bezahlt. Torhüter Marco Hiller wehrte einen Schuss von Daniel Gerstmayer zur Ecke gab, die zum Tor des Tages führte. Gerstmayer war mit dem Kopf zur Stelle. Besser hätte es nicht losgehen können für den Außenseiter. Dieser Treffer hatte zur Folge, dass von den Löwen-Fans in der ausverkauften Arena fortan nicht mehr viel zu hören war. 2500 Zuschauer sorgten für eine glanzvolle Kulisse, dazu übertrug das Bayerische Fernsehen, für dessen Team zwei spezielle Hebebühnen im Einsatz waren.
Pipinsried siegt: Löwen verschießen in Überzahl Elfmeter
Dem Platz war bald anzusehen, dass er unter den schweren Regenfällen in den Tagen zuvor sichtlich gelitten hatte. Nicht nur der Rückstand, sondern auch die Vorstellung der Gäste zwang Löwen-Trainer Maurizio Jacobacci in der Pause zu einer Reaktion. Er wechselte gleich zwei Kicker ein, wenig später gesellte sich ein dritter dazu. Die Pipinsrieder Mannschaft schlug sich prächtig, legte einen unglaublichen Kampfgeist an den Tag und wuchs förmlich über sich hinaus. Nur der Keeper erlaubte sich einige Abschläge, die das Ziel deutlich verfehlten. So war es auch nach einer guten Stunde. Damit brachte Maximilian Retzer, der sonst als zuverlässiger Torsteher gilt, Ludwig Räuber in arge Verlegenheit. Der musste in höchster Not klären. Für Räuber gab's die Rote Karte als letzter Mann, weil er damit eine Torchance zunichte machte, dazu Freistoß unmittelbar vor dem Strafraum. Eine strittige Szene, nun mussten die FC-Spieler mit einem Mann weniger zurecht kommen. Es folgte eine nicht minder gravierende Entscheidung gegen den FC. Dass der Elfmeter, den Aleksandar Kovacevic mit seinem Einsteigen gegen Phillipp Steinhart auslöste, regelkonform was, das stieß selbst im Pipinsrieder Lager auf Zustimmung. Albion Vrenezi aber jagte die Kugel an die Unterkante der Latte.
Im zweiten Abschnitt spielte sich das Geschehen vornehmlich in der Pipinsrieder Hälfte ab. Speziell nach dem Platzverweis drückten die Gäste mit aller Macht, kamen immer wieder über die Flügel zu gefährlichen Flanken. Die Gastgeber verteidigten vielbeinig mit enormen Engagement und einige Male auch mit Glück. Und der Drittligist musste erkennen, dass ihm die Zeit davonlief. Die zweite Halbzeit dauerte 50 Minuten, dann war die Blamage für den ehemaligen deutschen Meister perfekt. Der Rest war Pipinsrieder Freudentaumel. Viele Spiele konnten es gar nicht glauben, was sie da soeben geschafft hatten.
FC Pipinsried Retzer, Mayer, Greifenegger, Räuber, Lobenhofer, Keßler (76. Kovacevic), Benko (90. + 3 Pirku), Federl, Wiegert (65. Rodriguez-Benitez), Gerstmayer (83. Jelisic), Gutia.
TSV 1860 München Hiller, Kurt (46. Kocic), Glück, Kwadwo, Steinhart (85. Greilinger), Tarnat, Ludewig, Frey, Sulejmani (46. Lakenmacher), Bonga (55. Starke), Vrenezi.
Tor 1:0 Gerstmayer (5.) Zuschauer 2500 (ausverkauft) Rot Räuber (Pipinsried/Foul/66.)