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Sportporträt: Eisstockschießen: Von wegen Alt-Herren-Sport

Sportporträt

Eisstockschießen: Von wegen Alt-Herren-Sport

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    Florian Eglauer aus Kissing ist ein talentierter und erfolgreicher Eisstockschütze - und er fährt nun mit dem deutschen U19-Team zur Europameisterschaft auf den Ritten in Südtirol.
    Florian Eglauer aus Kissing ist ein talentierter und erfolgreicher Eisstockschütze - und er fährt nun mit dem deutschen U19-Team zur Europameisterschaft auf den Ritten in Südtirol. Foto: Volker Eglauer

    Kissing Eigentlich hatte Florian Eglauer gar keine Chance, nicht zum Eisstockschützen zu werden. Schließlich war schon Opa Günter ein guter Stockschütze und Vater Volker seines Zeichens viermal Weltmeister und zweimal Europameister. Und der heute 18-Jährige ist auf dem besten Wege, in die – zugegeben großen – Fußstapfen seines Vaters zu treten. Florian Eglauer spielt mittlerweile in der Bundesliga beim EC Gerabach, war schon bayerischer und deutscher Meister und Vizemeister – und darf nun Mitte Februar, genauer vom 17. bis 20., bei den U19-Europameisterschaften in Südtirol mit der deutschen Equipe an den Start gehen.

    Wobei: Hineingedrängt in diese Sportart wurde der junge Kissinger, der gerade seine Ausbildung zum Industriekaufmann beendet hat, nicht. „Das hat sich so entwickelt“, erzählt Florian Eglauer, der zunächst wie so viele Buben mit dem Fußball begonnen hatte. Schon in der G-Jugend spielte er beim Kissinger SC, ehe er mit zwölf oder 13 Jahren immer häufiger seinen Vater zu Eisstockturnieren begleitete. Irgendwann sprang der Funke über. „Ich wollte das dann auch mal probieren, es hat Spaß gemacht und so ganz ungeschickt habe ich mich auch nicht angestellt“, erzählt der 18-Jährige. Das Talent sei schnell zu sehen gewesen, erläutert Vater Volker, der seinen Filius dann auch als erster Trainer unter seine Fittiche nahm – zusammen mit einigen anderen jungen Sportlern. Natürlich gab es die unvermeidlichen Reibereien zwischen Vater und Sohn. „Man ist ja gegenüber dem eigenen Kind meist strenger als mit den anderen“, so Volker Eglauer. Bald ging es auf die ersten Turniere, schnell stellten sich auf Kreis- und Bezirksebene die ersten Erfolge ein. Und auch der Dämpfer bei der internationalen Premiere – einem Länderpokal in Österreich – vermochte die Begeisterung von Florian Eglauer nicht zu bremsen. „Man muss den Jugendlichen den Sport schmackhaft machen, damit sie auch dabeibleiben, wenn es mal nicht so läuft“, erzählt Vater Volker. Zudem müsse man sehr früh aufstehen, wenn es auf Turniere geht. „Das kommt bei den Jungs oft nicht gut an“, so Volker Eglauer. Bei Florian musste er wenig nachhelfen, der Sohn entwickelte schnell den nötigen Ehrgeiz und Trainingseifer.

    Und ohne Training und körperliche Fitness geht beim Eisstockschießen gar nichts. „Der Sport muss mit dem Klischee leben, dass er von Männern mit Bierbäuchen betrieben wird – und früher war es einfach ein gesellschaftliches Ereignis, das auf den zugefrorenen Weihern stattfand“, so Volker Eglauer. Doch wer den Sport ernsthaft betreiben will, muss viel investieren. „Man braucht Kraft, Kondition, eine gute Technik und mentale Stärke“, führt Florian Eglauer aus. Eine Trainingseinheit dauert schon mal viereinhalb Stunden, bei Wettkämpfen steht man dann auch mal zwischen sechs und acht Stunden auf dem Eis. „Da spürt man dann am Tag danach jeden Muskel“, weiß Florian.

    Was ist das Faszinierende an dieser Sportart? Zum einen laut Florian das Teamplay, die Kameradschaft, dass man als Mannschaft funktionieren muss. Und zum andern? „Es ist wie eine Mischung aus Boccia und Schach“, so Vater und Sohn unisono. Boccia, weil so ähnlich wie beim italienischen Nationalsport gezählt wird. „Wer näher an der Daube ist, punktet“, so Florian. Und was hat es mit Schach zu tun? „Es ist auch eine taktische Sportart mit vielen Varianten. Und jeder versucht, sich den Gegner so zurechtzulegen, um ihn besiegen zu können“, erklären die beiden.

    So hat auch jeder in der Mannschaft eine spezielle Aufgabe. Der Kapitän, der „Moar“, schiebt an, dann kommt der „Angreifer“ und auf den Positionen drei und vier dann eher die Verteidiger, die mit möglichst genauen Schüben agieren müssen. „Das ist meine Spezialität, ich bin mehr der genaue, nicht der scharf und kraftvoll spielende Akteur“, erläutert der 18-Jährige.

    Eines wollen die Stockschützen nicht, nämlich den Vergleich mit Curling. „Da gibt es gravierende Unterschiede. Zum einen gibt’s beim Curling kein bewegliches Ziel, zum anderen kann der Stein unterwegs noch beeinflusst werden. Unsere Daube ist beweglich, und wenn der Stock aus der Hand ist, ist er eben weg“, erläutert Florian Eglauer. Und auch beim Stockschießen gibt es Unterschiede, die Variante auf Eis sei viel schwieriger, als die auf Asphalt. „Asphalt verzeiht mehr Fehler“, erklärt Florian Eglauer.

    Viele Fehler macht der junge Kissinger sowieso nicht. Vor Kurzem wurde er bei der deutschen Meisterschaft mit der Mannschaft Zweiter, durfte auf einen Lehrgang zu Bundestrainer Roland Fischl und fährt nun mit der deutschen U19-Nationalmannschaft zur Europameisterschaft.

    Auf dem Ritten in Südtirol werden an vier Tagen die neuen Europameister gekürt. Auch Vater Volker wird vor Ort sein, um den Sohn zu unterstützen, Freundin Lydia wird zu Hause die Daumen drücken. Und der 18-Jährige hat sich ehrgeizige Ziele gesteckt. „Eine Medaille wäre natürlich super – und am liebsten würde ich ganz oben auf dem Treppchen stehen“, verrät Florian Eglauer. Und dann hätte sich der große Aufwand so richtig gelohnt.

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