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Sportporträt: Akrobat auf zwei Rädern

Sportporträt

Akrobat auf zwei Rädern

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    Akrobat auf zwei Rädern
    Akrobat auf zwei Rädern

    Aichach Wenn Jonas Lindermair auf seinem Fahrrad durch die Stadt rollt, verschwendet er keinen Gedanken an schnelle Zeiten, an Windschatten oder Zielsprint. Dem 16-jährigen Aichacher wäre dies viel zu eintönig. Ohne Kick. Lindermair hält Ausschau nach Kanten, Rampen und Treppen. Nach Hindernissen, die als Ausgangspunkt für akrobatische Kunststückchen dienen. Der Jugendliche fährt BMX – wobei fahren es kaum trifft. Meist fliegt er durch die Luft, dreht sich um die eigene Achse und sein Rad, streckt die Beine weit von sich. „Das macht einfach Spaß“, sagt der Aichacher.

    Seit er vor rund sechs Jahren mit seinem Lieblingssport begonnen hat, treibt es ihn regelmäßig in sandige Parks und auf rund geschwungene Halfpipes. Dort fühlt er sich wohl. Ganz nebenbei hat sich der Aichacher in der BMX-Szene einen Namen gemacht, wurde schon zu größeren Veranstaltungen in Frankreich oder Berlin eingeladen, weil er sich bayernweit bei Wettbewerben regelmäßig auf den ersten Plätzen einreiht.

    Demnächst startet er in Köln beim BMX-Masters. Nur ein kleiner Kreis an Fahrern darf dort seine Fähigkeiten auf zwei Rädern beweisen. Beworben hat sich Lindermair dafür mit einem Video, in dem er beeindruckende Flugeinlagen verbildlichte. „Eine Qualifikation und eine offizielle Serie des Verbands gibt es nicht“, erklärt Lindermair.

    Seit 2008 zählt Bicycle Moto Cross, kurz BMX, zu den olympischen Sommersportarten. Vieles läuft in dieser Sportart jedoch unkonventionell ab. Die Fahrer sind auf sich alleine gestellt, haben keinen Trainer, sondern bringen sich ihre Tricks selbst bei. Lindermair schaut sich Wettbewerbe im Internet an, holt sich Ratschläge bei anderen Fahrern, probiert Dinge auch einfach mal aus. Beurteilt werden in den Wettbewerben, Contests genannt, drei Kriterien: der Schwierigkeitsgrad des Tricks, die saubere Ausführung und die Höhe des Sprungs. Manches gehe dabei auch daneben, gesteht Lindermair.

    Die Leichtigkeit in der Luft muss er sich schwer erarbeiten. Teilweise muss er sie sogar mit Schmerzen bezahlen: Eine schwere Knieverletzung zwang ihn schon mal zu einer längeren Pause. Offensichtlicher Schutz ist der Helm, unter seinen engen Hosen trägt der 16-Jährige zudem Knie-, Schienbein- und Knöchelschoner. Übt er verrückte Dinge, greift er auch mal auf eine Matte zurück, die ihn notfalls weicher landen lässt. „In diesem Jahr will ich noch einen Flair, also einen Rückwärtssalto mit halber Drehung, hinbekommen“, sagt Lindermair. Kurz blitzt der Ehrgeiz auf, der hinter seinen Leistungen steckt.

    Sein schwarz lackiertes Rad sieht auf den ersten Blick schlicht aus. Dämpfer gibt es keine, die Sprünge werden in den Gelenken abgefedert. Erst die Details erklären den stolzen Preis von rund 2000 Euro für Lindermairs Fluggerät. Beispielsweise eine Bremse mit Kugellager oder der rotierende Lenker. Auf seinen niedrigen Rahmen ist Lindermair besonders stolz: Es ist die Eigenmarke seines Idols Harry Main. Der Brite zählt in der BMX-Szene zu den ganz Großen. Bei den X-Games in München hat Lindermair Mains Show vor Kurzem hautnah miterlebt. Und war beeindruckt.

    Main ist eine Ausnahme. Er bestreitet mit dem BMX-Fahren seinen Lebensunterhalt, hat Sponsoren, die ihn üppig unterstützen. Lindermair kann davon nur träumen. Zwar versorgten ihn ein, zwei lokale Unterstützer gelegentlich mit Material oder Klamotten, Geld verdienen ließe sich allerdings keines, erklärt er.

    Das will Lindermair künftig als Koch. Nach seinem Hauptschulabschluss beginnt er demnächst eine Lehre, wobei er hofft, dass weiter möglichst viel Zeit fürs Sporttreiben bleibt. Einerseits will er weiter in der B-Jugend des TSV Aichach Handball spielen, vor allem aber will er oft trickreich radeln.

    Nur zwei Minuten entfernt vom Skaterplatz in Aichach Nord und von der Sandbahn wohnt Lindermair. Optimal für ihn. Regelmäßig trainiert er allerdings auch in Augsburg, München oder Ulm; in großen Hallen, die BMX-Fahren auch im Winter möglich machen.

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