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Schiedsrichter: (K)ein Einzelkämpfer

Schiedsrichter

(K)ein Einzelkämpfer

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    Ziemlich allein müssen sich manche Schiedsrichter auf den Fußballplätzen fühlen. Beleidigungen gehören mittlerweile zum Alltag eines Unparteiischen. Immer öfter sehen sich die Männer an der Pfeife auch mit körperlicher Gewalt konfrontiert.
    Ziemlich allein müssen sich manche Schiedsrichter auf den Fußballplätzen fühlen. Beleidigungen gehören mittlerweile zum Alltag eines Unparteiischen. Immer öfter sehen sich die Männer an der Pfeife auch mit körperlicher Gewalt konfrontiert. Foto: Foto: dpa

    Aichach Es ist ein undankbarer Job, den Richard Augustin und seine Kollegen Woche für Woche verrichten. Fußballschiedsrichter: kein Traumberuf, kein Hobby, bei dem man viel Geld verdienen kann. Nein, die Männer an der Pfeife verrichten richtig harte Arbeit. Arbeit, die gefährlich werden kann. Denn das Gewaltpotenzial steigt. Auch auf dem Fußballplatz und dort vor allem gegen den Unparteiischen.

    Zwei besonders brutale Fälle aus dem Regierungsbezirk Schwaben gingen in den vergangenen Wochen durch die Medien. Zuerst wurde ein Schiedsrichter in Binswangen von einem Spieler mit einem Kopfstoß niedergestreckt. Nur zwei Wochen später drehten bei dem Spiel zweier E-Jugendmannschaften in Königsbrunn einige Eltern durch. Sie stürmten das Spielfeld und attackierten den Unparteiischen tätlich. Nur Einzelfälle oder leben Fußballschiedsrichter gefährlich?

    „Ganz so schlimm ist es nicht“, sagt Richard Augustin. „Es ist unberechenbar geworden. Und brutaler. Mittlerweile gibt es kaum noch Tabus.“ Der 28-jährige Steuerfachwirt muss es wissen. Seit 1999 leitet er für den TSV Pöttmes Fußballspiele. Hat es bis in die Bezirksoberliga geschafft und ist mittlerweile Obmann der Schiedsrichtergruppe Ostschwaben.

    Auch er wurde schon fast Opfer eines tätlichen Angriffs. Bei einem Oberligaspiel vor ein paar Jahren war es. „Es war eine hitzige Partie“, erinnert sich Augustin. „Es gab schon zwei Platzverweise gegen einen Verein, und als ich die dritte Rote Karte zog, flippte ein Spieler aus.“ Der Kicker, den Augustin schon über Jahre kannte und als „grundfair“ einstufte, holte zum Faustschlag aus: „Da denkst du an nichts mehr“, sagt der 28-Jährige.

    Augustin hatte Glück. Der Spieler überlegte es sich kurz vor der endgültigen Eskalation doch noch anders. „Genau das ist das, was ich mit unberechenbar meine“, sagt der Schiri-Obmann. „Situationen können innerhalb von Sekunden eskalieren. Da kann es dann eben sein, dass man zum falschen Moment am falschen Ort ist.“

    Ein Patentrezept, wie man solchen Situationen begegnen sollte, hat niemand. Die Unparteiischen werden zwar jährlich in speziellen Seminaren über Gewaltprävention geschult, bekommen die Anweisung, bei hektischen Begegnungen den Platz nach Spielschluss schnell zu verlassen – ausschließen kann man Übergriffe so aber nicht.

    Bezirksschiedsrichterobmann Jürgen Roth weiß dafür keine Lösung. Der BFV-Funktionär beobachtet die aktuellen Entwicklungen mit großer Sorge. Für ihn gibt es dauerhaft nur eine Lösung: lebenslange Sperre für Gewalttäter: „Die haben im Sport und auf dem Fußballplatz nichts zu suchen“, sagt Roth. Man merkt, dass dem BFV-Funktionär das Thema auf den Fingern brennt. In den vergangenen 30 Jahren als Schiedsrichter hat sich einiges angestaut: „Ich bin stinksauer“, sagt Roth. „Es war noch nie so schlimm wie aktuell. Deswegen sehe ich keine andere Möglichkeit mehr, als mit solchen drastischen Strafen ein Exempel zu statuieren.“

    Bezirksobmann nimmt Schiedsrichter mit in die Pflicht

    Dabei ist Roth durchaus bewusst, dass die Schuld nicht nur bei Spielern und Vereinen zu suchen ist. Auch die Schiedsrichter selbst tragen bei manchen Partien ihren Teil dazu bei, dass es zur Eskalation kommt: „Wir sind nicht immer unbeteiligt“, sagt Roth. „Unser Ziel muss sein, das vorzuleben, was wir selbst von den anderen wollen. Das klappt nicht immer.“

    Ein anderes Problem, das Roth aufgrund der aktuellen Entwicklungen auf den BFV zukommen sieht: Es wird über kurz oder lang ein Nachwuchsproblem bei den Schiedsrichtern geben. Immer weniger junge Leute begeistern sich für das Schiedsrichterwesen: „Das ist bei diesen Nachrichten auch nicht verwunderlich“, sagt Roth.

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