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Fußball: Was die zunehmende Belastung mit den Kickern macht

Fußball

Was die zunehmende Belastung mit den Kickern macht

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    Verletzte Fußballer sieht man derzeit öfters: Viele Vereine klagen über ungwöhnlich viele Ausfälle. Doch liegt das wirklich an der gestiegenen Anzahl von Spielen. Wir haben uns bei den Vereinen umgehört und auch einen Physiotherapeuten befragt.
    Verletzte Fußballer sieht man derzeit öfters: Viele Vereine klagen über ungwöhnlich viele Ausfälle. Doch liegt das wirklich an der gestiegenen Anzahl von Spielen. Wir haben uns bei den Vereinen umgehört und auch einen Physiotherapeuten befragt. Foto: Ulrich Wagner

    Egal ob Landesliga oder B-Klasse. Die Bilder gleichen sich bei vielen Vereinen im Landkreis Aichach-Friedberg in diesen Tagen – auf den Ersatzbänken herrscht teilweise gähnende Leere. Und die Gründe sind immer die gleichen: Angeschlagene oder gar verletzte Spieler sowie den ein oder anderen Urlauber. Englische Wochen, wie bei den Profis, gibt es seit einigen Jahren auch in den untersten Klassen – auf Kreisebene gab es wie im Vorjahr gleich zu Beginn der Punktrunde einen Doppelspieltag. Selbst die Kicker in den B-Klassen mussten am Sonntag, 12. August, ran und kämpften drei Tage später bereits wieder um Punkte. Die Kadergrößen wie in der Bundesliga gibt es im Wittelsbacher Land aber nur selten.

    Besonders hart trifft es in diesem Sommer den Bezirksligaaufsteiger FC Affing. In den vergangenen fünf Wochen hat der FCA inklusive Pokalspielen satte zehn Partien absolviert. Am Wochenende waren die Mannen von der Frechholzhauser Straße in der Liga auf Punktejagd und unter der Woche ging es im Pokal um den Einzug in die nächste Runde. „Hauptsache wir sind weiter und haben eine weitere Englische Woche“, hörte man Affings Spielertrainer Marc-Abdu Al-Jajeh nach dem mühevollen 3:1-Sieg bei den Sportfreunden Friedberg vor rund einer Woche leicht sarkastisch sagen. Kein Wunder hatte der Coach nur einen 13-Mann-Kader zur Verfügung. Darunter waren mit Haci Ay und dem Coach, der nach einer Sprunggelenksverletzung seine Saisonpremiere gab, zwei angeschlagene Spieler, die unter normalen Umständen nicht gespielt hätten, dabei. Jetzt hat der FCA auch im Viertelfinale gesiegt und darf am kommenden Mittwoch erneut ran. „Ich weiß nicht, ob die vielen Verletzten von der Belastung kommen, aber komisch ist das schon“, so Al-Jajeh und fügt hinzu. „Vielleicht sollte sich der Verband etwas einfallen lassen.“

    Neben den vielen Spielen ist auch die Hitze ein Problem für viele Amateurkicker. Mariusz Suszko, Spielertrainer beim Kreisligisten TSV Pöttmes, merkt das bei seinen Schützlingen. „Klar ist die Belastung höher geworden. Wenn du dann noch bei solchen ägyptischen Temperaturen spielst, leidet das Tempo darunter.“ Auch der ehemalige Regionalligaspieler hat eine lange Verletztenliste, sodass dem 31-Jährigen teilweise nur ein Auswechselspieler zur Verfügung stand. Für ihn hätte es den Doppelspieltag gleich zum Saisonstart nicht gebraucht. „Diesen Rhythmus sind die Spieler auf Kreisebene nicht gewohnt. Das geht an die Substanz und das muss der Körper erst einmal wegstecken. Wir sind keine Profis und müssen am nächsten Tag in die Arbeit.“ Das spiegelt sich im Training wieder. Anfang der Saison standen deshalb Fußball-Tennis und andere „Spaß-Spiele“ beim TSV auf dem Programm. „Natürlich würde ich gerne mit hoher Intensität trainieren, aber das geht dann einfach nicht.“ Dennoch will Suszko die Einteilung nicht kritisieren. „Das ist ja nicht neu. Die Spielleiter probieren viel aus und versuchen, den Vereinen entgegen zukommen.“ Einen Wunsch hat Suszko dann aber doch. „Es wäre schön, wenn in der Winterpause nicht schon fast Zweidrittel der Partien gespielt wären.“

    Wie Physiotherapeut Christof Link die zunehmende Belastung sieht

    Dass die Amateurkicker mehr gefordert sind, bekommt auch Physiotherapeut Christoph Link mit. Der 54-Jährige leitet des Therapie- und Trainingszentrum Aichach. Zu seinen Patienten gehören auch viele Fußballer aus dem Landkreis. Am häufigsten seien es Knieverletzungen. „Das ist klassisch. Meistens Kreuz- oder Innenband.“ Gestiegen sei Anzahl der Verletzten zwar nicht, dennoch merkt Link an. „Die Mannschaften haben Nachwuchsprobleme. Die Trainer haben so viel weniger Möglichkeiten zum wechseln.“ Dann müsse ein 35-Jähriger, der aufgrund von familiären Verpflichtungen nicht mehr zwei Mal pro Wochen trainieren kann, plötzlich drei mal pro Woche 90 Minuten ran. „Für denjenigen ist das eine Belastung“, so Link, der das Therapiezentrum in Aichach seit 2003 betreibt. Ein weiterer Faktor ist laut dem Stätzlinger die Hitze: „Solche Temperaturen schränken die Leistungsfähigkeit ein. Daran müssen wir uns anpassen – nicht nur im Fußball, sondern auch im Alltag.“ Link, der privat Radsport betreibt, weißt noch auf einen anderen Aspekt hin. „Durch die Trockenheit sind die Plätze extrem hart geworden, was durch die Stollenschuhe zu einer stark erhöhten Belastung der Sprunggelenke, Kniegelenke und Patellarsehen führt.“ Insgesamt sieht er die Entwicklung aber weniger problematisch. „Die Belastung ist im Amateurbereich größer geworden, weil auch die Profis immer mehr leisten müssen. Heutzutage trainieren aber auch die Amateure viel gezielter und können das besser verkraften.“ Auf der Verletzenliste würden sich die englischen Wochen deshalb nicht zwangläufig niederschlagen. „Einen direkten Zusammenhang sehe ich nicht.“

    Hängen Verletzungen mit dem Spielplan zusammen?

    Einen „absoluten Zusammenhang“ zwischen den vielen Verletzungen und der Überbelastung gerade zu Saisonbeginn stellt dagegen Merings Trainer Christian Cappek her. Gerade der Landesligist ist vom Verletzungspech verfolgt. Der ehemalige Profifußballer kann dabei auch profunde Vergleiche zum Amateurbereich ziehen. „Als Profi kümmerst du dich um deinen Körper und du wirst natürlich auch optimal betreut – dem harten Training folgt immer eine Regenrationsphase mit Ruhe und Massage.“ Im Amateurbereich sei das wesentlich schwieriger, schließlich gehe das Gros der Spieler ja einem Beruf nach, viele müssten auch körperlich arbeiten. „Wenn du acht Stunden in Sicherheitsschuhen am Arbeitsplatz stehst, dann am Abend noch hart trainierst und womöglich dann spät noch etwas isst, ist das eben nicht optimal – und die Hitze macht das Ganze nicht leichter“, meint der 28-Jährige. „Welcher Verein hat schon Sauna, Eistonne oder einen Physio, der rund um die Uhr für die Spieler da ist.“ Für ihn hat der Verband eine Mitschuld an der Überbelastung. „Die Sommerpause ist viel zu kurz, die Saison startet viel zu früh.“ Zwar reagieren die Trainer dahingehend, dass im Sommer schon weniger trainiert werde, dafür würden die Amateurfußballer aufgrund des dicht gedrängten Spielplans durch viele Englische Wochen gehetzt. „Da absolvieren manche ein Pensum, das man den Profis nicht zumuten würde. Der Spielplan muss entzerrt werden.“ (mit pkl)

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