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DFB-Affäre: Gesprächsbedarf mit dem Kaiser: Das sagen Funktionäre in der Region zur DFB-Affäre

DFB-Affäre

Gesprächsbedarf mit dem Kaiser: Das sagen Funktionäre in der Region zur DFB-Affäre

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    „Ich habe das Gefühl, er ist ein Bauernopfer.“Volker Wedel über den Rücktritt von Niersbach
    „Ich habe das Gefühl, er ist ein Bauernopfer.“Volker Wedel über den Rücktritt von Niersbach Foto: dpa

    Dass Wolfgang Niersbach im Zuge der WM-Affäre als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes zurückgetreten ist, macht Volker Wedel, 71, traurig. „Ich kenne ihn persönlich. Darum tut mir das leid. Der Umgang mit ihm war immer sehr angenehm“, sagt der Vorsitzende des schwäbischen Verbandes. Seit fast zehn Jahren lenkt Wedel die Geschicke der Fußballer Schwabens, vier Jahre bekleidete er darüber hinaus das Amt des bayerischen Vizepräsidenten. Wedel kennt Gepflogenheiten und Strukturen im Verbandswesen. Verspürt mitunter Gegenwind bei streitbaren Entscheidungen, zu denen er teils von der Obrigkeit gedrängt wird.

    Dass Niersbach, damals DFB-Generalsekretär, die Verantwortung für eine ominöse Zahlung im Vorfeld der Weltmeisterschaft 2006 übernommen hat, sei eine sportpolitische Entscheidung gewesen, mutmaßt Wedel. Weil er Niersbach für loyal und glaubwürdig hält, kann sich Schwabens Fußballchef eine wissentliche Verstrickung kaum vorstellen. Ein Rücktritt des DFB-Chefs aus freien Stücken kommt für Wedel nicht in Betracht. „Ich habe das Gefühl, er ist ein Bauernopfer.“ Er habe das auf sich genommen, fügt Wedel hinzu, damit Ruhe einkehren könne.

    Niersbach folgte im März 2012 auf Theo Zwanziger. Als Delegierter hat Wedel Niersbach damals gewählt. Schwabens Boss kann sich vorstellen, die öffentliche Demontage Niersbachs hat mit dieser Fehde aus der Vergangenheit zu tun. Und das, obwohl Zwanziger 2006 DFB-Präsident war und nun auch gegen ihn wegen Steuerhinterziehung ermittelt wird. „Ich glaube, das ist ein Racheakt“, betont Wedel und legt nach: „Er wollte verhindern, dass Niersbach Präsident der Uefa wird.“ Von Zwanziger ist bekannt, die DFB-Zentrale mit harter Hand geführt zu haben, das Binnenklima soll gestört gewesen sein. Wedel verwundert dies nicht, er habe selbst einmal erlebt, wie Zwanziger wütete.

    Wedel war bei der WM 2006 in die Organisation eingebunden, war im Organisationskomitee (OK) in München für den Volunteer-Dienst zuständig. Die jüngsten Entwicklungen, der fade Beigeschmack, den das „Sommermärchen“ inzwischen hat, ärgern ihn. Er betont: „Hätte ich nur die leiseste Ahnung gehabt, dass da etwas faul ist, hätte ich nicht mitgemacht.“

    Eine federführende Rolle nahm OK-Chef Franz Beckenbauer ein. Weil ein brisanter Vertragsentwurf, in dem Fifa-Exekutivmitglied Jack Warner Leistungen des DFB zugesagt worden sein sollen, Beckenbauers Unterschrift trägt, wächst der Druck auf den Kaiser. Politiker fordern ihn auf, sein Schweigen zu brechen. Ebenso Rainer Koch, der als Vizepräsident gemeinsam mit Reinhard Rauball nun beim DFB das Sagen hat.

    Das Wort von Koch, 56, Präsident des bayerischen Fußballverbands, hat Gewicht. Er erkämpfte für den größten Landesverband eine eigene vierte Liga (Regionalliga Bayern), punktet mit der Kampagne „Pro Amateurfußball“. Drückt aber auch unpopuläre Maßnahmen wie den elektronischen Spielberichtsbogen durch, wenn er es für nötig hält. Nun ist er als Nachfolger Niersbachs im Gespräch. Auch wenn der Jurist als Förderer des Amateurfußballs gilt, unumstritten ist er bei den Vereinen Bayerns nicht.

    Konrad Höß, Präsident des Bayernligisten FC Pipinsried, erzählt von seiner jüngsten Begegnung mit Koch am Rande eines Spiels in Heimstetten. Koch habe ihm auf seinem Handy E-Mails gezeigt, berichtet Höß. „Viele schimpfen über ihn und beleidigen ihn.“ Höß, 74, setzt sich seit Jahrzehnten wortreich für den Amateurfußball ein, in Koch sieht er einen Bruder im Geiste. „Ich halte ihn für einen sehr guten Mann, er hat im Amateurfußball etwas bewegt“, sagt Höß.

    Gemeinhin erwarten Verantwortungsträger der Vereine kaum Auswirkungen der DFB-Affäre auf ihre tägliche Arbeit, gesprochen werde mit Kollegen aber darüber, bestätigt Josef Kigle, Vorstand Spielbetrieb des TSV Aindling. Für ihn steht außer Frage, dass Geld geflossen ist, um die WM zu bekommen. „Egal, ob es sich um eine WM, EM oder Olympia handelt. Solche Großereignisse werden gekauft“, sagt Kigle überzeugt. Er befürchtet, die WM, mit den vielen tollen Momenten, werde nun zerredet.

    Kigle kennt Koch von Verbandstagungen. Für den bayerischen Amateurfußball hätte der gebürtige Kieler bisher mehr bewirken können, räumt der Aindlinger ein. Kigle traut dem Juristen Koch jedoch zu, die DFB-Affäre lückenlos aufzuklären. „Er ist ein Hundertprozentiger.“ Auch als DFB-Präsidenten könnte Kigle sich den 56-Jährigen durchaus vorstellen.

    Noch vor der EM 2016 soll Niersbachs Nachfolge geklärt werden. Über das nötige Netzwerk und Kontakte verfügt Koch. Ob er sich als Kandidat in Position bringen kann, hängt auch davon ab, wie schnell er die WM-Affäre aufklären kann. Einer, der Koch wählen würde, wäre Wedel. Der Bezirkschef bezeichnet Koch als „sehr guten Kandidaten“, der bewiesen hätte, einen riesigen Verband führen zu können. Wedel würde die Wahl aber auch bedauern. Denn: „Für uns wäre es nicht gut: Weil wir dann in Bayern einen neuen Präsident bräuchten.“

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