Als die Ringglocke das Ende der zehnten Runde verkündet, huscht ein flüchtiges Lächeln über Tina Rupprechts Gesicht. Ein blutiger Cut prangt über ihrem linken Auge, aber die 26-Jährige scheint sich sicher: Der Titel ist verteidigt. Wenige Minuten später machen es die Punktrichter offiziell: Mit 96:92, 97:91 und 96:92 geht der Boxkampf einstimmig an die alte und neue Weltmeisterin der WBC im Minimumgewicht. Unter tosendem Jubel der knapp 1100 Zuschauer im Kühbacher Sportpark reißt die Augsburgerin die Arme in die Höhe und lässt sich ausgiebig feiern.
Rupprechts Titelverteidigung gegen Niorkis Carreno aus Venezuela war das Highlight dieses Boxspektakels am Samstagabend. In den ersten acht Vorkämpfen zeigten Boxer aus verschiedenen Nationalitäten ihr Können. Deutschland, Rumänien, Argentinien, Kanada und weitere Länder waren sechs Stunden lang in der zum Box-Tempel umgebauten Stockschützenhalle in verschiedenen Gewichtsklassen zu sehen. Den Anfang hatten Denny Heidrich aus Berlin und Fadil Pasalic aus Bosnien-Herzegowina gemacht. Nach drei von vier Runden gewann Heidrich durch ein technisches K-o. Den Sieg nach Punkten holte sich anschließend der Münchner Vartan „The Punch“ Avetisyan nach acht Runden gegen Nikola Matic, ebenfalls aus Bosnien-Herzegowina. Später stieg Leon Harth aus Detmold in den Ring. In diesem Kampf ging es um den WBC Asia Titel im Halbschwergewicht, den bislang Ibragim Tsurov aus Chekhov (Russland) trug. Nach insgesamt zehn Runden gewann Harth nach Punkten: 99:91, 98:92, 99:91 und 99:91 vergaben die Punktrichter. Direkt im Anschluss wartete auch schon das Highlight des Boxspektakels, der zehnte Kampf des Abends. Um kurz nach 23 Uhr liefen die 20-jährige Niorkis Carreno aus Caracas (Venezuela) und Tina Rupprecht bei gedämpftem Licht und lauter Musik in die Arena ein.
Tina Rupprecht: Flinke Füße und schnelle Schläge
Die Stimmung im Publikum war aufgeheizt. Auf flinken Beinen tastete sich Rupprecht zunächst an ihre Kontrahentin ran. „Mach sie alle, hau sie aus der Halle“ war von den Zuschauern derweil zu hören. Und Rupprecht ging in die Offensive. In Runde zwei und drei traf die Augsburgerin, die wegen ihrer Größe, 1,53 Meter, „Tiny Tina“ genannt wird, Carreno mehrfach hart. Rupprecht tänzelte dabei immer wieder erfolgreich aus der Reichweite ihrer Gegnerin, die einen leichten Größenvorteil verzeichnet und ein halbes Kilo mehr auf die Waage bringt. Die Venezolanerin versuchte derweil ihren körperlichen Vorteil zu nutzen. Doch das beeindruckte Rupprecht nicht. Die harten Schläge der Herausforderin prallten zumeist auf eine sichere Doppeldeckung. In der dritten Runde hinterließ ein Kopfstoß von Carreno eine Platzwunde auf Rupprechts linker Augenbraue. Es folgte ein Punktabzug für Venezolanerin. Doch Rupprecht revanchierte sich und gab in Runde vier den Stoß zurück und kassierte ebenfalls einen Punktabzug. Blutend wurden beide Boxerinnen von ihren Betreuern versorgt und marschierten gezeichnet in die zweite Kampfhälfte.
In Kühbach macht die Weltmeisterin am Ende ernst
Gegen Ende wirkte Carreno zunehmend träge, ihre Beinarbeit wurde langsamer. Ihre Schläge hingegen blieben hart, unberechenbar und präzise. Rupprecht jedoch war konditionell voll auf der Höhe, tänzelte unbeeindruckt um ihre Gegnerin herum und erzielte einen schnellen Treffer nach dem anderen. Nach der zehnten Runde stand es dann fest: Tina Rupprecht alias „Tiny Tina“ verteidigte erfolgreich ihren Weltmeistertitel im Minimumgewicht. Strahlend erzählt sie anschließend: „Ich fühle mich mega und die ganze harte Arbeit hat sich gelohnt.“ Und wie hat sie den Kampf erlebt? „Ich gehe immer gleich in den Kampf, voll fokussiert. Es ist egal ob ich den Titel verteidige oder ihn mir erst holen muss. Ich wusste nicht viel über die Gegnerin, es war nicht bekannt wie sie kämpft aber schon in der ersten Runde wusste ich, dass es machbar ist.“
Zufrieden war auch Veranstalterin Nadine Rasche: „Das wünscht man sich als Veranstalter, es war einfach alles toll und ein super Event. Die Kühbacher haben uns gut geholfen.“ Jetzt ist erst für Rupprecht erst mal Pause angesagt – vielleicht kommt die 26-Jährige allerdings schon bald wieder: „Der Plan ist, dass es im März weitergeht“, verrät sie. Drei bis vier Kämpfe möchte Rupprecht im Jahr bestreiten, ob darunter auch einer in Kühbach stattfinden wird, steht jedoch noch in den Sternen.
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