Es ist die Nacht auf Samstag, gegen 1.30 Uhr fährt ein Zug der Bayerischen Regiobahn (BRB) auf der Paartalbahn in den Bahnhof im Kühbacher Ortsteil Radersdorf ein. Laut BRB sitzen 100 bis 120 Personen in diesem letzten Zug des Abends von Ingolstadt nach Augsburg-Hochzoll, die Bundespolizei teilt später ersten Ermittlungen zufolge eine Zahl von 40 Fahrgästen mit. Ob 40 oder 120: Die Passagiere müssen in dieser Nacht rund zwei Stunden warten, bis sie wieder weiterfahren können. Denn eine betrunkene Fahrdienstleiterin stellt das Signal nicht um und löst so einen ungewöhnlichen Einsatz aus, der auch am Montag danach noch viele Fragen aufwirft.
Bereits bekannt war, dass der 35-jährige Lokführer mehrmals versuchte, die diensthabende 61-jährige Fahrdienstleiterin zu kontaktieren. Wie die Bundespolizei am Montag mitteilte, sei dem Lokführer aufgefallen, dass die Kommunikation „unklar und widersprüchlich“ gewesen sei. Als schließlich überhaupt keine Kommunikation mit der 61-Jährigen mehr möglich war, lief der Lokführer zur Bedienungszentrale. Weil sich die Fahrdienstleiterin jedoch eingesperrt hatte und nicht mehr reagierte, wählte der 35-Jährige den Notruf.
1,48 Promille: Betrunkene Fahrdienstleiterin verwehrt Zug die Weiterfahrt
In der Pressemitteilung der Bundespolizei heißt es weiter, dass die Bahnmitarbeiterin noch vor Eintreffen der Rettungskräfte die Tür öffnete, aber einen „stark alkoholisierten Eindruck“ machte. Beamte der Polizeiinspektion Aichach fanden mehrere Flaschen Alkohol, ein Alkoholtest ergab zudem einen Wert von 1,48 Promille. Die Staatsanwaltschaft ordnete eine Blutentnahme an, gegen die 61-Jährige ermittelt die Bundespolizei Augsburg nun wegen Gefährdung des Bahnverkehrs.
Wie die Deutsche Bahn (DB) als Arbeitgeberin auf Nachfrage unserer Redaktion mitteilt, sei Alkoholkonsum im Dienst „selbstverständlich überall im Unternehmen tabu“. An allen Arbeitsplätzen gelte die Null-Promille-Regelung, sagt eine Sprecherin des Unternehmens: „Die DB ahndet Vorfälle umgehend und nach einem strengen Regelwerk. Der Vorfall wird aktuell intern aufgearbeitet.“
Vorfall in Kühbach-Radersdorf: Hätte es zu einem Zusammenprall kommen können?
Die Fahrdienstleiterinnen und -leiter der Deutschen Bahn steuern Weichen und Signale. Darüber hinaus gelte laut DB grundsätzlich: Die Stellwerke haben ein „fundiertes Sicherheitssystem, das menschliche Fehlhandlungen technisch verhindert“. Die Sprecherin sagt: „Dies hat auch im konkreten Fall am Samstagabend in Radersdorf funktioniert: Das Signal stand auf Rot.“ Deshalb steckte der Regionalzug auch zwei Stunden im Radersdorfer Bahnhof fest.
Unklar ist nach wie vor, ob es bei möglichem Gegenverkehr zu einem Zusammenprall hätte kommen können, die Strecke der Paartalbahn verläuft bis auf Überholmöglichkeiten an den regulären Bahnhöfen größtenteils eingleisig. Darauf konnten weder Deutsche Bahn noch Bayerische Regiobahn bis Montagabend Auskunft geben.
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