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Obergriesbach: Ukrainische Geflüchtete feiern Weihnachten: "Diesmal ist alles anders"

Obergriesbach

Ukrainische Geflüchtete feiern Weihnachten: "Diesmal ist alles anders"

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    Kateryna Druzhenets ist mit ihrer Tochter und ihrer Mutter aus der Ukraine nach Obergriesbach geflohen. Dieses Weihnachten werden sie anders als sonst verbringen.
    Kateryna Druzhenets ist mit ihrer Tochter und ihrer Mutter aus der Ukraine nach Obergriesbach geflohen. Dieses Weihnachten werden sie anders als sonst verbringen. Foto: Lara Voelter

    Ein paar Geldscheine haben die ukrainischen Bewohnerinnen der ehemaligen Schlosswirtschaft in Obergriesbach an den Tannenbaum im Gemeinschaftsraum gehängt. Papiergeld. Denn das soll Glück und Wohlstand bringen und Hoffnung geben, sagt Alina Khrin. Sie ist eine der Frauen, die aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet sind und in trotz des Krieges feiern – nach ukrainisch-deutscher Art.

    Bis auf wenige Ausnahmen sind es Mütter mit ihren Kindern, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind. Mehrheitlich leben ihre Ehemänner, Eltern, Geschwister, weitere Verwandte und Freunde noch in ihrem Heimatland, feiern zum ersten Mal Weihnachten im Krieg. Wie in Deutschland ist

    Die ukrainischen Geflüchteten haben den Weihnachtsbaum in der ehemaligen Schlosswirtschaft in Obergriesbach geschmückt und freuen sich auf eine gemütliche Feier an Heiligabend.
    Die ukrainischen Geflüchteten haben den Weihnachtsbaum in der ehemaligen Schlosswirtschaft in Obergriesbach geschmückt und freuen sich auf eine gemütliche Feier an Heiligabend. Foto: Lara Voelter

    Sie möchten das Weihnachtsfest in diesem Jahr zweimal begehen: wie in Deutschland üblich am 24. Dezember, aber auch am 6. und 7. Januar. Auch wenn es in der Ukraine Katholiken und Protestanten gibt, ist die Mehrheit der Christen dort orthodox. In der Westukraine ist vor allem die griechisch-katholische Kirche präsent, die wie die orthodoxen Christen dem russischen julianischen Kalender folgt. Dieser datiert Jesu Geburt auf den 6. Januar. Jahrhundertelang wurde von vielen also am 6. und 7. Januar gefeiert. Putins Krieg gegen das Nachbarland hat jedoch einiges verändert. 

    Der 25. Dezember ist seit einigen Jahren ein gesetzlicher Feiertag in der Ukraine. Allerdings erlaubt die ukrainisch-orthodoxe Kirche (UOK) ihren Gläubigen in diesem Jahr zum ersten Mal offiziell, das Weihnachtsfest auch an diesem Tag zu feiern, um sich an Europa zu orientieren. Und vor allem: um sich abzugrenzen von Russland. Eine äußerst politische Entscheidung und der Versuch, die ukrainische Identität durch religiöse

    Der Krieg in der Ukraine hat viele Familien auseinandergerissen

    Kateryna Druzhenets, 38, ist im März mit ihrer achtjährigen Tochter Anna und ihrer Mutter von Sumy in der Ostukraine nach Obergriesbach geflohen. Ihr Mann Volodymyr ist noch in der Ukraine. Sie sagt: "Diesmal ist alles anders. Es ist schwer für uns, dass er nicht da sein wird." Sie habe ihm geraten, zu seinen Eltern oder zu Freuden zu gehen. Wie Kateryna Druzhenets, Anna, ihre Mutter und die anderen Familien den Abend des 24. in der ehemaligen Schlosswirtschaft gestalten werden, stand beim Gespräch mit unserer Redaktion noch nicht endgültig fest.

    Klar ist allerdings: Sie kochen zusammen, denn in der Ukraine gehört es an Weihnachten dazu, selbst zu kochen. Etwa den traditionellen süßen Brei Kutja. Er besteht aus Reis, Hafer, Weizen oder Gerste. Hinzu kommen Mohn, Honig und Zucker. Zwar kocht jede Familie nach eigenem Rezept und fügt noch weitere Zutaten wie Walnüsse oder Rosinen hinzu, aber die Hauptzutaten bleiben stets gleich. Das Getreide symbolisiert den Kreislauf des Lebens und die Wiedergeburt der Seele. Der Mohn steht für Fruchtbarkeit und Reichtum und der Honig für die Süße des Lebens sowie für das ewige Leben. 

    Manche ukrainische Familien tischen an Weihnachten zwölf Gerichte auf

    Wer denkt, dass deutsche Familien an Heiligabend üppig auftischen, wird nun stutzen: Laut Druzhenets kochen viele Ukrainerinnen und Ukrainer zwölf Gerichte, die auf die zwölf Apostel verweisen. Der 6. Januar ist der letzte Tag einer 40-tägigen Fastenzeit vor Weihnachten. Allerdings werde dies nicht mehr so streng gehandhabt, sagt sie. Ihre Familie übt diese Tradition zum Beispiel nicht aus. 

    Einige der ukrainischen Weihnachtstraditionen spiegeln alte Riten wider, die noch von heidnischen Bräuchen stammen. So ist Weihnachten als Fest der Familie nicht nur ein Fest für die Lebenden. Die Ukrainer gedenken an Heiligabend ihrer verstorbenen Verwandten. Traditionell steht deshalb immer ein leerer Teller mit Besteck am Fenster, damit die Ahnen sich am Essen bedienen können. Unter der Tischdecke wird meist Heu ausgelegt, was an die Geburt Christi erinnern soll. An den Ecken des Tisches liegen Nüsse und Knoblauch. Sie sollen für Gesundheit und Kraft sorgen. Mit einem Seil umwickelte Tischbeine stehen für den Zusammenhalt der Familie. 

    Mehrere ukrainische Familien, die geflüchtet sind, wohnen in der ehemaligen Schlosswirtschaft in Obergriesbach. In diesem Jahr werden sie Weihnachten anders als üblich feiern.
    Mehrere ukrainische Familien, die geflüchtet sind, wohnen in der ehemaligen Schlosswirtschaft in Obergriesbach. In diesem Jahr werden sie Weihnachten anders als üblich feiern. Foto: Lara Voelter

    Kateryna Druzhenets berichtet, ein weiterer Brauch sei es, dass die Kinder an Weihnachten ihre Patentanten und -onkel besuchen und ihnen Essen und kleine Geschenke vorbeibringen. Außerdem ziehen Sternsinger von Haus zu Haus. Je mehr an die Tür klopfen, desto besser: Glück und Wohlstand winken. 

    Was den Ukrainerinnen an der Weihnachtszeit im Landkreis Aichach-Friedberg besonders gut gefällt? "Glühwein", rufen verschiedene ukrainische Frauen nahezu gleichzeitig und lachen. 

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