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Interview: Pöttmeser Bürgermeister: "Brauchen wir immer neue Baugebiete?"

Interview

Pöttmeser Bürgermeister: "Brauchen wir immer neue Baugebiete?"

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    Die St2045 zwischen Pöttmes und Kühnhausen ist frisch saniert. Sie erhielt zudem einen Radweg, auf dem auch Bürgermeister Mirko Ketz schon mehrfach zur Arbeit ins Rathaus fuhr.
    Die St2045 zwischen Pöttmes und Kühnhausen ist frisch saniert. Sie erhielt zudem einen Radweg, auf dem auch Bürgermeister Mirko Ketz schon mehrfach zur Arbeit ins Rathaus fuhr. Foto: Nicole Simüller

    Wie geht es Ihnen gerade, Herr Ketz?
    MIRKO KETZ: Es geht mir gesundheitlich und familiär gut. Die Arbeit macht immer noch Spaß, auch wenn das ein oder andere graue Haar dazugekommen ist (lacht).

    Sie sind vor drei Jahren zum Bürgermeister in Pöttmes gewählt worden. Was war bislang Ihr schönster Tag in dieser Amtszeit?
    KETZ: Ich fand's wunderschön, als die ersten Feste wieder losgingen und wir als Gemeinde wieder zusammenkommen konnten. Das hat mir in zwei Jahren Corona gefehlt: dass man draußen bei den Leuten ist, mit ihnen redet und sich ein Feedback holt. 

    Die finanzielle Lage der Gemeinde ist angespannt. Zugleich hat sie große Aufgaben zu bewältigen. Worauf werden die Gemeinde und ihre Menschen verzichten müssen?
    KETZ: Ich sehe es als moralischen Anspruch, dass wir mit dem Geld auskommen, das uns die Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung stellen. Wir müssen aufpassen, dass wir handlungsfähig bleiben. Es stehen große Projekte an, die zu den Pflichtaufgaben einer Kommune gehören: Ausbau der Infrastruktur, Sanierung der Kläranlage, Straßen, Radwege ... Dass wir die Wasser- und Abwassergebühren erhöhen müssen, ist kein Geheimnis mehr. Wir haben Straßenbauprojekte wie die Schwedenstraße in Pöttmes oder die Hauptstraße in Handzell angestoßen. Die müssen jetzt erst mal abgearbeitet werden.

    Wie viel kann, wie viel muss Pöttmes in Sachen regenerativer Energie leisten?
    KETZ: Die Mehrheit des Gemeinderats ist sich unserer Verantwortung bewusst - auch, dass wir gegenüber urbanen Gebieten mehr Verantwortung übernehmen müssen. In Städten kann man keine Freiflächenfotovoltaikanlagen aufstellen. Ich war froh, dass sich der Gemeinderat verpflichtet hat, zu den zwei Prozent Flächen für Windräder weitere zwei Prozent für Freiflächenfotovoltaikanlagen auszuweisen. Nun hängt es davon ab, ob der Regionale Planungsverband eventuell noch mehr Flächen ausweist. Ich denke, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Wir stellen bis Ende April unsere Straßenbeleuchtung auf LED um, wollen die Kläranlage - unseren größten Stromverbraucher - mit Solarenergie versorgen und wollen in absehbarer Zeit klimaneutral werden. Diesem Staatsziel sehen wir uns verpflichtet.

    2016 hat die CSU-Fraktion beantragt, die Windkraft-Konzentrationsflächen am Gumppenberg und im Ebenrieder Forst aufzuheben. Auch Sie haben damals für die Aufhebung gestimmt. Der Antrag wurde im Gemeinderat mehrheitlich abgelehnt. Sind Sie heute froh, dass Pöttmes im Gegensatz zu anderen Gemeinden eine Ausweisung von Windkraftflächen quasi in letzter Minute erspart bleibt? 
    KETZ: Zu meiner Entscheidung von 2016 stehe ich. Unter damaligen Gesichtspunkten war sie richtig. Wir hatten die 10H-Regel, die einen wesentlich größeren Schutzradius bot. Rückblickend bin ich froh, dass wir die Konzentrationsflächen haben. Unter dem Gesichtspunkt des Ukraine-Krieges haben wir inzwischen einen neuen Blick auf das Thema. Es gibt ein Umdenken bei vielen Menschen. Ich hoffe, dass das Projekt im Ebenrieder Forst nun schnelle Umsetzung findet. Wir müssen einen Großteil unserer Energie hier vor Ort gewinnen. Derzeit holen wir uns Fracking aus den USA, LNG aus Katar. Das ist moralisch fragwürdig und nicht erklärbar. 

    Was ist aus dem im Wahlkampf angekündigten Bürgerdialog zu neuen Bau- und Gewerbegebieten geworden?
    KETZ: In der Corona-Zeit war die Möglichkeit des Austausches nicht so da. Ein gutes Beispiel allerdings ist Handzell: Dort haben wir die Bürgerinnen und Bürger gefragt, wie man ihr Dorf schöner machen könnte. Momentan erheben wir das Potenzial an Flächen für die Innerortsverdichtung. Wir werden uns im Gemeinderat und wahrscheinlich später auch mit den Bürgern diese Potenzialanalyse noch mal ansehen. Wir müssen schauen: Wo entwickeln wir uns als Gemeinde hin? Ist das noch der ländliche Charakter, den wir wollen? Brauchen wir immer neue Baugebiete, die ja auch Folgekosten mit sich bringen? Kindergärten, Schule, Kläranlage müssen auf all das ausgelegt werden.

    Die wichtigsten Projekte in Pöttmes

    Die drei wichtigsten abgeschlossenen Projekte in Pöttmes:

    Die drei wichtigsten Zukunftsprojekte in Pöttmes:

    Sie haben nach der Kommunalwahl 2020 gesagt, die Arbeit im Gemeinderat solle sich fortsetzen wie bisher. Wie bewerten Sie die dortige Zusammenarbeit?
    KETZ: Die ein oder andere Auseinandersetzung hat vielleicht an Schärfe zugenommen. Das führe ich hauptsächlich darauf zurück, dass wir zu mehr Sachen Nein sagen müssen. Das Schöne ist, dass es bei uns immer noch um die Sache geht. Ich sehe keine Gefahr, dass wir auseinanderdriften.

    Was war die schwierigste und was die einfachste Entscheidung Ihrer bisherigen Amtszeit?
    KETZ: Am schwierigsten war die Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuern 2021. Sie war aufgrund der Haushaltslage unabdingbar. Wir müssen in den nächsten Jahren auch freiwillige Leistungen überdenken. Einfache Entscheidungen gab's viele. Hier geht ein großes Dankeschön an die Verwaltung für die gute Vorbereitung und den Gemeinderat.

    Wann hatten Sie zuletzt Zeit für Ihr Hobby?
    KETZ: Vor meiner Bürgermeistertätigkeit bin ich viel Rad gefahren. Das geschieht jetzt nicht mehr in dem sportlichen Umfang. Darum freue ich mich auf die Radlsaison, wenn ich ab und zu mit dem Rad zur Arbeit fahren kann. Es bleibt nicht so viel Freizeit. Auch die Zeit mit der Familie ist eingeschränkt. Ab und zu komme ich immerhin noch zum Kochen.

    Zur Person

    Mirko Ketz (CSU), 48, arbeitete vor der Kommunalwahl 2020 als Polizeibeamter auf der Dienststelle in Neuburg. Der gebürtige Dresdner wohnt seit über 20 Jahren im Pöttmeser Ortsteil Echsheim. Vor drei Jahren übernahm er das Bürgermeisteramt in Pöttmes von Franz Schindele, der nach zwölf Jahren nicht mehr angetreten war. Ketz wurde mit knapp 51 Prozent der Stimmen gewählt.

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