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Hollenbach-Mainbach: Vor 150 Jahren brannte in Mainbach der Kasmer-Hof ab

Hollenbach-Mainbach

Vor 150 Jahren brannte in Mainbach der Kasmer-Hof ab

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    Vor 150 Jahren ist der Kasmer-Hof in Mainbach nach einem Blitzschlag komplett abgebrannt. So sah der Kasmer-Hof um das Jahr 1954 aus.
    Vor 150 Jahren ist der Kasmer-Hof in Mainbach nach einem Blitzschlag komplett abgebrannt. So sah der Kasmer-Hof um das Jahr 1954 aus. Foto: Repro Josef Abt

    Ein schweres Gewitter zieht auf. Blitze zucken am Himmel und einer davon schlägt in ein Gebäude eines landwirtschaftlichen Hofes, der kurz darauf lichterloh brennt. Zu allem Übel gibt es wenig Löschwasser und keine Feuerwehr, die bei der Brandbekämpfung hätte schnell eingreifen können. Die Gebäude brennen bis auf die Grundmauern nieder. Ereignet hat sich das vor 150 Jahren in Mainbach (heute Gemeinde Hollenbach): Der Kasmer-Hof wurde völlig zerstört.

    Es war an einem Sonntag, genau am 28. Juli 1872, als ein Blitz in das Anwesen des Bauern Martin Altmann ("Kasmer-Hof") an der Abzweigung der Dorfstraße von der Donauwörther Straße einschlug. Fast die gleiche Situation gab es vor wenigen Wochen, als ebenfalls ein Blitzschlag einen Brand auf einem landwirtschaftlichen Anwesen nicht weit vom damaligen Brandort, in Hollenbach, auslöste und einen hohen Schaden verursachte. In Hollenbach verhinderte die Feuerwehr mit ihrem schnellen Eingreifen und modernen Brandbekämpfungsgeräten Schlimmeres.

    Eine Handdruckspritze ist das einzige Löschgerät

    Vor 150 Jahren aber gab es in Mainbach weder eine ausgebildete Feuerwehr noch Löscheinrichtungen, außer Eimern und einer Handdruckspritze, die bei einem Bauern stand. Doch mit dieser war dem wütenden Großbrand nicht beizukommen. Innerhalb weniger Stunden wurden Wohn- und Nebenhaus sowie alle Ökonomiegebäude wie Stadl, Stall, Schweinestall und das Wagenhaus zerstört. Die Futtervorräte wurden ebenso vernichtet wie die meisten "Hausfahrnisse", also bewegliche Güter. Etliches Vieh kam in den Flammen um. Der Hofhund, noch an der Kette befestigt, verendete qualvoll.

    So sah der Kasmer-Hof in Mainbach um das Jahr 1930 aus.
    So sah der Kasmer-Hof in Mainbach um das Jahr 1930 aus. Foto: Repro Josef Abt

    Diese Details und noch viele andere hat der Mainbacher Günter Schulz recherchiert und niedergeschrieben. Er erforscht intensiv die Geschichte seines Heimatdorfs im Internet und in Archiven und sitzt oft tagelang in seinem Büro. Die Dorfgeschichte allgemein interessiert ihn bis ins kleinste Detail. Vieles hat er bereits archiviert. Der frühere Maurer, der zuletzt in einem lederverarbeitenden Betrieb arbeitete, ist seit vier Jahren im Ruhestand. Schon zum 100. Jubiläum der Mainbacher Feuerwehr ist Schulz, früher Feuerwehrkommandant, in die Geschichte eingetaucht und hat die Festschrift gestaltet. Vielleicht hat ihn die Geschichte über den Brand vor 150 Jahren dazu inspiriert, auch die Zeit nach dem Brand mit dem Wiederaufbau zu erforschen.

    Die Presse berichtet überregional über den Großbrand

    Über den Großbrand wurde damals überregional in der Presse berichtet. In der Ingolstädter Zeitung war am Samstag, 3. August 1872, unter der Rubrik "Aus Aichach" im "Bayerischen Kurier" zu lesen: "Gestern abends war hier ein Gewitter, wie wir noch selten eines erlebten. In dem Orte Mainbach, eine Stunde von hier, schlug der Blitz in den Bauernhof des Kasmer, welcher gänzlich niederbrannte, ein. Von den Alleebäumen nach Oberbernbach wurden zwei vom Sturme umgerissen und auf die Straße geworfen, so dass man dieselbst erst beseitigen musste, ehe man mit der Aichacher Feuerspritze durchkommen konnte". Die Aichacher Feuerwehr konnte nicht mehr viel retten; der Kasmer-Hof (Hausnummer 20) brannte mehr oder weniger bis auf die Grundmauern nieder.

    Es begann die mühevolle Aufräumarbeit der Familie Altmann und vieler Freiwilliger, von Verwandtschaft und Nachbarschaft. Die brandgeschädigte Familie hatte aber Glück im Unglück. Der westliche Nachbarhof, der Michlbauer-Hof (Hausnummer Nr. 21) stand schon seit rund sieben Jahren leer. Die früheren Besitzer, Joseph und Emerentia Weichsler, mussten nämlich im Oktober 1865 laut Amtsblatt eine öffentliche Versteigerung über sich ergehen lassen, in der Pferde, Vieh und Gerätschaften den Besitzer wechselten. Den Rest des Michlbauer-Hofes tauschten die Weichslers laut einem Brief vom 30. Dezember 1865 mit dem Aichacher Ökonomen Karl Manhard gegen das Anwesen Nummer 17 in Holzheim im Wert von 7450 Silbergulden (fl) ein.

    Die Brandleiderfamilie kann den Nachbarhof kaufen

    Manhard bewirtschaftete einen der größten Bauernhöfe auf den Fluren der Stadt Aichach und handelte mit Bauerngütern und landwirtschaftlichen Grundstücken. Der neue Besitzer kaufte und verkaufte verschiedene Grundstücke, letztendlich blieben 24,21 Tagwerk als Grundbesitz auf dem Anwesen Weichsler übrig. Auf dem leer stehenden Michlbauer-Hof konnte die Familie Altmann schnell unterkommen, samt dem Vieh, das überlebt hatte. Martin Altmann konnte den Hof kurzfristig von Karl Manhard kaufen. Der Preis lag bei 7000 Silbergulden laut einer Urkunde vom 27. August 1872.

    Das Kasmer-Haus in Mainbach heute: Direkt an der Durchgangsstraße gelegen ist es mit seiner schönen Fassade ein Hingucker.
    Das Kasmer-Haus in Mainbach heute: Direkt an der Durchgangsstraße gelegen ist es mit seiner schönen Fassade ein Hingucker. Foto: Josef Abt

    Auf dem Hof stand auch ein sogenannter Ziegelstadl, in welchem früher Ziegel produziert wurden. Diesen Ziegelstadl samt Brennofen baute der neue Besitzer Martin Altmann ab und auf dem Gelände, wo vorher der abgebrannte Kasmer-Hof gestanden hatte, wieder auf. Der Untergrund dieser jetzt eingeebneten Hofstelle war nämlich sehr lehmig und für die Ziegelproduktion bestens geeignet. Deshalb begann die Familie Altmann schon ein Jahr nach dem Brand und der Behördengenehmigung mit der Ziegelproduktion.

    Dafür hatte man sich einen italienischen Ziegelbrennmeister und mehrere italienische Fremdarbeiter besorgt, die hier aber erst nach einer Arbeitserlaubnis tätig werden konnten. Auch mehrere einheimische Hilfskräfte wurden in der Produktion beschäftigt. Mit den auf dem Hof selbst gefertigten Ziegeln und Dachplatten wurden zwischen 1873 und 1880 die neuen Ökonomiegebäude auf dem ehemals Kasmer-Grund sowie das neue Wohnhaus auf dem früheren Grund des Michlbauern gebaut.

    Der Einzug ins neue Wohnhaus ist auf dem gusseisernen Ofen festgehalten

    Die Brandleiderfamilie Martin Altmann und seine Ehefrau Marianne, geb. Heinrich von Koppenzell, sowie deren Kinder zogen 1880 in das neu errichtete Wohnhaus ein. Das Einzugsdatum sowie die Namen der neuen Besitzer, die Eheleute Altmann, finden sich noch heute auf dem gusseisernen Teil des großen und mit Kacheln verzierten wertvollen Ofens in der Stube des Wohnhauses.

    Der Altmann-Sohn Martin - das Dritte von insgesamt zehn Kindern - und seine angehende Braut, Franziska Wünsch aus Unterbaar, wurden nach der Hofübergabe der Eltern am 15. Dezember 1880 und der Hochzeit und kirchlichen Trauung am 25. Januar 1881 stolze Besitzer des neu errichteten Kasmer-Hofes. Der Name Kasmer-Hof blieb auch auf dem neu erbauten Hof bis heute bestehen.

    Auf dieser Wiese und der benachbarten Pferdekoppel stand früher der Kasmer-Hof, der genau vor 150 Jahren bis auf die Grundmauern abgebrannt ist.
    Auf dieser Wiese und der benachbarten Pferdekoppel stand früher der Kasmer-Hof, der genau vor 150 Jahren bis auf die Grundmauern abgebrannt ist. Foto: Josef Abt

    Im Jahr 1936 machte der Kasmer-Hof erneut Schlagzeilen: Wieder gab es einen Großbrand, der das nördliche Stallgebäude vernichtete. Es wurde aber wieder aufgebaut. Das Wohnhaus und die modernisierten Stallgebäude sieht man noch heute, direkt an der Donauwörther Straße gelegen. Die Stallungen beherbergen jetzt viele Pferde, denn hier betreibt der aktuelle Besitzer Georg Bergmeir (in vierter Generation) eine Pferdepension mit Reithalle. Wo früher das abgebrannte Kasmer-Anwesen und danach die Ziegelei stand, ist heute eine Wiese. Sie dient den nebenan einquartierten Pferden als Koppel und eröffnet von der Straße aus einen freien Blick zur Dorfmitte.

    Spritze war nach Brand zwei Jahre lang verschollen

    Erwähnenswert bei dem Großbrand vor 150 Jahren ist allemal noch eine Anekdote, die Geschichtsforscher Günter Schulz zu der ehrwürdigen Handdruckspritze entdeckt hat. Noch zwei Jahre nach ihrem Einsatz bei dem verheerenden Brand war die Spritze verschollen, sodass der damalige Mainbacher Bürgermeister Georg Schmaus anno 1874 in einem öffentlichen Aufruf, auch über das Kreisamtsblatt Aichach, nach ihr suchen ließ. Die wieder aufgefundene

    Diese Handdruckspritze war vor 150 Jahren die einzige Löscheinrichtung bei dem Brand. Im Bild Günter Schulz aus Mainbach, der die Details dieser Brandgeschichte recherchiert hat.
    Diese Handdruckspritze war vor 150 Jahren die einzige Löscheinrichtung bei dem Brand. Im Bild Günter Schulz aus Mainbach, der die Details dieser Brandgeschichte recherchiert hat. Foto: Josef Abt

    Nach dem Kauf eines neuen Feuerwehranhängers mit Tragkraftspritze TS 4/5 im Jahre 1949 wurde die Spritze nicht mehr benötigt. Der damalige Bürgermeister Jakob Baumgartner (1956-1966) verkaufte sie zum Schrottwert von 5 D-Mark an den Alsmooser Bäcker Fritz Wittmann. Wie Schulz herausgefunden hat, wurde die Spritze in ihrer Abwesenheit oft zweckentfremdet, zum Beispiel als Spritzgerät für Obstbäume oder Ähnliches.

    Es war auch der Hartnäckigkeit von Günter Schulz zu verdanken, dass die Spritze zur Einweihung des neuen Feuerwehrhauses 1991 an die Freiwillige Feuerwehr Mainbach zurückgegeben wurde. Hier wird sie in Ehren gehalten und steht wohlbehütet im Feuerwehrhaus. Bei Festumzügen wird sie stolz von den Mainbacher Feuerwehrleuten mitgezogen. Dann sorgen sie schon mal mit Spritzern für Abkühlung aus der immer noch funktionierenden Handdruckspritze.

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