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Dorfwirtschaft: der Landgasthof Brummer in Reicherstein

Reicherstein

Warum der Landgasthof Brummer nur noch am Wochenende öffnet

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    Der Landgasthof Brummer in Reicherstein hat seine Öffnungszeiten auf freitags, samstags und sonntags festgelegt.
    Der Landgasthof Brummer in Reicherstein hat seine Öffnungszeiten auf freitags, samstags und sonntags festgelegt. Foto: Stefanie Brand

    Johannes Brummer kann sich noch an den Dienstag erinnern, als er sich zu den Gästen an den Stammtisch setzte, um zu erklären, dass er Landgasthof wie verständnisvoll die Gäste des Stammtisches der Dorfwirtschaft in Reicherstein (Pöttmes) reagierten, dass die Öffnungszeiten aus gesundheitlichen Gründen reduziert werden müssen.

    Die Reaktion der Stammtischrunde folgte prompt. „Ist doch kein Thema“, hieß es damals, „dann kommen wir eben am Mittwoch.“ Mittlerweile hat der Landgasthof nur noch freitags, samstags und sonntags planmäßig geöffnet – unter anderem auch wegen der Gesundheitskrise im Jahr 2020. Während der Spargelsaison wird zusätzlich am Mittwoch ein Spargelbüfett angeboten. Für größere Gruppen, ganze Gesellschaften oder Vereine gibt es auch Öffnungszeiten außerhalb der Reihe. 

    Für den Brummer-Wirt sind Gäste, Personal und Qualität wichtig

    Sicherlich sind es auch personelle und wirtschaftliche Gründe, die den Landgasthof Brummer zur Wochenend-Gastronomie werden ließen. Und wenn Johannes Brummer von Wirtschaftlichkeit redet, dann richtet er seinen Blick auf jedes kleine Zahnrad im Getriebe. So verbrauche der Betrieb beispielsweise täglich 150 bis 200 Kilowatt Strom, ohne dass ein Gast bewirtet werde. Pro Öffnungstag summierten sich allein die Energiekosten schnell auf das Dreifache. Unterhalt, Service, Reinigung sowie die Produktauswahl sind weitere Faktoren, die mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen sind. 

    Johannes Brummer bekommt regelmäßig Unterstützung von seiner Tochter Rebecca – wie etwa bei einer Veranstaltung im Landgasthof, bei der auch dieses Foto entstanden ist.
    Johannes Brummer bekommt regelmäßig Unterstützung von seiner Tochter Rebecca – wie etwa bei einer Veranstaltung im Landgasthof, bei der auch dieses Foto entstanden ist. Foto: Mandy Klang

    Regelmäßig muss der gelernte Koch reflektieren und kalkulieren – und das tue er zugunsten der Produktqualität, der Gäste und des Personals, erklärt er. Denn er selbst brauche nicht viel. Wirtschaftlich zu agieren, bedeutet für Johannes Brummer aber auch, auf die Ressource Mensch zu achten. Denn die Geschichte seiner eigenen Familie habe ihn gelehrt, dass Menschen krank werden, wenn sie zu lange „Raubbau“ an ihrem eigenen Körper betreiben.

    In Küche und Gasthof helfen Mitglieder der Familie Brummer mit

    Aufzuhören scheint für Johannes Brummer keine Option zu sein, denn der gelernte Koch liebt, was er tut – und das macht er so, wie es schon zu Omas Zeiten gewesen ist. Doch die Produktion für den Endverbraucher, die „echte, ehrliche, alte Bratenküche“, wie der 44-Jährige seine Küche beschreibt, koste Kraft. Mit seiner Mutter Traudi, seinem Bruder Christian und seinem Team steht der Koch für gutbürgerliche Speisen auf der Tageskarte und moderne Gerichte zu Veranstaltungen. Konfrontiert mit steigenden Lebensmittelpreisen und der Herausforderung, „lebendige .

    In den 1960er-Jahren heiratete Josef Brummer Maria Lenk. Zu dieser Zeit bekam der Landgasthof den Namen Brummer und ein komplett neues Gesicht – mit einem Mehrgenerationenhaus und einer Wirtschaft. Dort nimmt heute der Vater des Wirts, Johannes Brummer, die Gäste in Empfang. 1972 wurde der komplette Komplex neu gebaut, 1987 wurde der Saal erweitert, in dem über viele Jahre zum Tanz aufgespielt wurde. Bis in die 60/70er-Jahre lebten Kühe auf dem Hof, bis 2009 wurden Schweine gehalten. Mittlerweile wird nur noch der Ackerbau nach Bio-Standard betrieben, um ein zweites kleines Standbein zu haben. Dieses Fundament von Geschichte und Familie sei wichtig, damit eine Dorfwirtschaft funktionieren könne, erklärt Johannes Brummer.

    Brummer: „Die klassische Wirtshauskultur stirbt aus“

    Das Ausgehverhalten der Menschen verändert sich. Und das bereits seit etwa 20 Jahren, beobachtet der Vater einer 16-jährigen Tochter, die an den Wochenenden im Betrieb mit anpackt, wie Johannes Brummers Schwester Clarissa und sein Bruder Christian. Dennoch muss er erkennen: „Die klassische Wirtshauskultur stirbt aus.“ Nur noch selten gebe es Stammtischrunden in Wirtshäusern. Diese Entwicklung ist auch am Landgasthof Brummer nicht vorübergegangen. Brummer nennt das bedauerlich. Früher, vor etwa 30 Jahren, sei schon vormittags um 9 Uhr am Stammtisch etwas los gewesen, erinnert er sich. Zum Mittagessen seien die Gäste schnell nach Hause gegangen, um abends wiederzukommen – „und zwischendurch haben sie ihr Filzle bezahlt, damit es nicht so auffällt“, berichtet der 44-Jährige aus Zeiten, in den er selbst noch ein Jugendlicher war.

    Heute liegt sein Fokus ganz darauf, seinen Gästen das Bestmögliche zu servieren, was für den passionierten Koch, der bereits in einigen Küchen Erfahrungen sammeln konnte, auch bedeutet: „Man muss immer wach bleiben im Kopf.“ Den einen oder anderen Handgriff schaut er gerne mal beim Fernsehkoch ab. Und wenn es im Küchenteam mal etwas rauer zugeht, um auf den Punkt abzuliefern, gehört auch eine Pause anschließend dazu. Der Zwei-Schicht-Betrieb im Service und Gespräche darüber, was sich die Angestellten vorstellen, ist der Ansatz von Johannes Brummer, um den Betrieb so zu führen, wie er das aktuell nach Kräften tut.

    Ratschen, karteln, zusammenkommen: Die Dorfwirtschaft ist meist der Mittelpunkt des Ortes. Es werden aber immer weniger. Wir haben uns umgeschaut, wo die Wirtschaft noch im Dorf ist, und stellen einige in loser Folge in einer Serie vor.

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