Am Stadtplatz in Aichach ist es seit diesem Sommer möglich: Einkaufen rund um die Uhr. Dort hat die Metzgerei Rupp eine neue Filiale mit digitalem Kleinstsupermarkt eröffnet, in dem auch nach Ladenschluss oder am Sonntag Wurst, Fleisch, Nudeln oder Eier gekauft werden können. Ende dieses Jahres soll in Bayern ein neues, eigenes Ladenschlussgesetz verabschiedet werden. Dürfen Selbstbedienungsläden ohne Verkaufspersonal, wie der E-Kiosk im Affinger Ortsteil Mühlhausen, dann noch 24/7, also an sieben Tagen die Woche durchgängig öffnen? Die Betreiber sagen: Wenn nicht, können sie ihren Laden zusperren.
Der E-Kiosk in Mühlhausen befindet sich im Verkaufsraum der Selbstbedienungstankstelle an der Augsburger Straße. Dort sind aktuell zwölf Automaten aufgestellt, die von Wurst und Käse über Pizza und Eis bis zu E-Zigaretten und Alkohol ein breites Sortiment anbieten. Betreiber ist die 247 Trading GmbH aus Dachau. Wie Geschäftsführer Miguel Tuschen erzählt, brummt hier das Geschäft, wenn andere Läden geschlossen haben, nämlich unter der Woche ab 20 Uhr, am Samstagabend und am Sonntag. „Fakt ist, wenn das neue Ladenschlussgesetz andere Öffnungszeiten bringen sollte, kann ich den Laden zusperren“, betont Tuschen.
Auch Michael Rupp berichtet, dass der Selbstbedienungsbereich (SB-Bereich) der Aichacher Filiale am Samstagnachmittag und vor allem am Sonntag am besten besucht sei. „Echt verrückt, was am Sonntag gekauft wird“, sagt der Juniorchef der Metzgerei mit Sitz in Gachenbach (Kreis Neuburg-Schrobenhausen) und Filialen in Aichach, Friedberg und Kühbach. Für die Filiale in Mühlried (Stadt Schrobenhausen) ist laut Rupp ebenfalls bereits ein SB-Bereich in Planung. Der 32-Jährige erklärt: Wem zu Hause etwas ausgeht oder wer spontan zum Weißwurstfrühstück einladen will, kauft am Sonntag dort ein. Bezahlt wird an der SB-Kasse mit Karte oder über die Bank-App auf dem Smartphone. Vorher geht der Kunde noch zum Bäcker, um Brezen zu holen. So profitierten gleich mehrere Läden in der Stadt davon, so Rupp.
Im neuen bayerischen Ladenschlussgesetz soll es Ausnahmen am Sonntag geben
Bisher gilt in Bayern das Bundes-Ladenschlussgesetz aus dem Jahr 1956. In diesem ist nicht eindeutig geregelt, wie digitale Kleinstsupermärkte oder Automatenkioske öffnen dürfen – damals gab es derartige Konzepte nicht. Diese Grauzonen im Gesetz haben beispielsweise dazu geführt, dass Automatenkioske in Augsburg werktags um 20 Uhr schließen müssen, während andere Städte und Kommunen einen 24-Stunden-Betrieb erlauben. Im Juli hat die Bayerische Staatsregierung die Eckpunkte des bayerischen Ladenschlussgesetzes verabschiedet, das bis Ende des Jahres beschlossen werden soll. Grundsätzlich soll es dabei bleiben, dass die Geschäfte werktags um 20 Uhr schließen und an Sonn- und Feiertagen ganz geschlossen bleiben. Doch es sind Ausnahmen geplant.
Digitale Kleinstsupermärkte dürfen demnach künftig auch offiziell durchgängig öffnen, wenn die Gemeinde zustimmt. Im Eckpunkte-Papier heißt es: „An Sonn- und Feiertagen dürfen diese nun generell öffnen. Den zeitlichen Rahmen gibt die jeweilige Gemeinde vor.“ Aichachs Bürgermeister Klaus Habermann ist von dieser geplanten Regelung nicht begeistert. „Da wird die heiße Kartoffel den Kommunen zugeschoben.“ Grundsätzlich hat er nichts dagegen, dass einzelne Läden am Sonntag öffnen dürfen. Er ist aber froh, dass die generellen Ladenöffnungszeiten nicht ausgeweitet werden sollen. „Das würde wieder zu Lasten der Kleinen gehen, die jetzt schon Personalmangel haben“, sagt er.
Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben und das Landratsamt Aichach-Friedberg würden sich wünschen, dass es bei den Öffnungszeiten der Kleinstsupermärkte und Automatenkioske nicht zu „einem Flickenteppich“ kommt. „Wir erhoffen uns eine klare gesetzliche Regelung, was die gesamte Thematik der neuen Verkaufsarten angeht, damit in ganz Bayern gleich verfahren werden kann“, teilte eine Sprecherin des Landratsamts mit. Franziska Behrenz, die bei der IHK Schwaben für die Branchenbetreuung Handel zuständig ist, stimmt zu: „Wir würden uns wünschen, dass auch der siebte Tag einheitlich geregelt wird.“ Der IHK-Handelsausschuss befürwortet, dass Kleinstsupermärkte und Automatenläden gleichberechtigt 24/7 aufhaben dürfen, wenn dort am Sonntag keiner arbeiten muss.
Welche Öffnungszeiten gelten künftig für Verkaufshütten von Landwirten?
Behrenz erläutert zudem, dass die Stadt Augsburg ihres Wissens vor Gericht Recht bekommen hat, für Automatenläden die normalen Ladenschlusszeiten vorzuschreiben. Sollte der Freistaat dies anders regeln wollen, müsste er es im neuen Gesetz festlegen. Miguel Tuschen ist trotzdem guter Dinge, dass der Automatenkiosk in Mühlhausen auch künftig durchgehend öffnen kann. Schließlich habe der Shop eine Sonderstellung, weil er Teil der Tankstelle sei, die ebenfalls rund um die Uhr aufhat.
Keine Sorgen müssen sich dagegen Landwirte machen, die ihre eigenen Produkte in Verkaufshütten anbieten – zumindest so lange es sich um frei zugängliche Automaten mit Vordach oder Schutzhütte handelt. Für sie gelten die Ladenschlusszeiten weiterhin nicht. Bei begehbaren, abschließbaren Räumen, zum Beispiel im Container-Format, könnte es laut Behrenz anders aussehen.