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Augsburg: Dementen 86-Jährigen ausgenommen: Altenpflegerin hebt fast 50.000 Euro mit fremder Debitkarte ab

Augsburg

Dementen 86-Jährigen ausgenommen: Altenpflegerin hebt fast 50.000 Euro mit fremder Debitkarte ab

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    Zwischen Juni und September 2023 hebt eine Altenpflegerin mit der Karte eines Pflegeheimbewohners insgesamt 48.200 Euro ab.
    Zwischen Juni und September 2023 hebt eine Altenpflegerin mit der Karte eines Pflegeheimbewohners insgesamt 48.200 Euro ab. Foto: Philipp Nazareth (Symbolbild)

    Erst sind es nur 200 Euro – und dann fallen jegliche Hemmungen: Zwischen Juni und September vergangenen Jahres ist eine damals 32-jährige Augsburgerin ein regelmäßiger Gast von Geldautomaten in Aichach, Friedberg und Augsburg, mit einer Debitkarte hebt sie Geld ab. Mal sind es zwei Tage Pause, mal drei, mal nicht einmal 24 Stunden. Der abgehobene Betrag ist dabei stets derselbe, 1000 Euro, insgesamt 48 Mal, 48.200 Euro kommen zusammen. Das Problem: Die Debitkarte gehört nicht der 32-Jährigen – sondern einem dementen 86-jährigen Bewohner eines Pflegeheims im nördlichen Teil des Wittelsbacher Landes, wo die Frau als Pflegerin arbeitet.

    Wirklich gesprächig war die mittlerweile 33-Jährige vor dem Amtsgericht Augsburg nicht, wo sie sich wegen Diebstahls und Computerbetrugs in 49 Fällen verantworten musste. Die meiste Zeit blickte sie vor ihre Füße oder in die Leere des Raumes und ließ ihren Verteidiger Ulrich Swoboda nach einem Rechtsgespräch das Wort ergreifen: „Die Vorwürfe stimmen in vollem Umfang. Was passiert ist, tut meiner Mandantin sehr sehr leid, das wird sie nie wieder tun.“ Auf die Frage, was sie mit dem Geld angestellt habe, antwortete Swoboda anstelle der 33-Jährigen: „Verprasst, oder eher verlebt. Sie hat es für sich, für die Familie ausgegeben und alte Verbindlichkeiten beglichen.“

    49 Mal Geld abgehoben: Videoaufzeichnungen der Banken überführen Altenpflegerin

    Der Angeklagten auf die Schliche gekommen war die Polizei dank des Betreuers des 86-Jährigen: Weil der Senior aufgrund seiner fortschreitenden Demenz nicht mehr in der Lage war, seine Geschäfte selbst zu führen, wurde ihm ein gesetzlicher Betreuer zur Seite gestellt. Als dieser seine Arbeit aufnahm, stellte er fest: In den Monaten zuvor waren Zehntausende Euro an Bankautomaten in Aichach, Friedberg und Augsburg abgehoben worden. Er erstattete Anzeige, die Polizei sichtete wiederum die Videoaufzeichnungen der Banken – und konnte die Angeklagte mithilfe der Pflegeheimleitung zweifelsfrei identifizieren.

    Als die Beamten die 33-Jährige konfrontierten, sprach diese von lediglich vier oder fünf Abhebungen im Auftrag des 86-jährigen Pflegeheimbewohners. Das Geld habe sie ihm gegeben und sich Quittungen ausstellen lassen. Bei einer Hausdurchsuchung fanden die Beamten anstelle von Quittungen nur knapp 12.500 Euro in bar in einem Schranktresor, das Geld gehörte laut der Angeklagten aber ihrem Partner. Von den abgehobenen 48.200 Euro und der Debitkarte: keine Spur mehr.

    Laut dem als Zeugen geladenen Polizisten hatte sich die Angeklagte anschließend nicht mehr zum Tatvorwurf geäußert. So blieb auch ein Rätsel, wie die 33-Jährige an die Pin-Zahl für die Karte gekommen war und wo die Debitkarte selbst letztlich verblieben war. Lediglich ein Schlüssel, den die Angeklagte einer Kollegin bei der Spindräumung im Pflegeheim gegeben hatte, führte die Polizei zu einem abgesperrten Schrank im Zimmer des dementen 86-Jährigen, in dem sich dessen Bankunterlagen befanden. Aber auch dort fanden sich weder Quittungen noch die Geldkarte, die die 33-Jährige laut eigener Aussage stets wieder zurückgelegt hatte.

    Wiedergutmachung inklusive: 33-jährige Altenpflegerin entschuldigte sich bereits im Vorfeld bei dementem 86-Jährigen

    Bereits weit im Vorfeld der Verhandlung hatten die Angeklagte und Verteidiger Ulrich Swoboda schriftlich um Entschuldigung beim geschädigten 86-Jährigen gebeten. Außerdem stellte der Mann der Angeklagten die gefundenen 12.500 Euro als Schadenswiedergutmachung zur Verfügung, die die 33-Jährige selbst noch durch ihr Erspartes auf fast 20.000 Euro aufstockte. Entsprechend hatte Swoboda im Rechtsgespräch mit Staatsanwältin Maria-Sophia Pfister, Richter Nicolas Pfeil und den beiden Schöffinnen eine Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, verhandelt.

    Staatsanwältin Pfister wog die besondere Schwere der Tat mit der ernsthaft erstrebten Wiedergutmachung auf und beantragte eine zweijährige Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, sowie den Einzug von 48.200 Euro als Wertersatz. Verteidiger Swoboda plädierte dagegen für eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt.

    Richter Pfeil und die Schöffinnen folgten aber der Argumentation Pfisters. Pfeil sagte: „Allein bei der Schadenshöhe war es schon sehr knapp mit der Bewährung.“ Auch das dreiste Vorgehen stieß ihm auf: „Sie wissen, mit wem Sie es zu tun hatten. Sie wissen, dass er sich nicht wehren konnte.“ Die 33-Jährige habe zudem überhaupt keine Hemmschwelle mehr gekannt. Dafür rechnete Pfeil der Angeklagten neben dem vollumfänglichen Geständnis vor allem die frühe Entschuldigung und die Wiedergutmachung an: „Mir ist besonders wichtig, wann das erfolgt. Sie haben sich frühzeitig dafür entschieden und wollen dafür auch geradestehen.“ Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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