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Aindling: Wie diese Aindlinger Gemeinderätin einem Betrüger das Handwerk legte

Aindling

Wie diese Aindlinger Gemeinderätin einem Betrüger das Handwerk legte

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    Barbara Stransky, Schreibwarenladen-Besitzerin und Gemeinderätin in Aindling, half dabei, das Mitglied einer Betrügerbande zu überführen. Claus Baumgartner von der Polizeiinspektion Aichach bedankt sich.
    Barbara Stransky, Schreibwarenladen-Besitzerin und Gemeinderätin in Aindling, half dabei, das Mitglied einer Betrügerbande zu überführen. Claus Baumgartner von der Polizeiinspektion Aichach bedankt sich. Foto: Johannes Stiegler

    Da war der Mann also, von Angesicht zu Angesicht. Barbara Stransky wusste, dass er zeitnah in ihrem Schreibwarengeschäft in Aindling auftauchen würde, sie war vorgewarnt. Jetzt, an diesem letzten Montag im Jahr 2020, stand er da und fragte nach einem Paket - dem Paket. "Ich wusste sofort Bescheid", sagt Stransky, als sie an jenen 28. Dezember denkt. "Ich habe ihn vertröstet und gesagt, dass ich mal nachschaue." Das Paket war längst angekommen, doch anstatt es zu holen, griff sie zum Hörer. Kurz darauf war der Mann, eben noch in ihrem Schreibwarengeschäft, in Handschellen.

    Barbara Stransky ist seit 2008 im Marktgemeinderat Aindling.
    Barbara Stransky ist seit 2008 im Marktgemeinderat Aindling. Foto: Evelin Grauer

    Der 30-Jährige Mann, so stellte sich bald heraus, war aus Baden-Württemberg nach Aindling gereist. Im Paket, das er dort abholen wollte, befand sich ein iPhone im Wert von 1200 Euro. Er hatte es unter dem Namen einer Frau bestellt, zu deren E-Mail-Konto er sich zuvor illegal Zugang verschafft hatte. Womit der Mann nicht rechnete: Die Frau hatte einen ähnlichen Betrugsversuch schon einmal erlebt. Als sie also per E-Mail die Benachrichtigung erhielt, dass ein Paket mit einem iPhone unterwegs war und demnächst in Aindling hinterlegt werden sollte, zählte sie eins und eins zusammen - und alarmierte die Polizei.

    Barbara Stransky aus Aindling über Betrüger: "Er war freundlich"

    Auch dort reagierte man schnell. Die Beamten kontaktierten Barbara Stransky, in deren Schreibwarengeschäft auch eine Hermes-Paket-Annahmestelle ist, und setzten sie ins Bild. Drei, vier Tage später stand der Mann da. "Er hat überhaupt nicht nervös gewirkt", erinnert sich Stransky im Gespräch mit unserer Redaktion. "Ganz entspannt, ja freundlich, überhaupt nicht auffällig. Da hat sich nichts gefehlt." Wie es ihr dabei selbst gegangen sei, wissend, dass ihr ein Krimineller gegenübersteht? "Bedroht habe ich mich nicht gefühlt, aber aufgeregt war ich schon, klar. So was brauche ich nicht jeden Tag." Sie habe dem Betrüger dann gesagt, dass das Paket noch nicht da sei, und die Polizei gerufen. "Ich habe mir nur gedacht: Hoffentlich kommen die schnell von Aichach nach Aindling."

    Die Polizei hatte das Geschäft von Stransky in den Tagen zuvor mehrfach observiert, um den Betrüger auf frischer Tat zu ertappen. Nun war aber keine Streife unmittelbar in der Nähe. Was also tun? Stransky, die seit 2008 im Aindlinger Gemeinderat sitzt, ließ ihren Ehemann und die Tochter einer Mitarbeiterin die Verfolgung aufnehmen. Sie selbst sei im Laden geblieben. Der Betrüger, unverrichteter Dinge, ging durch Aindling und stieg schließlich in einen Linienbus Richtung Augsburg. Eine Polizeistreife war da längst unterwegs. Erich Weberstetter, Leiter der Aichacher Polizeiinspektion, erinnert sich: "Wir bekamen ständig Standortmeldungen und wussten so immer, wo der Mann war. Er wollte offenbar von Augsburg aus mit dem Zug abhauen - so weit ist er aber nicht mehr gekommen." Noch im Bus nahm die Polizei den Mann fest - bei ihm: ein weiteres, mutmaßlich ebenfalls illegal beschafftes iPhone.

    Erich Weberstetter ist seit 2016 Leiter der Polizeiinspektion in Aichach.
    Erich Weberstetter ist seit 2016 Leiter der Polizeiinspektion in Aichach. Foto: Katharina Seeburger

    Internet-Betrugsversuch per Internet: Täter war Mitglied einer Bande

    Dass der Mann so schnell festgenommen wurde, war nach Einschätzung von Weberstetter wichtig. "Hätten wir ihn dort nicht erwischt, wäre es schwierig geworden. Der kommt nicht aus der Gegend, hatte einen gefälschten Ausweis - da hätten wir hier lange nach ihm fahnden können." Trotz des Erfolgs stehe aber fest: Der Mann war nur das letzte Glied einer Kette. "Der bekommt auf sein Handy eine Nachricht, wo er das Paket abholen und wohin er es wieder abliefern muss. So jemand agiert nicht alleine." An die Hintermänner zu kommen, sei schwierig. Hinter den Betrugsversuchen stecke ein "ausgeklügeltes System". Im Fokus der Banden stehen besonders Paketshops in ländlichen Regionen. Offenbar gehen sie davon aus, dass die Polizei dort länger braucht, um vor Ort zu sein. Inspektionsleiter Weberstetter bestätigt, Fälle wie der aktuelle passierten häufiger - "nur leider kommt das meistens erst auf, wenn schon alles vorbei ist".

    In Aindling kam es anders - weil Barbara Stransky geistesgegenwärtig gehandelt und mit der Polizei kooperiert hatte. "Das war vorbildlich", sagt Weberstetter, der sich bei Stransky mit einem Schreiben und einem Blumenstrauß bedankte. Er rate allen Bürgern zu einem äußerst vorsichtigen Umgang mit persönlichen Daten, gerade im Internet. "Wenn man etwas weitergibt, dann bestenfalls nur an vertrauenswürdige Seiten oder Personen. Oft wird es den Tätern leicht gemacht." Der Betrüger von Aindling ist schon mehrfach kriminell in Erscheinung getreten. Ihn erwartet nach Auskunft von Weberstetter voraussichtlich ein Gerichtsprozess - das Strafmaß reiche von einer Geldstrafe bis hin zu fünf Jahren Gefängnis.

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