Zum dritten Mal nach 2022 und 2023 gastierte Martin Knauth in der Adventszeit für eine Lesung in der Gemeindebücherei Aindling. Als Geschäftsleiter beim Bücherversandhaus Jokers ist Knauth quasi bücherverrückt von Berufs wegen. Er findet nicht nur die herzzerreißendsten Geschichten, er spielt sie mit seiner samtenen Stimme seinem Publikum vor. Das war heuer so zahlreich bestückt wie nie in den Jahren zuvor.
Knapp sechzig überwiegend weibliche Zuhörende lauschten den humorvollen, spannenden und ergreifenden Erzählungen rund ums Fest der Geburt Christi. Da war zum Beispiel – ganz aktuell – in der Wirtschaftskrise vor knapp hundert Jahren das Ehepaar Bella und Tim. Das Schönste, was die beiden noch besaßen, waren Bellas üppig-schöne Haarpracht „bis hinunter zu den Füßen“ und die goldene Uhr von Tims Großvater. „Ich hätte es nicht übers Herz gebracht, ihm nichts zu Weihnachten zu schenken“, sagte sich Bella, nachdem sie ihr Haar für 20 Dollar verhökert hatte. Dafür hatte sie Tim eine goldene Kette zu seiner Uhr gekauft. Tim seinerseits hatte für die Haarpflege seiner geliebten Bella ein teures Kämme-Set erworben – und dafür seine Uhr drangegeben.
Passend zu seiner Story hatte sich der Autor den Künstlernamen O'Henry verpasst und seine Erzählung wohlweißlich „Geschenk der Waisen“ betitelt. Kennen Sie die Geschichte, in der der „echte Nikolaus in seiner historischen Ausstattung“ Erich Kästner „versehentlich“ besucht? Während die beiden im Wohnzimmer plauschen, klingelt es an der Tür und ein Glückwunschkartenverkäufer will seine Ware loswerden. Bis Kästner ihn endlich loswird, muss auch der echte Nikolaus weiter. Erst später fällt dem Autor auf, dass er unerklärlicherweise seine Geldbörse nicht mehr finden kann, auch die guten Zigarren sind weg – samt wertvollem Feuerzeug.
„Jetzt bin ich schon zum dritten Mal hier und die allerwichtigste Weihnachtsgeschichte habe ich noch gar nicht vorgelesen“, sagte Knauth und begann: „Und es begab sich …“ Das Weihnachtsevangelium nach Lukas. So vertraut, dass man es auswendig miterzählen wollte – und doch so ergreifend schön, wenn es eine warme Stimme pointiert und bewusst lesend vorträgt.
All die rund ein Dutzend ausgewählten Stellen der Literatur waren eingerahmt vom zweistimmigen Gesang von Anna Hohenbichler und Julia Brandmayr (Klavier). Bekannte Stücke aus der Salzburger Adventsmesse bis hin zu eher modernen Musikautoren wie Lorenz Maierhofer und Franz Moser. Martin Knauth nach einer der musikalischen Darbietungen: „Das ist so schön, da könnt‘ ich einen ganzen Abend lang zuhören.“ Von „inspirierenden Klängen“ und „festlichen Geschichten“ lobten am Ende auch Isabella Eichner und Petra Riegl als Verantwortliche der Bücherei die Protagonisten eines sehr gelungenen Abends.
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