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Aichach: Stammzellenspende: So erlebte sie ein junger Aichach-Friedberger

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Stammzellenspende: So erlebte sie ein junger Aichach-Friedberger

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    Eine Stammzellenspende ist für viele Schwerkranke lebensnotwendig. Meist werden die Stammzellen aus dem Blut des Spenders gewonnen, der Aufbau ist ähnlich wie beim Blutspenden.
    Eine Stammzellenspende ist für viele Schwerkranke lebensnotwendig. Meist werden die Stammzellen aus dem Blut des Spenders gewonnen, der Aufbau ist ähnlich wie beim Blutspenden. Foto: Hendrik Schmidt, dpa

    Wenn man den Wangenabstrich für die Erfassung als potenzieller Stammzellenspender macht, denkt man selten daran, dass man vielleicht eines Tages als Stammzellenspender auch passt. Kurz vor Weihnachten passierte aber genau das: Ich erhielt eine Mail der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS), dass ich als Spender infrage käme.

    Der erste Schritt für die Spende ist eine Blutabnahme, nach der die Blutparameter mit dem potenziellen Empfänger verglichen werden. Zusätzlich musste ich noch einen ausführlichen Gesundheitsfragebogen ausfüllen. Ende Januar war dann Gewissheit, dass die Gewebemerkmale mit dem potenziellen Empfänger zusammenpassen. Jetzt musste ich mir konkret Gedanken über den Ablauf der Spende machen und welches Verfahren ich bevorzuge.

    Stammzellenspende: Die Tage im Vorfeld sind anstrengend

    Es gibt zwei Möglichkeiten, wie die Stammzellen entnommen werden können: Eine Knochenmarkentnahme am Beckenkamm mit Narkose oder eine Art Dialyse über das Blut (periphere Stammzellenentnahme). Meist entscheiden sich Ärzte und Spender für die periphere Stammzellenentnahme. Der Vorteil ist, dass die Stammzellen genauer herausgefiltert werden können und keine Narkose durchgeführt wird, die immer ein Restrisiko beinhaltet.

    Wie sich durch eine Knochenmarkspende Leben retten lässt

    Knochenmarkspenderdatei: In Deutschland gibt es 27 Knochenmarkspenderdateien. Die bekannteste ist die DKMS (ehemals Deutsche Knochenmarkspenderdatei). Über das zentrale Knochenmarkspenderregister Deutschland (ZKRD) werden die Merkmale aller registrierten Spender gespeichert und sind weltweit anonym abrufbar.

    DKMS: Sie wurde 1991 gegründet, um der leukämiekranken Mechtild Harf zu helfen. Ihr Ehemann Peter Harf, ihre Töchter und Freunde der Familie starteten damals Registrierungsaktionen, damit sie einen passenden Spender findet. 1991 waren in ganz Deutschland nur 3000 Menschen als Stammzellspender registriert. Heute ist die DKMS nach eigenen Angaben der weltweit größte Verbund von Stammzellenspenderdateien.

    Spender: Bei der DKMS Deutschland sind derzeit über sechs Millionen Spender registriert. Im Schnitt wird von 100 Menschen, die sich registrieren lassen, einer tatsächlich gebeten, Knochenmark zu spenden. 2017 verzeichnete die DKMS in Deutschland mehr als 5000 Stammzellen- oder Knochenmark-Spenden. Allerdings sucht auch jeder zehnte Patient vergeblich einen passenden Spender.

    Typisierung: Jeder gesunde Mensch zwischen 17 und 55 Jahren kann sich als Spender registrieren lassen – online und kostenlos. Man bekommt ein Wattestäbchen-Set nach Hause geschickt, macht einen Wangenabstrich, der dann im Labor auf Gewebemerkmale untersucht wird, sogenannte HLA-Merkmale. Damit ein Empfänger die Spende verträgt, sollten neun von zehn HLA-Merkmale von Spender und Empfänger zusammenpassen. Die Ergebnisse werden anonym gespeichert.

    Weitere Informationen und das Spendenkonto finden Sie unter www.dkms.de

    Im Vorfeld der Spende wird in der Entnahmeklinik nochmals die Gesundheit des Spenders geprüft sowie eine Urin- und Blutprobe genommen. Wenn hier alle Parameter in Ordnung sind, kann die eigentliche Spende stattfinden. Bei der Voruntersuchung bekam ich eine große Packung Wachstumshormone. Dieser Wachstumsfaktor G-CFS muss über fünf Tage morgens und abends in die Bauchfalte gespritzt werden, um die Anzahl der Stammzellen im Blut zu fördern. Man kann sich die Hormone zwar selbst spritzen, aber ich habe es lieber von meinem Onkel übernehmen lassen. Eine mögliche Nebenwirkung der Wachstumshormone ist, dass man Grippesymptome bekommt. Mir ging es aber zum Glück die ganze Zeit gut. Im Rücken hatte ich mit zunehmender Dauer ein leichtes Drücken, weil ja mehr Stammzellen produziert wurden.

    Stefan Meitinger aus Aichach-Friedberg musste quer durch Deutschland

    Eine Woche nach der Voruntersuchung war es dann so weit und es ging zur Entnahmeklinik. Wo dies war, soll man nicht nennen, damit der Empfänger nicht nachvollziehen kann, wer der Spender ist. Erst nach einer zweijährigen Frist können Spender und Empfänger sich, falls gewünscht, kennenlernen. Diese Regel existiert, um den Spender nicht in einen moralischen Zugzwang zu setzen, falls nochmals Stammzellen benötigt werden.

    Problem war nur, dass an diesem Tag Sturmtief Sabine den gesamten Bahnverkehr lahmlegte. Da ich mich fit fühlte, ging es mit dem Auto quer durch Deutschland zur Entnahmeklinik. Am folgendenTag war es dann so weit: Beim Frühstück habe ich versucht, wenig zu trinken, um während der Stammzellenspende nicht aufs Klo zu müssen und die Spende zu unterbrechen. Vor der Spende wurde die letzte Dosis an Wachstumshormonen verabreicht.

    Nach der Stammzellenspende: Viel essen und trinken

    Danach wurde es ernst: Ähnlich wie beim Blutspenden liegt man auf einem Stuhl, möglichst bequem, da es eine längere Prozedur ist. Auf der linken Seite wurde eine Vene angestochen. Das Blut fließt in eine Zentrifuge, die die Stammzellen von der restlichen Flüssigkeit trennt. Das Blut fließt dann über den rechten Arm wieder zurück in den Körper bzw. den Blutkreislauf. In dem Raum waren drei Spenderplätze, von denen zwei belegt waren. Ablenkung bot das Ratschen mit dem Spendernachbar und der betreuenden Krankenschwester. Nach zwei Stunden war ich dann fertig. Bis geprüft ist, ob auch ausreichend Stammzellen gewonnen wurden, soll man sich im Hotel zur Verfügung halten. Bei mir waren es zum Glück ausreichend Stammzellen.

    Die Stammzellen gehen dann mit einem Kurier zur Person, die für die Stammzellentransplantation mit einer Chemotherapie schon vorbereitet wurde, um die neuen Stammzellen nicht abzustoßen. Der Empfänger ist also ab einem gewissen Zeitpunkt auf die Stammzellen angewiesen und muss sich darauf verlassen, dass der Spender auch wirklich zum Termin erscheint.

    Nach dem Ende der Stammzellenspende soll man viel essen und trinken, um den Körper wieder auf Vordermann zu bringen. Die Stammzellen werden nach einer gewissen Zeit im Körper wieder neu gebildet.

    Insgesamt war die Stammzellenspende eine gewisse Überwindung für mich und die Tage des Spritzens im Vorfeld anstrengend. Ich würde es aber auf jeden Fall wieder machen. Man kann einem Menschen irgendwo auf der Welt helfen und jeder von uns ist froh, wenn er sich in der gleichen Situation auf jemanden verlassen kann.

    So hilft eine Stammzellenspende Blutkrebspatienten

    Krankheitsbild: Bei einer Leukämie vermehren sich mutierte weiße Blutkörperchen im Körper. Dadurch kann der Körper nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden und sich auch nicht mehr gegen Infektionen verteidigen.

    Behandlung: Die effektivste Methode, leukämische Zellen abzutöten, ist eine Chemotherapie. Allerdings schädigt diese die verbleibenden blutproduzierenden Zellen im Knochenmark. Eine Stammzellenspende ist die einzige Möglichkeit, um diese Zellen zu ersetzen.

    Der passende Spender: Nur ein Drittel der Erkrankten findet einen passenden Spender innerhalb der Familie. Stimmen die Gewebemerkmale des Spenders mit denen des Patienten nicht zu 100 Prozent überein, ist eine Spende nicht möglich.

    DKMS: Um für Blutkrebspatienten einen passenden Spender zu finden, wurde die DKMS ins Leben gerufen. Ehemalig hieß die Organisation Deutsche Knochenmarkspenderdatei. Inzwischen agiert sie in sechs verschiedenen Ländern und ist nur noch unter DKMS bekannt. (mmz)

    Info: Wer sich ebenfalls bei der DKMS aufnehmen lassen möchte, findet unter www.dkms.de Informationen zur Registrierung und zur Stammzellspende.

    Wie eine junge Frau eine Typisierungsaktion für Stammzellenspender organisierte lesen Sie hier: Von der Stammzellenspenderin zur Motivatorin

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